Meldorfer Flachverblender

Handarbeit spielt für Einzigartigkeit der Produkte große Rolle

von:

Alexandra Westermann

Handarbeit Baustoffe
Das Firmengebäude der Meldorfer Flachverblender in Nindorf. Fotos: DAW

NINDORF - Tag für Tag entstehen im schleswig-holsteinischen Nindorf Original Meldorfer Flach- und Eckverblender in Klinkeroptik für die energetisch sinnvolle Sanierung von Gebäuden in aller Welt. Die Idee stammt von Malermeister Peter Wetzel, der 1979 mit der Produktion begann. Sechs Jahre später übernahm die DAW-Firmengruppe den Betrieb. Sven Timmermann, Werksleiter im Nindorfer Betrieb: "Die DAW war schon von Anfang an Rohstofflieferant für das Unternehmen und hat den Wert des Produktes erkannt und es dann in sein Produktprogramm mit aufgenommen."

Inzwischen werden rund 200.000 m² Flachverblender pro Jahr produziert und 6 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet. "Damit sind wir Marktführer in Europa", so Timmermann. "Unsere Meldorfer Flachverblender findet man in Deutschland vor allem in den nördlichen Bundesländern sowie in den Hansestädten Osteuropas. Aber auch Indien, China und Dubai werden mit unseren Produkten versorgt." Die große und weltweite Nachfrage nach den Produkten beruht nach Meinung von Timmermann darauf, dass die Meldorfer Flachverblender in traditioneller Klinkeroptik handgefertigt sind und aus mineralischen Rohstoffen bestehen. "Jeder einzelne Flachverblender ist ein Unikat. Keiner gleicht dem anderen", beschreibt Timmermann. "Von konventionell gebrannten Klinkersteinen sind unsere Produkte kaum zu unterscheiden."

Die Original Meldorfer Flach- und Eckverblender haben eine Dicke von 4 bis 6 mm. Sie sind in 18 Standardfarben verfügbar und inzwischen wurden über 3000 Einzelbemusterungen hergestellt, die die individuellen Kundenwünsche berücksichtigen. Die Produkte gelten aufgrund ihrer Zusammensetzung als sehr robust gegenüber äußeren Einflüssen. Timmermann: "Unsere Flachverblender sind uv- und wetterbeständig und haben eine Haltbarkeit von 60 Jahren, genau wie Klinker. Durch die guten Diffusionswerte, die die Flachverblender aufweisen, altern die Produkte nicht und Algenbildung hat keine Chance."

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Sven Timmermann, Werksleiter im Nindorfer Betrieb: "Jeder einzelne Flachverblender ist ein Unikat. Keiner gleicht dem anderen." Fotos: Westermann Fotos: Westermann

Eingesetzt werden die Meldorfer Flachverblender meist bei Großprojekten. "Wir arbeiten hauptsächliche mit Wohnungsbaugesellschaften und Architekturbüros zusammen und können Objektgrößen von 25.000 bis 27.000 m² gut bedienen", erklärt der Werksleiter. Dabei geht es nicht immer nur um Fassadenerneuerung für mehr Energieeffizienz, sondern auch um Restaurierungen bestehender Gebäude unter Berücksichtigung des Denkmalsschutzes. Außerdem werden die Produkte in Bereichen eingesetzt, wo es um Milieuschutz geht. "Wir gestalten unsere Steine individuell und können auch alte Backsteine genau nachbilden, wenn uns entsprechende Muster oder Fotos vorliegen", so Timmermann weiter.

Im Nindorfer Werk sind 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Herstellung der Eck- und Flachverblender sowie in der Verwaltung beschäftigt. Zwar wurde im Laufe der Zeit in Modernisierungen und neue Maschinen investiert, die Handarbeit spielt für die Einzigartigkeit der Produkte eine große Rolle. Vor einigen Jahren wurden sogar Maschinen angeschaftt, die die Herstellung überwiegend übernehmen sollten. Aber: "Nach einem Jahr haben wir die Fertigungsroboter aber zurückgebaut und wieder auf Handarbeit umgestellt, weil der einzigartige Charakter der Produkte nicht erhalten werden konnte", erklärt Timmermann.

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Matthias Schimmel, zuständig für Personalentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit im Unternehmen: "Zusammen mit der Gemeinschaftsschule Meldorf haben wird das Projekt ,Vom Rohstoff zum fertigen Produkt entwickelt\'."

Die Herstellung der Flachverblender liegt hauptsächlich in Frauenhand. Jede Mitarbeiterin durchläuft eine 1,5-jährige Schulung, bevor sie die Aufgaben eigenständig beherrscht. Denn bei der Gestaltung der Verblender kommen Sand und Steine zum Einsatz. Timmermann: "Die Mitarbeiterin weiß genau, welche Menge benötigt wird und fühlt das in der Hand und das bis auf das Gramm genau." Wegen der ständig wiederkehrenden und einseitigen Handbewegungen ist die Arbeit sehr anstrengend. Die Frauen wechseln sich deshalb alle zwei Stunden mit Kolleginnen in der Verpackung ab.

