Gefährdete Gerüstbauer

Mitarbeiter mindestens ein Mal im Jahr zum Training schicken

von:

Mike Jadatz und Julia Anlauf

Ausbildung und Beruf
Ein wesentlicher Aspekt für sicheres Arbeiten im Gerüstbau ist, eine Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) korrekt und sicher einzusetzen. Fotos: Capital Safety

HAMBURG. - Trotz eines rückläufigen Trends stürzen bei Höhenarbeiten in der Baubranche jedes Jahr Tausende von Beschäftigten in die Tiefe. Nach Angaben der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) beruht die Hälfte aller tödlichen Arbeitsunfälle auf einem Absturz. Abstürze aus der Höhe enden zudem häufig mit schweren Verletzungen, die den Betroffenen ein Leben lang beeinträchtigen. Nach der jüngsten Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) aus dem Jahr 2013 kamen 17 Gerüstbauer bei Abstürzen um ihr Leben. 16 Todesfälle ereigneten sich auf Baustellen. In 15 Fällen stürzte das Opfer ohne Fremdeinwirkung vom Gerüst. Ursachen sind überwiegend ungesicherte Arbeiten auf der obersten Gerüstlage sowie Fehler bei der Materialübergabe und an anderen exponierten Stellen.In kaum einem anderen Beruf ist die Gefahr eines Absturzes ähnlich groß. Dennoch werden die Risiken in der Branche unterschätzt. Nach Erfahrung von Capital Safety fehlt es Gerüstbauern an Verständnis für die möglichen Gefahren und deren Folgen, die ihnen in der täglichen Arbeitspraxis drohen. Ein wesentlicher Aspekt für sicheres Arbeiten im Gerüstbau ist, eine Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) zu tragen und diese korrekt und sicher einzusetzen – sofern bauliche oder technische Maßnahmen wie Absperrungen oder Seitenschutz nicht möglich sind. Nach Vorgaben der DGUV (BGR/GUV-R 198/199) sind Gerüstbauer daher verpflichtet, sich einmal im Jahr in Theorie und Praxis unterweisen zu lassen und den richtigen Einsatz von einer Schutzausrüstung und gegebenenfalls Rettungsmaßnahmen zu trainieren.Nicht selten kommt es jedoch vor, dass Gerüstbauer zu Trainingsseminaren erscheinen, um sich eine Teilnahmebescheinigung abzuholen – ohne daran tatsächlich teilnehmen zu wollen. Häufiges Argument gegenüber Trainern: "Ich mache den Job seit einer Ewigkeit und nie ist etwas passiert!" Viele Monteure möchten sich schlicht nicht mit Dingen belasten, die ihren Job erschweren.Das ist bis zu einem gewissen Grad verständlich, denn die Arbeit des Gerüstbauers ist in der Tat anspruchsvoll: Monteure arbeiten unter hohem Zeitdruck, müssen schwere Lasten stemmen und trotzdem zuverlässig die einzelnen Gerüstteile sicher auf- und abbauen. In der Baubranche ist der Beruf des Gerüstbauers einer der härtesten. Nichtsdestotrotz darf die Sicherheit darüber hinaus nicht vernachlässigt werden.

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Gerüstbauunternehmen sind gemäß der DGUV dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr an einem Training teilnehmen zu lassen.

