Libeskinds Entwurf für Uni Lüneburg

Spezialschalhaut sorgt für gute Oberflächen

LÜNEBURG (aw). - Der Neubau des Zentralgebäudes der Leuphana Universität im niedersächsischen Lüneburg liegt auf dem Gelände der ehemaligen Scharnhorst-Kaserne, deren Bestandsgebäude seit mehreren Jahren von der Universität genutzt werden. Mit seiner Entwurfsidee wollte Architekt Daniel Libeskind die auf dem Universitätscampus noch vorhandenen Strukturen militärischer Ordnung durchbrechen. Der Betonbau besteht aus unterschiedlichen Baukörpern: Auditorium, Studierendenzentrum und Seminarzentrum entwachsen als eigenständige Baukörper aus dem Sockel des zentralen Forschungszentrums. Geneigte Außenwände und -stützen kennzeichnen den achtgeschossigen Bau. Der aus Polen stammende und in New York lebende Libeskind hat unter anderem das Jüdische Museum in Berlin entworfen. 2003 wurde er mit der Neubebauung des "Ground Zero" in New York beauftragt. Im Sommersemester 2007 nahm der renommierte Architekt den Ruf auf eine nebenamtliche Professur an der Leuphana an, wo er den Entwurf für das neue Zentralgebäude gemeinsam mit Studenten entwickelte.Das Projekt stellte große Anforderungen an Tragwerksplanung, Arbeitsvorbereitung, Schalung und Betonverarbeitung. Heller, großflächiger Beton, außen in Kombination mit einer Zinkblechverkleidung in Rautenform, wird zu der auf dem Gelände vorherrschende, typische Backsteinarchitektur der 30er-Jahre im Kontrast stehen. Mit den Rohbaumaßnahmen waren als Arbeitsgemeinschaft die Unternehmen Pätzold Bauunternehmen GmbH mit Sitz in Goslar und Kümper + Schwarze Baubetriebe GmbH aus Wolfenbüttel betraut. Das Schalungssystem kam vom schwäbischen Schalungshersteller Peri, bei der Schalhaut entschied man sich für den Typ Betoplan top des Holzwerkstoffherstellers Westag & Getalit AG.Der Entwurf von Libeskind wurde vom Berliner Büro rw+ Architekten umgesetzt. Matthias Reese, Geschäftsführer rw+: "Der Entwurf für den Neubau des Zentralgebäudes bezieht sich in seinem städtebaulichen Ansatz auf die Auseinandersetzung mit der Geschichte und dem damit verbundenen Erscheinungsbild des Ortes als ehemaliger Kasernenstandort der Wehrmacht im Nationalsozialismus. Libeskind wählt hierbei bewusst einen kontrapunktischen Ansatz, indem er der funktionalen und hierarchischen Ordnung des Kasernengeländes eine freie Form gegenüberstellt, die das Zentrum der Gesamtanlage verschiebt und den Zugang neu definiert".

