Ehemaliger Bomag-Präsident Jörg Unger

Zufriedenheit steigt nicht nur in Deutschland spürbar

Bomag
Jörg Unger: "Wir sehen aktuell in vielen Regionen der Welt einen Anstieg der Zufriedenheit innerhalb der Branche. Vor allem in Amerika ist eine Aufbruchstimmung zu spüren." Fotos: Bomag

Seit 2009 leitete Jörg Unger als Präsident die Geschicke der Bomag Gruppe. Nun übergibt er das Heft an den bisherigen GeschäftsführerRalf Junker und wird sich zukünftig dem gesamten Road-Equipment-Geschäft der Fayat-Gruppe widmen. Noch vor Bekanntgabe des Wechsels traf ABZ-Chefredakteur Robert Bachmann Unger am Unternehmenssitz in Boppard, um mit ihm über die aktuelle Entwicklung des deutlich im Wachstum befindlichen Unternehmens zu sprechen.ABZ: Herr Unger, 2016 war für die Bomag ein sehr erfolgreiches Jahr. Angesichts des anhaltenden Baubooms – zumindest in Deutschland – sind die Aussichten auch für 2017 äußerst positiv. Wie ist Bomag ins neue Jahr gestartet?Unger: 2016 war in der Tat auch für die Bomag ein sehr gutes Jahr. Dabei kamen zwei Dinge zum Tragen. Zum Einen das gute wirtschaftliche Umfeld, zum Anderen aber auch, dass wir im vergangenen Jahr verschiedene Kostenstrukturen noch einmal auf den Prüfstand gestellt haben und damit zusätzlich an der Profitabilität der Bomag gearbeitet haben. Wir waren schon immer ein ergebnisorientiertes Unternehmen und haben hier 2016 an ein paar Stellen noch einmal optimiert. Für uns ist das wichtig, da unsere Kunden von uns ein hohes Maß an Zuverlässigkeit erwarten. Diese kommt nicht von ungefähr, man muss sie sich leisten können. Das konnten wir schon immer, nichtsdestotrotz sind wir stets darauf bedacht, hier fortlaufend an den entsprechenden Schrauben zu drehen. Was den deutschen Markt betrifft, so sehen wir, dass die Situation unserer Kunden hierzulande sehr stabil ist. In Gesprächen mit Kunden nehme ich wahr, dass dabei nicht nur die Auftragslage aktuell sehr gut ist, sondern tendenziell auch die Preise wieder ansteigen. Das führt natürlich zu einer höheren Investitionsbereitschaft.ABZ: Können Sie das auch von Ihren internationalen Kunden behaupten?Unger: Tatsächlich sehen wir aktuell in vielen Regionen der Welt einen Anstieg der Zufriedenheit innerhalb der Branche. Vor allem in Amerika ist eine Aufbruchstimmung zu spüren. Auf der Conexpo in Las Vegas haben wir zahlreiche gut gelaunte Kunden und Vertriebspartner angetroffen, die allesamt ein gutes Geschäftsklima wahrnehmen. Man muss mitbedenken, dass die aktuelle Euphorie in den USA derzeit sicherlich auf der Ankündigung größerer Investitionen beruht. Dennoch bekommen wir insbesondere von den großen Vermietern in den USA positive Signale, dass diese ihre Flotten in 2017 vergrößern wollen. Man kann zum politischen Wechsel in den USA stehen, wie man mag. Von der nordamerikanischen Bauindustrie wird er positiv wahrgenommen. Die Situation auf dem südamerikanischen Markt wird hingegen durch die schwierige Lage in Brasilien geprägt. Aber auch dort ist eine Konsolidierung auf niedrigem Niveau zu spüren. Allerdings gibt es hier auch andere Länder wie Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien, Argentinien usw., in denen die Bau- und vor allem die Miningindustrie recht positiv für 2017 gestimmt sind. Die Preise für Stahl, Kupfer und andere Rohstoffe steigen wieder, was für uns sehr wichtig ist, da wir in diesen Ländern zu etwa 70 % im Bergbau aktiv sind. Ebenfalls gut gestartet sind wir vor diesem Hintergrund auch in China. Dort haben wir uns strukturell verbessert. U. a. haben wir kürzlich auch unsere Innovation Days mit 700 Gästen, Live-Baustelle, Werksbesuch etc. zum ersten Mal in China durchgeführt. Die chinesische Wirtschaft hat sich nach dem großen Boom der letzten Jahre zwar beruhigt. Dennoch