Neben den Produktionsfachkräften sind Anlagenfahrer, Malermeister, Lager-Logistiker, Industriemechaniker sowie Industrie- und Bürokaufleute in Nindorf beschäftigt. Wie in vielen anderen vor allem ländlichen Regionen, gibt es auch hier Schwierigkeiten frei werdende Stellen wieder zu besetzten. Matthias Schimmel, zuständig für Personalentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit im Unternehmen, berichtet. "Wir haben Schwierigkeiten, neue qualifizierte Mitarbeiter zu finden. So suchen wir z. B. einen Malermeister, aber im Umkreis von 100 km ist niemand zu finden." Um Mitarbeiter zu halten und neue zu gewinnen gibt es im Unternehmen ein eigenes Gesundheitsmanagement. Schimmel: "Dazu gehört, dass die Mitarbeiter freien Zugang zu Obst und Wasser haben." Außerdem werden alle Angestellten in Sachen Bereich Konfliktmanagement und Teamarbeit geschult. Englisch wird für die Mitarbeiter in der Verwaltung und die Coloristen angeboten. Dadurch habe man die Produktivität und die Mitarbeiterzufriedenheit steigern können.

Daneben wird auch die Nachwuchsförderung im Unternehmen groß geschrieben. Schimmel erklärt dazu: "Zusammen mit der Gemeinschaftsschule Meldorf haben wird das Projekt ,Vom Rohstoff zum fertigen Produkt entwickelt'. Eine Klasse, d. h bis zu 20 Schüler, erlebt zwei Unterrichtsstunden pro Woche praxisnahen Unterricht hier im Unternehmen. Die Schüler bekommen die Möglichkeit, alle bei uns vorhandenen Berufe kennenzulernen." Die Jugendlichen der Jahrgangsstufen neun und zehn kommen dabei mit Farbenlehre, Mauerverbänden und Flächenberechnung in Berührung. Schimmel: "Jede Klasse lernt nicht nur Flachverblender zu verarbeiten, sondern auch zu kreieren und zu produzieren." So habe die erste Klasse, die den Kurs belegt hat, den Eingang ihrer Schule mit selbstentworfenen Flachverblendern verschönert und das mit einem "Produktfest" gebührend gefeiert.

Inzwischen wurde das Werk gemeinsam mit der Gemeinschaftsschule Meldorf mit dem Unternehmerpreis Talentförderung im Rahmen des Dithmarscher Innovationspreises ausgezeichnet. Im Rahmen des Projektes Landzukunft waren Schule und Betrieb auch eingeladen, Dithmarschen auf der Grünen Woche 2014 mit dieser gelebten Kooperation zu repräsentieren. Dort zeigten die Schüler interessierten Besuchern, wie Flachverblender hergestellt werden. Mit dabei war auch ein erster Auszubildender, der sich für den Beruf der "Fachkraft für Lagerlogistik" entschieden hat. Weitere Azubis, die später einmal die Lücken der ausscheidenden Fachkräfte füllen sollen, sollen in den kommenden Jahren folgen.

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Die Flachverblender werden gestaltet.

Die Meldorfer Flachverblender Werke in Nindorf sind ein Produktionswerk der Deutschen Amphibolin-Werke von Robert Murjahn (DAW), die 1895 von Robert Murjahn in Ober-Ramstadt aufgrund von Schürfrechten für Mangan gegründet wurden. Allerdings wurden bei Probebohrungen nur die zur Amphibolgruppe gehörenden Hornblende-Minerale entdeckt. Man entschloss sich zur Förderung des Amphibols und begann mit der Erprobung von Verfahren zur Aufbereitung dieses Minerals zur Farbenproduktion. Robert Murjahn hatte 1894 ein Verputzpulver auf Basis von Kalk und Kreide entwickelt, das in Ober-Ramstadt hergestellt und unter dem Namen Murjahns Verputz- Anstrich-Pulver vermarktet wurde. Im Jahr 1901 wurde mit der Produktion von Pulverfarbe aus geleimter Kreide begonnen, die seit 1909 unter dem Namen Alpinaweiß vertrieben wird.

1928 entwickelte Robert Murjahn, der Sohn des Firmengründers Robert Murjahn das Emulsionsbindemittel Caparol (der Name setzte sich aus den Hauptbestandteilen zusammen: Casein, Paraffin und Oleum, einem chinesischen Holzöl). Dieses Produkt war Grundlage für die entstehende Emulsionsbindertechnik im Malerhandwerk. Ab 1936 wurde auch eine Acryldispersion anstelle von Öl bei Caparol eingesetzt. 1983 erfolgte die Gründung der Alpina Farben Vertriebs GmbH & Co. KG , die die Farbenprodukte rund um das Alpinaweiss vertreibt. 1984 wurde für die Caparol-Farben das neue Logo des gestreiften Elefanten eingeführt, dass das Firmenemblem für die gesamte Gruppe ist.

Im Jahr 1996 ging im Stammwerk in Ober-Ramstadt die modernste Dispersionsfarbenfabrik Europas in Betrieb. Täglich werden dort rund 1400 t Farbe hergestellt. Damit ist diese Anlage eine der größten weltweit. In den folgenden Jahren wurde das Unternehmen zunehmend internationalisiert und Produktionsstätten in Russland, Italien, Frankreich und der VR China eröffnet. Weiter sind geplant, u. a. in der Ukraine.

Insgesamt hat das Unternehmen 50 Standorte weltweit mit rund 6000 Beschäftigten, davon rund 3500 in Deutschland, und hat sich zum drittgrößten Hersteller von Baufarben in Europa entwickelt und ist nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland, Österreich und der Türkei. Der Gesamtumsatz der DAW SE lag im Jahr 2012 bei 1,3 Mrd. Euro.

Der Sender n-tv hat das Unternehmen 2012 als "Hidden Champion" ausgezeichnet. "Hidden", weil die Firmengruppe im Hintergrund agiert, anders als ihre Marken, die sich großer Bekanntheit erfreuen– so etwa die Marken Alpina und Caparol.

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