Abschlagszahlungen zu 90 oder zu 100 Prozent der nachgewiesenen Leistung?

von:

RechtsanwaltJohannes Jochem

Rechteck VOB

Darum geht's: Vertragsgemäße Bauleistungen müssen auch bezahlt werden. Dieser Grundsatz dürfte klar sein. Das Werkvertragsrecht sieht für die Bezahlung des Werklohns das Prinzip des (Achtung Juristen-Sprech!) "punktuellen Leistungsaustauschs" vor. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Werklohn erst mit der Abnahme fällig wird.Da die Abnahme normalerweise ganz am Ende steht und manchmal Jahre bis dahin vergehen besteht das Bedürfnis für einen früheren Zahlungsfluss. Dafür sieht das Gesetz in § 632 a BGB Abschlagszahlungen vor.Auch die VOB/B, die zwar kein Gesetz ist, aber häufig als standardisierte Allgemeine Geschäftsbedingung (ABG) vereinbart wird, sieht in § 16 Abschlagszahlungen vor.Weder im Gesetz, noch in der VOB/B steht etwas von 90 % oder 100 %. Allerdings sehen Vertragsklauseln oder Vertragsbedingungen von Auftraggebern manchmal Regelungen vor, nach denen nur 90 % der bisher vertragsgemäß erbrachten Leistungen abschlagsweise vergütet werdensollen.Das OLG Düsseldorf hat am 25.11.2014 zum Aktenzeichen 21 U 172/12 entschieden, dass eine Einschränkung auf diesen Prozentsatz unwirksam sein kann. Denn die Regelung des Gesetzes sieht eine abschlagsweise Vergütung für 100% des Wertzuwachses vor, den der Besteller aufgrund einer vertragsgemäß erbrachten Leistung erlangt. Insofern bleibt es bei dem Grundsatz, dass vertragsgemäße Leistungen zu bezahlen sind. Die VOB/B-Regelung ist ähnlich. Die Kürzung um 10 % auf 90 % kann unwirksam sein. "Kann" heißt für Juristen immer so viel wie: "nicht muss". Und da gehen die Probleme los.Folgen für die Praxis: Eine Unwirksamkeit von vertraglichen Klauseln wird meistens nur über das AGB-Recht begründet. Hierbei kommt es immer darauf an, wer die allgemeine Geschäftsbedingung gestellt hat. Denn auf die Unwirksamkeit kann sich nur der andere Vertragspartner berufen. Die Unwirksamkeit meiner eigenen AGB kann ich nicht geltend machen. Sogenannte Individualvereinbarungen (kein "Juristen-Sprech", sondern Fachbegriff) sind außerdem immer wirksam.Durch solche Klauseln wird übrigens die VOB/B nicht mehr "als Ganzes vereinbart" und verliert ihre Privilegierung im Rahmen der AGB-Kontrolle (wieder sehr juristisch!)Möglicherweise kann eine Reduzierung auf nur 95 % wirksam sein, wenn dies so eine Art Sicherheitseinbehalt sein soll. Dann dürfen dem Auftragnehmer aber keine zusätzlichen Sicherheiten abgefordert werden, weil sonst eine Übersicherung entstehen könnte, die ebenfalls nicht verlangt werden kann.Das "Rechteck" wird zu diesen Punkten in den nächsten Ausgaben erläutern. Für jetzt bleibt der Tipp: Prozentklauseln für Abschlagszahlungen gleich in den Vertragsverhandlungen ansprechen und auf die gesetzliche Regelung verweisen, die eine Einschränkung von weniger als 100 % nicht vorsieht. Am besten der Vertrag sieht die Kürzung gar nicht erst vor.Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB, Wiesbaden.

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