ist China ein großer Markt. Generell entstehen in Asien die meisten neuen Projekte. Zudem bemerken wir, dass in China mittlerweile viel mehr zugehört wird, wenn es um Technologien geht, die der Optimierung von Arbeitsprozessen auf der Baustelle dienen.ABZ: Optimismus und Aufbruchstimmung in weiten Teilen des Weltmarktes. Wie passt das zu den eher gegenläufigen politischen Tendenzen in vielen Ländern der Welt?Unger: Ich sehe hier eine ganz gravierende Diskrepanz zwischen der positiven Entwicklung der Bauindustrie, insbesondere von Infrastrukturthemen, und den aktuellen politischen Veränderungen. Veränderungen, die sich viele Menschen hierzulande bis vor kurzer Zeit gar nicht hätten vorstellen können: Dass bspw. ernsthaft darüber nachgedacht wird, die europäische Idee wieder zurückzudrehen, wieder mehr unterschiedliche Währungen in Europa zu haben, dass England aus der Europäischen Union austritt usw. Oder auch, dass ein Konflikt entsteht mit einem Land wie der Türkei, mit dem wir einen so intensiven wirtschaftlichen – und ich denke auch freundschaftlichen – Austausch pflegen. All dies sind kritische Entwicklungen, die wir uns so lange nicht vorstellen konnten, auf die wir uns aber einstellen müssen. Mit Produktionsstätten auf der ganzen Welt sind wir als Bomag sowie im Rahmen der Fayat-Gruppe sehr gut gerüstet. Wir könnten theoretisch überall auf der Welt produzieren. Wir wollen das nicht, aber wir sind darauf eingestellt. Gleichwohl wäre es aus meiner Sicht illusorisch, zu behaupten, man könne sich auf alle Eventualitäten einrichten. Die Welt wird immer unvorhersehbarer und das ein oder andere wird uns sicherlich auch überraschen.ABZ: Im bauma-Jahr 2016 präsentierte Bomag zahlreiche technologische Neuheiten. Welche Neu- und Weiterentwicklungen können ihre Kunden in diesem Jahr erwarten?Unger: Wenn Sie heute auf Messen gehen und sich den Wettbewerb anschauen, stellen sie vor allem eine gewisse Tendenz zur Konzentration fest. Die Großen versuchen immer, noch etwas größer zu werden. Nicht zum Selbstzweck allein, sondern weil sie heute eine gewisse Größe brauchen, um die Kompetenz auszustrahlen, welche die Kunden von einem Hersteller erwarten. Wir haben diese Größe, auch als Teil der Fayat-Gruppe. Das ermöglicht uns zum einen, diese Kompetenz zu bieten. Zum anderen erlaubt es uns aber auch, Entwicklungen voranzutreiben. Mit der Veröffentlichung neuer Maschinen zur bauma ist immer ein entscheidender Schritt getan, auf den wir vorher lange hinarbeiten. In der darauf folgenden Zeit, also auch im darauffolgenden Jahr, beginnt die Arbeit, diese Neuerungen in Serienproduktion zu bringen, individuelle Varianten anzubieten und alles für unsere Kunden bereitzustellen. Zu den Themen, die wir in diesem Jahr weiter vorantreiben, zählt bspw. die Neumotorisierung der großen schemelgelenkten Tandemwalze und die Einführung der Recycler RS 460 und RS 500, die seit Herbst 2016 in Serienproduktion sind. Auch in diesem Jahr werden wir natürlich neue Produkte auf den Markt bringen. Absolut neu ist bspw. die Gummiradwalze BW 28 RH, deren Premiere wir auf der Conexpo in den USA gefeiert haben und die es nun auch für Europa gibt. Ein großes Thema werden zudem auch Assistenzsysteme wie der Economizer sein, der dem Anwender sagt, wann der optimale Verdichtungsgrad erreicht ist, und das nun von den Kleingeräten auch auf die Walzenzüge übertragen wird. Damit ist der Economizer, den wir ebenfalls auf der Conexpo auf Walzenzügen erstmals vorgestellt haben, ab Sommer auch in Europa nicht nur für den Asphaltbereich, sondern auch im Erdbau verfügbar. Darüber hinaus werden wir weiter daran arbeiten, die Themen Fräsen und Fertiger weiter auszubauen, so dass wir unsere Kunden zukünftig in wirklich allen Belangen ihrer täglichen Arbeit das richtige Gerät zur Verfügung stellen können.ABZ: Stichwort Assistenzsysteme: Sie haben im vergangenen Jahr davon gesprochen, die Branche befinde sich in einer Konzeptphase hin zur Baustelle 4.0. Wie weit ist diese hierzulande aus ihrer Sicht fortgeschritten und welchen Beitrag leistet Bomag zur Digitalisierung am Bau?Unger: Eine Frage, die insbesondere auf der bauma immer wieder gestellt wurde, ist, wann das autonome Fahren auf die Straßenbaustelle kommt. