Nach höchster Aussichtsplattform Deutschlands

Hängebrücke könnte nächstes Superlativ werden

Brückenbau
Andreas Schierenbeck, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp Elevator AG beim Medientag auf der Aussichtsplattform auf dem 232 m hohen Aufzugtestturm von Thyssen-Krupp in Rottweil. Von Ende 2016 an sollen in der 40 Mio. Euro teuren XXL-Röhre die Aufzüge getestet werden. Foto: dpa/Patrick Seeger

Rottweil. – In Rottweil, der ältesten Stadt Baden-Württembergs, könnte zum Turm mit der höchsten Aussichtsplattform Deutschlands bald eine rekordverdächtig lange Fußgänger-Hängebrücke kommen. Viele sind begeistert – aber längst nicht alle.40 m über dem Boden spazieren, ins Neckartal schauen, dabei ein leichtes Schwanken spüren – Investor Günter Eberhardt klingt begeistert, wenn er von seiner geplanten Hängebrücke bei Rottweil erzählt. Das Bauwerk soll den neuen Testturm für Aufzüge im Industriegebiet der Stadt mit Rottweils historischen Gemäuern verbinden und als eine der weltweit längsten Fußgänger-Hängebrücken der Welt einen neuen Superlativ für die Stadt begründen.Die Stadt bekommt das Bauwerk quasi zum Nulltarif: Eberhardt will 6 Mio. Euro investieren und braucht von der Stadt lediglich das Nutzungsrecht für städtisches Gelände. Die Brücke soll pro Jahr 100.000 Besucher anziehen, die zu den bislang von der Stadt gezählten 800.000 Tagesgästen pro Jahr in der Stadt dazukämen. Eine Mehrheit der Rottweiler, der Gemeinderat und Oberbürgermeister Ralf Broß (parteilos) sehen nach dessen Angaben das Projekt positiv. "Ich sehe durch den Turm und die Hängebrücke die Chance, dass wir als Tourismus- und Wirtschaftsstandort attraktiver werden", sagt das Stadtoberhaupt. Die Brücke könne eine Chance sein, den Tourismus anzukurbeln, Rottweil bekannter zu machen und eine Attraktion auch für die Einheimischen zu schaffen. Beschlossen ist allerdings noch nichts. Der Gemeinderat stimmt nach Angaben der Stadt voraussichtlich im Herbst über die Hängebrücke ab. Für Pfarrerin Esther Kuhn-Luz klingen die Pläne nicht so toll. "Als die Idee mit der Hängebrücke aufkam, konnte ich mir nicht vorstellen, dass das Realität wird", sagt sie. Nun scheint es schon fast so weit zu sein, befürchtet Kuhn-Luz angesichts der breiten Mehrheit im Gemeinderat. "Es ist nicht zu erwarten, dass es abgelehnt wird." Was ihr missfällt: Die Brücke würde im sogenannten Bockshof anlegen, der früher sogar mal ein Friedhof gewesen sei und direkt neben der evangelischen Stadtkirche, der Predigerkirche, liege. Wie soll sie da an einem Sonntagmorgen noch ruhig Gottesdienst feiern können, wenn die Besuchermassen von der Brücke strömen, fragt sie sich – zumal die Leute ihrer Erfahrung nach ohnehin immer weniger Respekt vor Gotteshäusern haben. Erst kürzlich sei in der Kirche der Opferstock geklaut worden.

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Auf einer Computergrafik sind die Pläne einer der weltweit längsten Fußgänger-Hängebrücken visualisiert. Das Bauwerk soll in Rottweil (Baden-Württemberg) entstehen und den neuen Testturm für Fahrstühle mit den historischen Gemäuern von Rottweil verbinden. Computergrafik: dpa/Eberhardt Günter

Mehrere Anlieger des Brücken-Anlegeplatzes sind gegen das Bauwerk. Von ihnen geäußerten Forderungen nach einem Bürgerentscheid folgt die Stadt bisher nicht. Stattdessen setzt die Verwaltung ein paar Stufen niedriger an und hat einen Bürgerdialog organisiert. Der Investor, Gegner, Befürworter sollen zu Wort kommen. Fragen der Kritiker, etwa wie Rottweil die Besucherströme verkraften könne, will Broß erstnehmen. Es werde schon geprüft, ob mehr Parkplätze oder ein Parkleitsystem in der Stadt benötigt würden. Die Stadt knüpft aber eine gegenteilige Hoffnung an das Brückenprojekt, das auch den Grünen im Gemeinderat gut gefällt: Die Besucher fahren zunächst zum Turm, parken ihr Auto dort und gehen nach der Besichtigung über die Brücke in die Stadt. Stadtsprecher Tobias Hermann erwartet dadurch eine Verkehrsentlastung in der Stadt. Der Turm werde ein Besuchermagnet, da ist sich Investor Eberhardt aus Hohentengen (Kreis Sigmaringen) sicher, weil Türme die Menschen faszinierten – auch ihn, der für den Turmbau zu Rottweil Stahlteile zur Stabilität geliefert hat. Er sieht es als Notwendigkeit, eine Verbindung vom Turm – "der an sich schon eine sensationelle Sache ist" – zur Stadt herzustellen. Zur Befürchtung, dass Menschenmassen in die Stadt einfallen, gibt er zu bedenken: Die 100.000 Besucher verteilten sich übers Jahr.Nun werde er von manchen als Spinner hingestellt, von anderen als mutig gelobt. "Man muss was riskieren, aber nicht zu viel – wie bei der Brücke: Man muss erstmal den Mut haben, darauf zu gehen", sagt er. Er wolle mit der Brücke sogar eine gesellschaftliche Botschaft verbinden: "Nicht immer nur sagen: Des goht it", sagt er in seinem Dialekt. "Wenn das jemand sagt, wird es für mich interessant."

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