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In intensiver Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen einer zeitgemäßen Universitätsnutzung und in enger Zusammenarbeit mit Studierenden und Lehrenden ist das Bauwerk entstanden. Flexibilität in der Nutzbarkeit, maximale Durchlässigkeit zwischen den Programmteilen, Nachhaltigkeit, und das Erreichen einer hohen Identifikation und Wiedererkennung mittels einer expressiven Architektursprache kennzeichnen das Projekt. Matthias Reese: "Anspruchsvoll ist insbesondere die Umsetzung der für den Entwurfsverfasser typischen Raumgeometrie, sowohl bezogen auf den Endzustand wie auch auf die Zwischen Bauzustände und Traggerüste. Baurechtlich waren eine Reihe von Befreiungen und Erleichterungen mittels kompensatorischer Maßnahmen mit den Behörden abzustimmen, um die genannte offene Nutzungsstruktur im Betrieb möglichst wenig zu gefährden."Rw+ setzt seit Bürogründung im Jahre 1988 vielfach Projekte sowohl im Bereich der Kulturbauten wie Museen und Bauten für Veranstaltungen, wie auch Projekte im Bereich von Forschung und Lehre um. Im Berliner Büro und auf den Baustellen in Berlin und Lüneburg arbeiten fast 30 Architekten und Bauingenieure als Planer, Bauleiter und Projektsteuerer. Architekt Daniel Haarmann führt in Lüneburg die planerische Aufsicht. Fugenbild und Ankerpositionen nach Plan Pätzold-Bauleiter. Sebastian Hering koordinierte und überwachte die Rohbauaktivitäten: "Von den rund 15.000 m² zu schalenden Flächen waren 750 m² nach den Anforderungen SB 4 ausgeschrieben. Diese Flächen liegen im Eingangsbereich, erstrecken sich über vier Etagen und sind bis zu 17,50 m hoch. Das Peri-Schalungssystem Vario GT wurde im vorgegebenen Rastermaß aufgedoppelt und die Westag Betoplan top von hinten verdeckt verschraubt. So konnten wir Ankerpositionierung und Fugenbildgestaltung nach Plan realisieren. Die unterschiedlichen Neigungswinkel der Wände, deren filigrane Formen, die Abmessungen, die teilweise extreme Bewehrung im Beton sowie die engen Toleranzen, waren das Besondere bei diesem Projekt".Aufgrund der komplexen Gebäudegeometrie, so Hering, waren für das Einmessen der Schalungs- und Betonarbeiten, Stahlbau- und Fertigteilmontagen, Fassadenöffnungen und Fassadenunterkonstruktionen, Dachgeometrie mit Dachöffnungen zum Nachweis der Rohbautoleranzen Vermessungsspezialisten beauftragt. So z. B. für die Ankerlöcher, die mit 3-D Koordinaten eingemessen und gebohrt wurden. Mit Gerd Ploeger von der Westag & Getalit AG stand der Rohbauleitung stets ein kompetenter Fachberater zur Seite. Die zuvor erstellten Referenzwände dienten als Richtschnur für alle weiteren Betonieraktivitäten. Projektleiter Daniel Haarmann: "Sichtbeton sehen wir stets als Teamleistung. Uns war klar, dass die passende Schalhaut uns auf dem Weg zu ordentlichen Resultaten gut unterstützen würde. In der Gesamtschau aber darf der Beton durchaus lebendig wirken und muss nicht einen sterilen oder künstlichen Eindruck hervorrufen".Für die Sichtbetonabschnitte war ein Beton C 37, Körnung 0/16, Sieblinie 2–3 eingesetzt. Weitere Parameter des Betons: Konsistenz F 3, d. h. Ausbreitmaß 50 cm, der maximale Wasserzementwert lag bei w/z <= 0,5. Um die Farbe des Betons nicht ungünstig zu beeinflussen, wurden keine Zusatzstoffe wie z. B. Flugasche eingesetzt.Sebastian Hering: "Der Beton kommt mit Kran und 1 m³ Silobombe in die Betonierschüttrohre, die mit steigender Betonierhöhe in der Schalung nach oben gezogen werden. Wir verdichten durch Innenrüttler, die mit einer Spezial-Spiralbewehrung in den schrägen Wänden geführt werden, um ein Ausweichen und Verklemmen des Rüttlers zu verhindern. Die Westag-Schalhaut Betoplan top in den Abmessungen von 3,75 x 2,11 bis 2,21 m wird je nach Neigungswinkel querverlegt, so dass die Plattenfugen um die Grate und Kehlen herum laufen können. Ein 3 mm Dichtungsband der Fa. Westag & Getalit gewährleistet eine ausreichende Abdichtung. Viele Schalungsplatten hinterlassen einen Spiegeleffekt, aber die Betoplan top lieferte eine matte Betonoberfläche, ganz so, wie es die Planer sich vorgestellt und gewünscht hatten. Das Feinpolieren und gründliche Einölen der Schalhaut hatte sicher auch Anteil an den guten Ergebnissen".

Gerd Ploeger betreute die Baustelle regelmäßig und konnte den Profis bei Detailfragen rund um das Thema Schalung unterstützen. Betoplan top, so Ploeger, erfülle die Vorgaben für alle glatten, fugenarmen Betonoberflächen mit erhöhten Anforderungen gemäß der Sichtbetonklasse SB4. Auch bei hoher Einsatzhäufigkeit liefere sie besonders planebene Betonoberflächen. Die Großflächenschalhaut hat eine Beschichtung von 550g/m² je Seite einschließlich des als Puffer wirkenden Faservlieses. Das sorge für optimale Plattenoberflächen, auch nach vielfachen Einsätzen.

Aufgrund der komplexen Gebäudegeometrie war für das Einmessen der Schalungs- und Betonarbeiten, Stahlbau- und Fertigteilmontagen, Fassadenöffnungen und Fassadenunterkonstruktionen, Dachgeometrie mit Dachöffnungen zum Nachweis der Rohbautoleranzen ein Vermessungsbüro beauftragt. So z. B. für die Ankerlöcher, die mit 3-D-Koordinaten eingemessen und gebohrt wurden.

Das Büro Boll und Partner aus Stuttgart hatte mit der Tragwerksplanung des Mercedes Benz-Museums eine entsprechende Referenz abgeliefert und wurde auch deshalb für das Libeskind-Projekt engagiert. Achim Eutebach, Geschäftsführer Boll und Partner: "Jeder Gebäudeteil hat seine eigene Formensprache. Alle verfügen über nahezu ausnahmslos geneigte Außenwände und -stützen, die geneigten Dächer in Schalenform folgen teilweise schiefen Zylinderschalen. Die Außenwände werden scheinbar willkürlich von Fensteröffnungen durchbrochen, die dem Betrachter in ihrer Schiefwinkeligkeit zusätzliche Spannung bieten. Neben der sich aus dieser Formensprache ergebenden Geometrie wurden Tragwerksplanung und Materialeinsatz zusätzlich vom Wunsch des Architekten nach hallenartigen und somit weitgehend stützenfreien Räumen herausgefordert.

Die entstehenden Abtriebslasten aus den geneigten Wänden führen bereits bei der Herstellung zu erheblichen, horizontalen Lastkomponenten. Deren sichere Ableitung bei der Herstellung bis zum Erreichen des Endzustands musste durch exakte Planung der Traggerüste gewährleistet werden".

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