BIM eröffnet neue Möglichkeiten

Planungssicherheit und Prozesstransparenz erhöht

von:

Martina Monsees

Brüninghoff Bau digital
Holzrahmenbauwände aus sibirischer Lärche zieren die Fassade des neuen Indoor-Spielplatzes, dessen Eröffnung für April 2017 geplant ist. Fotos: Brüninghoff

Haltern am See. – Brüninghoff baut derzeit einen Indoor-Spielplatz für den Freizeitpark Ketteler Hof. Zur Planung setzte das bauausführende Generalunternehmen auf die Building Information Modeling (BIM)-Methode. Der Ketteler Hof hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern auf einem großen Gelände im Kreis Recklinghausen freies Spielen zu ermöglichen und deren motorische Entwicklung zu fördern. Nachdem der einst landwirtschaftliche Betrieb sich ab 1954 als Ausflugslokal einen Namen gemacht hat, sind mit Ponyreiten, Wildgehegen und ersten Spielplätzen weitere Angebote rund um den Hof entstanden. Verfügbar gewordene Wetter-Apps forderten den Einfallsreichtum des Familienunternehmens kürzlich erneut heraus: Denn was tun, wenn wenige vorhergesagte Regentropfen zunehmend dafür sorgen, dass Eltern sich gar nicht erst auf den Weg zum Freizeitpark machen, um ihre Kinder unter freiem Himmel spielen zu lassen? So rückte das Ziel in den Mittelpunkt, das Konzept in einer Spielhalle mit einer Nettogrundfläche von knapp 3140 m² sowie mit dem Bau von einzigartigen, nachhaltigen Spielgeräten fortzuführen. Zur Realisierung des Indoor-Spielplatzes, der binnen 16 Monaten errichtet werden soll, empfahl Brüninghoff eine BIM-gestützte Planung – wie das beauftragte Generalunternehmen mit Hauptsitz in Heiden bei seiner 5. Impulsreihe "BIM – Planen und Bauen in Netzwerken" verdeutlichte.Building Information Modeling (BIM) und eine BIM-gestützte Planung beruhen nach Angaben von Brüninghoff darauf, dass alle Projektbeteiligten an einem digitalen Bauwerksmodell zusammenarbeiten und so stärker miteinander vernetzt sind. Informationen aus unterschiedlichen Planungsprogrammen wurden dabei mittels einer Schnittstelle zusammengeführt. Anhand eines digitalen 3D-Modells, in dem sich terminliche Abfolgen anschaulicher durchsprechen und sich Detailplanungen bauteilabhängig abrufen lassen, hätten alle Beteiligten ein schnelles Verständnis für die Architektur, das Gelände und ihre jeweilige Aufgabe bekommen. Auch der Status jedes Bauteils sei für alle sichtbar, sodass Freigabe, Fertigstellung sowie Liefer- und Montagedatum stets überprüft werden können. "BIM bedeutet bei uns, mindestens nach Auftragseingang bis zur Übergabe an den Betreiber konsequent in einem Gebäudemodell zu arbeiten", sagt Brüninghoff-Geschäftsführer Frank Steffens. Hybrides Bauen – also Bauprojekte, bei denen unterschiedliche Materialien kombiniert werden, um neue Eigenschaften zu konstruieren – modelliere der Dachtragwerk- und Betonfertigteile-Lieferant bereits seit zehn Jahren.

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An der Podiumsdiskussion – moderiert von Brüninghoff-Geschäftsführer Frank Steffens (r.) – beteiligten sich folgende Gäste (v. l. n. r.).: Marcus Duldner von Fourmove Architekten, Christoph Ickert vom Büro Pzwo Architektur, Stefan Nixdorf von Agn Niederberghaus & Partner, Jochen Hanff von Ceapoint Aec Technologies und Andreas Unnebrink vom PBU Planungsbüro Unnebrink.

