Integrierte Bauprozesse

Modellorientiertes Arbeiten im Kanal- und Rohrleitungsbau

Bau digital
Straße und Entwässerung: 5D-Softwareprogramme zur Vorab-Prüfung möglicher Kollisionen sind Hilfsmittel für die Planung – etwa im Kreuzungsbereich bei Trennsystemen für die Ableitung von Schmutzwasser sowie für Regenwasser. Foto: RIB

Stuttgart (ABZ). – Entwässerungsmaßnahmen bringen Besonderheiten mit sich, die eine 5D-Software in verschiedenen Bereichen kennen und berücksichtigen sollte. Die Grundlage für eine erfolgreiche, modellbasierte Arbeitsweise bildet auch bei diesen Aufgaben eine prozessorientierte Denkweise sowie eine projektübergreifende Kommunikation der Beteiligten. Erprobt im Hochbau sollen Building Information Modeling (BIM)- oder 5D-Prozesse, also durchgängig integrierte Bauprozesse, von der Vorplanung über die Realisation bis zur Nutzung und Wartung auch bei Infrastrukturprojekten sämtlichen Projektbeteiligten Hilfestellung leisten und mehr Sicherheit, Qualität sowie Flexibilität in die Umsetzung der Bauaufgabe einbringen. Die Verzahnung von dreidimensionaler Geometrie mit Zeit-(4D) und Kosten-Informationen (5D) bietet nach Angaben der RIB Software AG neben dem klassischen Straßenbau auch Einsatzmöglichkeiten bei Entwässerungsprojekten.

Das Prinzip ist für Andreas Dieterle, Produktmanager Infrastruktur bei der RIB Software AG, dasselbe: "Die Basis bilden Volumenkörper im Modell, die automatisch mit speziellen Attributen für die Kostenermittlung und Bauabrechnung versehen werden." Jeder im 5D-Prozess beteiligte Projektmitarbeiter, für den bestimmte Attribute der Schachtbauwerke und Haltungen von Relevanz sind, habe somit Zugriff auf sämtliche Attribute und könne sie darüber hinaus flexibel – etwa nach Material oder Herstellerspezifikationen – gestalten sowie individuell filtern. Im Rohrleitungsbau entstehen bspw. aus Tiefenstufen, Verfüllungen oder Längen eines Rohres Volumenkörper für den Modellansatz. Die Höhe eines Schachtringes oder der Durchmesser und das Material eines speziellen Rohrs können frei oder generisch zugewiesene Attribute eines Entwässerungsprojektes sein.

5D-Prozesse können, z.B. bei einer Neuerschließung, alle erforderlichen Mengen im Straßenbau sowie im Kanalbau in einem Modell verbinden. Auf diese Weise sollen sie den Weg für eine effiziente Arbeitsweise mit geringem Fehlerrisiko ebnen. Denn: Daten werden einmalig erfasst und sämtliche Anpassungen sowie Korrekturen erfordern keine Übertragung in ein weiteres CAD- oder Kalkulationsprogramm. Auch werden die Mengen normgerecht ermittelt und in einem Zug als Modell aufbereitet.

"Der Markt offeriert eine Vielzahl von 3D-CAD-, BIM- und Abrechnungsprogrammen für Aufgaben im Straßen- und Tiefbau", gibt Dieterle zu bedenken. Eine integrierte Lösung, die neben dem klassischem Straßenbau Aufgaben im Rohrleitungsbau mit einschließt, biete den Vorteil einer durchgängigen Projektbearbeitung. In der Bundesrepublik hätten die Normen DIN EN 1610 für Abwasserleitungen und Kanäle sowie die DIN 4124, die Böschungen, Verbau und Gräben in Deutschland reguliert, eine hohe Relevanz. Doch nicht immer besäßen deren Festlegungen projektübergreifend Gültigkeit. Ein Programm, das bei Bedarf eine individuelle Anpassung der Parameter sowie ein von Standardisierungen losgelöstes Arbeiten zulässt, kann die Mengen- und Kostenberechnung vereinfachen. Kosten können etwa bei Aufgaben im Erdaushub im Rohrleitungsbau anhand von Tiefen berechnet und unterschieden werden. Standardisierte, einzelne Volumenkörper entstehen nach Tiefenstufen gruppiert in Tiefenzonen bis 1,25, 3, 6 und über 6 m. Diese vereinfachen die Abrechnung bei Kanalbaumaßnahmen und Schachtbauwerken.

Bei der Erstellung von Haltungen und Schächten seien Verdrängung und Verfüllung wichtige Mengenfaktoren, aus denen intelligent attributierte Volumenkörper für den 5D-Prozess entstehen. Denn die Verdrängung sei bei der Verfüllung sowohl bei Schächten als auch bei Rohren ggf. zu berücksichtigen. Liegt ein Rohrdurchmesser von z. B. DN 200 vor, werde die Verdrängung ignoriert. Bei Haltungen sei es vorteilhaft, jede einzelne Verfüllung – von den Bettungsschichten über die Seitenverfüllung und die Abdeckschicht bis hin zur Hauptverfüllung – als separate Volumenkörper im Modell aufzunehmen. Die Beschaffenheit des Bodens und die Tiefe des Grabens gebe die Art des Verbaus vor. So regle es die DIN 4124. Kosten für den Verbau können ermittelt werden, wenn sich die Längen der Verbauelemente, aus denen sich die Kosten errechnen, direkt aus den automatisch berechneten Flächen ableiten lassen.