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Dinge kommen werden, insbesondere in der Miningindustrie, wo es diese Technologien bereits gibt. Auf der Baustelle ist dies jedoch deutlich komplizierter. Hier sehe ich fürs Erste ein höheres Potenzial auf Erdbaustellen, denn auf Asphaltbaustellen. Hier gibt es schlichtweg viel mehr unberechenbare Faktoren. Wenn Sie sich jedoch Baustellen wie den neuen Flughafen in der Türkei ansehen, wo wir eine große Zahl an Walzen im Einsatz haben, die alle mehr oder minder ähnliche Wege abfahren und nahezu parallelgeschaltet sind – hier besteht ein großes Potenzial, diese Arbeitsprozesse zu automatisieren bzw. teilweise zu automatisieren. Hier wird der Weg sicherlich über Assistenzsysteme führen, vergleichbar mit dem, was wir bereits aus der Landwirtschaft kennen. Im Augenblick arbeiten wir u. a. an erweiterten Assistenzsystemen, bspw. zur Steuerung von Arbeitsvorgängen beim Fräsen. Dabei geht es um Fragen wie: Wie kommunizieren Maschinen untereinander; welche Möglichkeiten gibt es, das Verladen des Fräsgutes zu steuern usw.? Das Ziel ist, einzelne Prozesse vom Bediener unabhängig zu machen, so dass dieser sich voll und ganz auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren kann. Was die Baustelle 4.0 betrifft, so gibt es aktuell einen starken Trend, große Datenmengen zu sammeln. Im Moment weiß jedoch keiner so recht, was er mit all den Daten anfangen soll. Langfristig gilt es, herauszufinden, was wirklich sinnvoll ist und was nicht. Im Verdichtungsbereich haben wir bereits entsprechende Systeme: vom Economizer, der zunächst nur Informationen an den Fahrer sendet, über den Asphalt Manager, der Verdichtungsdaten mit Positionsdaten verbindet, bis hin zu BCM net, wo es um die Vernetzung mehrerer Walzen geht, die im Verbund arbeiten. Das funktioniert sehr gut und wird auch zunehmend mehr nachgefragt. Große Firmen nutzen diese Systeme bereits, in der Schweiz werden solche Technologien zum Standard in der Ausschreibung usw. Daran sehen wir, dass die Investitionen in diese Entwicklungen richtig waren und sich allmählich auch auszahlen.Was wir aktuell noch nicht sehen, ist eine Komplettnutzung der Daten im Sinne eines BIM im Tiefbau. Hier gibt es schlichtweg noch nicht alle erforderlichen Analysetools. Diese Tools werden aber kommen, wobei die Zusammenarbeit mit Partnern aus benachbarten Industrien eine zunehmend größere Rolle spielen wird. Auch das wird uns aus meiner Sicht nicht zur vollvernetzten Baustelle führen, in der alles autonom fährt, wohl aber zu einem besseren und direkteren Informationsfluss sowie zu erheblichen Veränderungen des Arbeitsplatzes Baumaschine. Hier wird auch der Bedarf unserer Kunden durch den Fachkräftemangel eine Rolle spielen.ABZ: Die Fayat Gruppe hat kürzlich angekündigt, mit der Marke Dynapac die Straßenbausparte von Atlas Copco zu übernehmen. Wie wird sich die neue Schwester in die Unternehmensfamilie einfügen?Unger: Ganz richtig gilt es zu betonen: Hier hat nicht Bomag gekauft, sondern Fayat. Die Fayat Gruppe sieht in der Marke Dynapac einen Wert, der auf Basis einer parallelen Marken-Strategie gefördert werden soll. Fayat schafft die Grundlage dafür, in dem es der Marke Dynapac ein hohes Maß an Freiheit bietet. Die Bomag genießt diese Freiheit seit zwölf Jahren und Fayat hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Jede Marke lebt von einem gewissen Geist, der sowohl in den Maschinen als auch in den Mitarbeitern steckt. Für die Bomag-Mitarbeiter ändert sich damit nichts. Wir hatten vorher einen Wettbewerber Dynapac und werden zukünftig einen noch stärkeren Wettbewerber Dynapac haben. Und Wettbewerb belebt bekanntlich das Geschäft.ABZ: In diesem Jahr feiern sowohl Bomag als auch die Fayat Gruppe ihr 60-jähri-ges Firmenjubiläum. 