Inzwischen hat die Haupthalle mit einer Länge von 75 m und einer Breite von 25 m Form angenommen und ist über eine Holzsteganlage vom Outdoor-Bereich aus zu erreichen. In der Halle sollen sich bis zu 2000 Kinder in sieben Spielbereichen (Weltall, Afrika, Bergwelt, Dschungel, Mangrovendorf, Arktis und Zauberwald) austoben können. "BIM war für unsere Spielgerätehersteller und uns neu", erinnert sich Christian Wessels, Geschäftsführer des Ketteler Hofs. Gerätehersteller würden aus von Natur aus unterschiedlich gewachsenen Rubinienhölzern lieber ein Modell bauen, über das am Anschauungsobjekt diskutiert werden kann. Aus Sicht des Bauherren hat sich die BIM-Planung als geeignetes Werkzeug erwiesen. "Von Baubeginn an konnten wir virtuell durch das Gebäude gehen, technische Details direkt klären und die Gewerke Hochbau, Heizung, Lüftung leichter zusammenführen", resümiert Wessels. Überrascht habe ihn vor allem, wie stark die Lüftungsanlagen-Auswahl beschleunigt worden ist. Dabei habe sogar das Hauptinteresse berücksichtigt werden können, Spielräume in einer Höhe von 8 m möglichst frei zu lassen, weil eine Definition der Lüftungskanäle mit dem größtmöglichen Raumnutzungs-Potenzial vorausging."Im Jahr 2016 befinden wir uns bereits in einer Serie des Bauens mit BIM", unterstreicht Brüninghoff-Geschäftsführer Steffens und fügt hinzu, dass sein Unternehmen die BIM-Koordinator-Funktion in diesem Projekt übernommen hat. Die ganzheitliche Projektrealisierung mit BIM erfolgte nach Angaben von Marko Röschenkemper, BIM-Manager bei Brüninghoff, ab der sogenannten Leistungsphase 5. Wenn Entwurf, Kostenberechnung und Genehmigungsplanung in Leistungsphase 4 abgeschlossen sind, mit denen die Termin- sowie Produktions- und Logistikplanung einhergeht, beinhalte die Leistungsphase 5 die Ausführungs- bzw. Konstruktionsplanung, Produktion, Baustelle, Dokumentation und die Übergabe an den Betreiber. Statische Querschnitts-Eingaben, Bauteile-informationen und mithin alle Daten, die in BIM festgehalten sind, werden somit allen Baubeteiligten zuteil. Röschenkemper gab zu bedenken, dass sich die Anzahl der Beteiligten am Bau ab der Ausführungsplanung meist erheblich steigere, sodass mit möglichst vielen Attributen weitergearbeitet werden sollte, die einmal in BIM zur Verfügung gestellt sind. Ziel sei es, keine Arbeit doppelt erledigen zu müssen. Im Fall des Ketteler Hofs sei der Großteil des Holzrahmenbaus mit der "Bocad"-Softwarelösung und das Geländemodell mit "Allplan" erstellt worden. Der Terminplan für Bauteile konnte damit verknüpft werden und eine Simulation habe sich zeigen lassen, als alle Teile eingetragen waren. Orientierung sei durch wenige Klicks vorhanden, da stets abgelesen werden kann, wann ein Teil produziert, freigegeben oder verbaut worden ist. Vor jedem Projekt sollte allerdings stets der Grad abgesprochen werden, in dem 3D-Ansichten modelliert werden müssen. Die Messlatte sei nicht, alles in 3D darzustellen, sondern möglichst aussagekräftige Attribute zu verbinden. Dann ermögliche BIM, dass sich ein Gewerk exakt im Gesamtobjekt wiederfindet.

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Planer, Investoren und Vertreter der Wissenschaft trafen sich in Haltern am See, um sich zur konkreten Umsetzung der BIM-Methode auszutauschen.