Doch nicht nur die Monteure selbst sondern auch die Inhaber von Gerüstbaufirmen und die für den Gerüstbau verantwortlichen Manager in größeren Unternehmen stehen den vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen häufig skeptisch gegenüber. Insbesondere kleinere Unternehmen scheuen die Investitionskosten und unterschätzen die Risiken. Vorschriften für Weiterbildungsmaßnahmen, für Ausrüstung und Arbeitsprozesse wurden deshalb in der Vergangenheit von vielen Unternehmen schlichtweg ignoriert – und werden es auch heute noch.In vielen Unterweisungen gemäß BGR/ GUV-R 198/199 gilt es von daher zunächst Überzeugungsarbeit für die Notwendigkeit von Sicherungs- und Rettungstrainings zu schaffen. Das gelingt in der Regel nur, indem drastisch auf die Risiken des mangelhaft gesicherten Arbeitens aufmerksam gemacht wird. Denn die statistisch erfassten Todesfälle durch Absturz sind nur die Spitze des Eisberges. Auch Quetschungen und andere z. T. schwere Verletzungen können Folgen eines Absturzes sein. Gerüstmonteure sind zudem besonders stark durch herabfallende Gegenstände gefährdet: In der Praxis werfen sie sich häufig gegenseitig Gerüstteile von einer auf die andere Ebene zu. Capital Safety geht zudem davon aus, dass viele Verletzungen statistisch gar nicht erfasst werden.Ein weiteres Kernelement eines Trainingsseminars ist die so genannte Gefährdungsbeurteilung. Von ihr hängt ab, welche Schutz- und Rettungsmaßnahmen getroffen werden. Bei Arbeiten in engen Räumen ist es bspw. wichtig, dass der Anschlagpunkt für das Verbindungsmittel senkrecht über dem Kopf des Anwenders steht, damit dieser vertikal abgeseilt und wieder hochgezogen werden kann. In der Praxis gängige Dreibeine eignen sich nur dann, wenn diese stabil über dem Einstieg stehen können. In vielen Situationen sind modulare Hebelsysteme notwendig. Zur Gefährdungsbeurteilung zählen aber auch ganz grundsätzliche Fragen wie: Welches Werkzeug benötige ich und wie sichere ich dieses? Wie sichere ich Material, z. B. abgebaute Schellen? Wie ist der Abstand des Gerüsts zur Hauswand; besteht die Gefahr, dass ein Monteur zwischen Wand und Gerüst rutscht?Darüber hinaus leiten die Trainer die Seminarteilnehmer gemäß BGR/GUV-R 198/199 an, ihre persönliche Schutzausrüstung richtig einzustellen, anzuziehen und einzusetzen. Auch hier neigen Monteure zur Nachlässigkeit, werden bspw. Sicherheitsgurte nur um die Brust angelegt und um die Beine gar nicht oder äußerst locker – was schwere Verletzungen im Fall eines Sturzes nach sich ziehen kann.Last but not least sind Rettungsmaßnahmen ein wichtiger Bestandteil eines Trainingsseminars. Dabei geht es um Übungen wie bspw. einen gestürzten und bewusstlos im Seil hängenden Kollegen zurück ins Gerüst zu holen und Erste Hilfe zu leisten. Und auch in diesem Block gilt es, Verständnis dafür zu wecken, wie wichtig es ist, auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. Bei Gesprächen stellt sich bspw. häufig heraus, dass kein Rettungsmaterial vorhanden ist und wenn doch, dass es meist im Auto bleibt.Gerüstbauunternehmen sind gemäß der DGUV dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr an einem Training teilnehmen zu lassen. Bei Missachtung kommen im Ernstfall auf den Arbeitgeber hohe Kosten zu, wenn er statt der Berufsgenossenschaft die Haftung für die Folgen des Unfalls übernehmen muss. Teilnehmer wiederum müssen sich bei der Arbeit gemäß der Unterweisung verhalten.Andernfalls riskiert ein Mitarbeiter, der sich nicht regelkonform verhalten hat, im Fall eines Unfalls, seinen Anspruch auf Leistungen durch die Berufsgenossenschaft oder seinen Arbeitgeber zu verlieren. Umso unverständlicher ist es, dass immer noch viele Unternehmer diese Vorgabe nicht erfüllen.

Ausbildung und Beruf
In kaum einem anderen Beruf ist die Gefahr eines Absturzes ähnlich groß.

Allerdings lässt sich in der Branche ein gewisses Umdenken erkennen. Die Bereitschaft, den obligatorischen, jährlichen Trainingskurs anzubieten, wächst.

Auch steigt die Akzeptanz und Kenntnis, dass nicht jede PSAgA für Gerüstbauer geeignet ist. Diese darf nicht zu schwer sein und muss dem Monteur risikofrei mehr Freiraum gewährleisten, das heißt, das Verbindungsmittel kann 50 cm länger sein als normalerweise üblich.

Hintergrund für den zarten Sinneswandel hin zu mehr Sicherheit ist, der Erkenntnis von Capital Safety nach, ein erhöhter Druck seitens der BG Bau, die häufiger kontrolliert, ob Trainingsmaßnahmen stattgefunden haben. Zum anderen hat die Aufklärung über mögliche Risiken – auch seitens der Verbände – zugenommen. Nicht zuletzt führen Medienberichte über tödliche oder schwere Unfälle dazu, dass sich die Einstellung zum eigenen Beruf ändert. Nicht selten hat es im Unternehmen beinahe einen schweren Unfall gegeben, sodass die Verantwortlichen anfangen, sich Gedanken zu machen.

Capital Safety ist der weltweit führende Entwickler und Hersteller von Höhen- und Absturzsicherungsausrüstungen. Schulungs- und Trainingseinheiten bietet das Unternehmen in seinem Hamburger Trainingszentrum sowie mobil vor Ort mithilfe seiner Demonstrations-Vans an. Darüber hinaus verfügt das Unternehmen über sechs weitere Schulungszentren innerhalb der EMEA-Region.

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