60 Jahre, in denen Bomag sich vom Garagenbetrieb zu ei-nem 2500-Mitarbeiter-Unternehmen entwickelt hat. Können Sie uns bereits einen Ausblick darauf geben, wo die Reise für Bomag in den kommenden Jahren/Jahrzehnten hingehen wird?Unger: Ich kann Ihnen erst einmal sagen, was bleiben wird. Bleiben werden in jedem Fall die Grundwerte, die das Unternehmen ausmachen: Zuverlässigkeit Kundennähe, Technologien und praxisnahe Lösungen – all die Dinge, die Bomag in den vergangenen Jahren groß gemacht haben. Dazu gehört auch unsere Innovationsfreudigkeit. Wir werden weiterhin viel ausprobieren, dabei aber nur mit Lösungen an den Markt gehen, die dem Kunden auch nutzen. Bei aller Veränderung, die stattgefunden hat und stattfinden wird, haben wir stets den Kern der Marke erhalten. Und so wird es auch weiterhin sein. Auch, weil unser Eigentümer dies genauso wünscht und fördert. Darüber hinaus fordert die Fayat-Gruppe von uns natürlich auch Wachstum. Sowohl ein organisches Wachstum, also durch Ideen und Weiterentwicklung, als auch ein Wachstum durch intelligente Zukäufe. Dynapac ist das Ergebnis einer solchen Erweiterung der Fayat-Gruppe, zu der heute rd. 150 Unternehmen gehören. Ebenso möchte Fayat, dass auch die Bomag solche Zukäufe tätigt. Das sind Themen, mit denen wir uns zukünftig noch stärker beschäftigen werden. Die Gruppe bietet uns den Spielraum, dies zu tun, und diesen Spielraum gilt es zu nutzen. Die Bomag sehe ich daher in Zukunft noch präsenter in ihren klassischen Geschäftsfeldern sowie in den neueren Bereichen wie den Fräsen und Fertigern. Die Schrit-te auf diesem Weg werden in jedem Fall weiter evolutionär und weniger revolutionär sein.

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Kürzlich erst bekannt gegeben: Zum 1. Mai übergab Jörg Unger die Geschäfte an seinen Kollegen Ralf Junker und wird sich nun dem Gesamtgeschäft im Bereich Road Equipment der Fayat Gruppe widmen.

Zum 1. Mai hat Jörg Unger seine Aufgabe als Präsident der Bomag Gruppe an Ralf Junker übergeben. Unger widmet sich als Präsident der Fayat Road Equipment Division künftig der Entwicklung und dem Wachstum des gesamten Road Equipment Geschäftes. Junker ist bereits seit 1988 für Bomag tätig, seit 2001 Mitglied der Geschäftsleitung und seit 2009 Geschäftsführer der Bomag. Er verantwortete bis dato die Produktion weltweit und ist künftig als Präsident für die Bereiche Marketing und Vertrieb verantwortlich. Die Verantwortung für den Bereich Produktion weltweit übernimmt ab sofort Robert Laux, der nun gemeinsam mit Ralf Junker und Dirk Woll (CFO) als Geschäftsführer der Bomag GmbH agiert. Laux ist bereits seit 1997 bei Bomag und seit 2006 in der Geschäftsleitung für die Bereiche Technik und Produktentwicklung verantwortlich. Von nun an zeichnet Laux neben diesen Bereichen auch für Produktion weltweit und Supply Chain verantwortlich. Die Fayat-Geschäftsführung macht mit dieser personellen Änderung die gesamtstrategische Ausrichtung der Muttergesellschaft deutlich und reagiert auf das deutliche Wachstum und die wachsende Wichtigkeit der Fayat Road Equipment Division und von Bomag, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

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