BIM kann auch in der TGA-Planung eine Grundlage für Planungsprozesse darstellen, wie Andreas Unnebrink vom PBU-Planungsbüro Unnebrink für Technische Gebäudeausrüstung (TGA) in der Sanitär-, Feuerlösch- und Sprinklertechnik sowie Raum- und Klimatechnik bestätigte. Für das Unternehmen, das BIM bereits seit dem Jahr 2000 einsetzt, hat sich immer wieder gezeigt, dass Planungsbeteiligte und Mitarbeiter an BIM herangeführt werden müssen. Die Methode erfordere einen gemeinsamen Standard von Tragwerks- sowie Fachplanern, Handwerkern, Betreibern, Bauherren und Architekten. Unnebrink empfiehlt, sich zusammenzusetzen, bevor man zeichnet. Auch ein Pilottest von IFC-Dateiaustausch-Möglichkeiten sollte vor Beginn des Projekts vorgenommen werden. Eine exakte Trennung der TGA-Planung von BIM sei nicht möglich. Durch die sogenannte Kollisionskontrolle konnten noch nicht nebeneinander passende Bauteile für unterschiedliche Leitungen zu einem früheren Zeitpunkt erkannt werden und konnte gemeinsam eine kostengünstigere Lösung gefunden werden. BIM habe dazu beigetragen, die Planungssicherheit und die Prozesstransparenz zu erhöhen, die Projektkommunikation zu verbessern, durch die Standardisierung der Arbeitsweisen für eine gleichbleibende Daten-Qualität zu sorgen und Risiken in der Bausausführung zu minimieren. Zudem sei BIM als hilfreich einzustufen, da das Projekt sonst voraussichtlich nicht in so kurzer Bauzeit Gestalt angenommen hätte. Lediglich der zu betreibende Planungsaufwand vor Beginn des Projekts sei höher als sonst.

Dass TGA-Planer stets die Wärmebedarfsberechnung im Blick haben und Tragwerksplaner großen Wert auf Pfahlgründungen legen, weiß Christoph Ickert, Architekt des auf BIM spezialisierten und am Ketteler Hof verantwortlich zeichnenden Fachplanungsbüros Pzwo nur zu gut. Zur Koordination der Fachplanungen schätzt der Architekt die Methode, weil BIM ein gemeinsames Modell liefert, in dem er sich in die jeweilige Perspektive seiner Kooperationspartner versetzen kann.

Die Bemusterung von Bauteilen im 3D-Modell habe im Analyse- und Informationssystem "decite" von Ceapoint stattgefunden. Dieses ermöglichte, Daten per Excel-Tabelle hinzuzufügen. Ickert nannte als Vorteil der BIM-Bearbeitung vor allem, dass durch abgeleitete Werte aus dem Modell widerspruchsfreie Zeichnungen entstehen. Erstrebtes Ziel des Ketteler Hofs ist es, zu erreichen, dass das Gelände weiter von bis zu 400.000 Besuchern pro Jahr frequentiert wird und demnächst auch ganzjährig genutzt wird. Brüninghoff sei mit dem Bau der neuen Spielhalle inklusive eines 600 m² großen Gastronomiebereichs beauftragt worden, weil der Generalunternehmer bereits zuvor Lösungen für den Freizeitpark gefunden hatte. Mit 2D-Planung wurde das Bauprojekt begonnen und darauf folgte direkt die 3D-Planung, wie Brüninghoff-Bauleiter Arne Terwey schilderte. An der Konstruktion habe es keine Änderungen gegeben, lediglich Lüftungskanal-Änderungen seien notwendig gewesen. Die größte Überraschung war für Terwey, dass in TGA-Fragen kei-ne Probleme auftraten. Steffens bat Teilnehmer der Podiumsdiskussionsrunde abschließend um eine Einschätzung, ob BIM sich auf dem Weg von "best practice zu next practice" befindet. Unumstritten scheint, dass es viele Möglichkeiten gibt, Planungsprozesse mit BIM zu verbessern. Als notwendig erachtet werden Kompetenz-orientierte Kooperationen, um klassische Projektabwicklungshierarchien abzulösen. Dahingehend, welche Probleme während des Baus auftreten können, wird voraussichtlich alles vorhersagbarer.

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