Schächte bestehen aus vielen Einzelbauteilen: Schachtunterteil, Schachtringe, der Schachtkonus, Ausgleichsringe zur Anpassung an das Gelände sowie der Schachtdeckel bilden das Schachtbauwerk. Die Errechnung der Kosten ist daher oft in Summe komplex, da individuelle Herstellervorgaben – z. B. vorhandene Höhen von Schachtringen – mit einkalkuliert werden müssen. Es bestehe die Möglichkeit, die Kosten für Schachtbauwerke entweder positionsweise oder schachtweise zu errechnen. Lassen sich die Herstellervorgaben mithilfe spezieller Attribute in den 5D-Prozess einbeziehen, erleichtert das die spätere Bearbeitung. Wenn bspw. sämtliche Schachtringe, die in der Höhe identisch sind, mit demselben Attribut versehen werden, resultiert daraus laut Dieterle eine übersichtlichere Kostenberechnung. Besteht zudem die Möglichkeit, nach einzelnen Attributen zu filtern und zu gruppieren, so bleibe die Kostenermittlung auch bei vielen Schächten übersichtlich. Häufig werde ein Pauschalpreis für die Schachterstellung herangezogen. Die Unterscheidung erfolgt auf Basis der Höhe des Schachtes. So koste ein Regelschacht mit einer Höhe von bis zu 4 m preislich ca. 4000 Euro. Höhere Schachtbauwerke seien entsprechend teurer. Da im Baustellenalltag die Lieferung der Schacht-Einzelteile allerdings nicht komplett, sondern prozess- und aufgabenorientiert erfolgt, sei es sinnvoll, das Modell zusätzlich getrennt nach Teilstücken zu betrachten. Der Überblick im Gesamtmodell in den einzelnen Phasen sei auf diese Weise vorhanden. Zu empfehlen sei ein 5D-Programm, das in diesen speziellen Fällen einen flexiblen Einsatz und entsprechende Übersichten bietet.

Für weitere Prozesse in der Bauausführungsphase sei es denkbar, dass in Zukunft Fertigbauteile, wie Schachtringe oder Rohrteilstücke, zielgerichtet gemäß Bauablaufplanung automatisch in die Produktion gehen und pünktlich zum geplanten Einbauzeitpunkt auf die Baustelle geliefert werden. Das berge den Vorteil, dass keine gravierende Zwischenlagerung erfolgen muss.

Bei der Haltung werde aus der Rohrlänge ein "Hohlkörper" erzeugt, der die Basis für die Verdrängungsberechnung bildet. Der Rohrdurchmesser wird automatisch als Attribut der Haltung angefügt. Für die Projektarbeit wird hierbei die freie Rohrlänge für die Mengenberechnung, Auflager und Verfüllung herangezogen. Für die Bestellung und Stücklängen wird die echte, tatsächlich zu bauende Rohrlänge, also von Schachtinnenwand zu Schachtinnenwand, angesetzt.

Wie im Schachtbau böten auch bei Rohrbaumaßnahmen flexible Attribute der einzelnen Volumenkörper im 5D-Modell eine gute Übersicht und können zu einem geminderten Fehlerrisiko – etwa falschen Bestellmengen – beitragen. Filtern nach Herstellervorgaben und rohrbauspezifische Normen können zu mehr Sicherheit beitragen und helfen, Fehler im gesamten Planungs- und Bauprozess zu vermeiden.

Von Vorteil im Rohrleitungsbau sind umfassende Qualitäts-Checks vor der Modellerstellung inklusive Attributierung. Diese können bspw. in einem 3D-CAD-Viewer erfolgen. Intelligente Softwareprogramme zur Vorab-Prüfung möglicher Kollisionen sind nützliche Hilfsmittel für die Planung, etwa im Kreuzungsbereich bei Trennsystemen für die Ableitung von Schmutzwasser und Regenwasser. Speziell komplexere und damit im Preis höher liegende Maßnahmen im Kanalbau lassen sich für Bauherren und Investoren idealerweise mithilfe eines Modells darstellen. So können Kosten direkt am Modell einzeln lokalisiert und begründet werden.

Für Dieterle ergibt sich folgendes Fazit: Die 5D- oder BIM-Arbeitsweise bietet gute Rahmenbedingungen für den Einsatz im Rohrleitungsbau. Generell erfordert das modellorientierte Planen und Bauen zunächst ein Umdenken in der Prozessorganisation sowie in der Zusammenarbeit der Projektbeteiligten untereinander. Die über den 5D-Prozess gewonnene Durchgängigkeit bringt nur dann Vorteile, wenn Modellinformationen übergreifend genutzt werden und jeder Mitarbeiter und jedes Team stets Zugriff auf die für ihre Aufgaben relevanten Daten haben. Für Projekte in den Bereichen Rohrleitungsbau/Entwässerung ist eine 5D-Software, die oben beschriebene, normenspezifische und praktische Aspekte dieser Maßnahmen aufgreift und die genannten Besonderheiten berücksichtigt, von Vorteil.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Leitung (m/w/d) der Abteilung Tiefbau, Pullach im Isartal  ansehen
Fachkraft (m/w/d) für die technische..., Pullach im Isartal  ansehen
Bauleiter/Bauleiterin Straßen- und Tiefbau, Kassel  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Gebrauchtmaschinen Angebote

DBMB - Die Baumaschinen Börse
DBMB - Die Baumaschinen Börse

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen