Studie der Hochschule Koblenz

Sanierungsstau auf deutschen Dächern

Mayen (ABZ). – 13 Dörfer und Städte, mehr als 1500 Häuser im Fokus – und ein eindeutiges Ergebnis: Für mehr als ein Drittel aller Wohngebäude in der Stadt wie auf dem Land besteht Handlungsbedarf bei der Dach- und Fassadensanierung. "Auf eines der wichtigsten Bauteile eines Hauses wird häufig am wenigsten geachtet", resümiert Professor Ulof Rückert, der gemeinsam mit angehenden Architekten der Hochschule Koblenz Ortskerne und Siedlungsbereiche in Augenschein nahm. Von insgesamt 1507 begutachteten Häusern am Rhein, an der Mosel und in der Eifel kamen die Studentinnen und Studenten bei ihrer Stichprobe für 771 Gebäude zum Ergebnis "sanierungsfähig", für 161 Immobilien sahen sie sogar akuten Sanierungsbedarf. "Hochgerechnet auf mehr als 15 700 Gebäude in den 13 untersuchten Dörfern und Stadtteilen bedeutet das für die Region: Bei mindestens jedem dritten Haus steht in den nächsten Jahren eine Sanierung an," interpretiert Professor Rückert, Prodekan des Fachbereichs Bauwesen, die Untersuchung. Schwerpunktmäßig wurden Häuser im nördlichen Rheinland-Pfalz zwischen Lahnstein, Neuwied und Prüm begutachtet. Dabei fiel auf: "Obwohl dem Dach eine zentrale Rolle zum Schutz des gesamten Baukörpers zukommt ist das Bewusstsein für eine fachgerechte Instandhaltung wenig ausgeprägt," formuliert es Rückert diplomatisch. Auffällig wie symptomatisch war für die Studierenden: "Viele Dächer sind nur notdürftig repariert, teilweise wurden auch nur Teilflächen saniert." Mit einem Sanierungsstau (Fachjargon: "abgängig") von 42 und 38 % aller Gebäude führten zwei kleinere Gemeinden die Negativliste an. Je nach Eindeckung halten Dächer zwischen 30 und 90 Jahren, das Gros vieler Häuser auf dem Land stammt aus den Jahren zwischen 1900 und 2000. Manche haben längst ihre zweite Dacheindeckung, viele tragen noch Altlasten: Bis Anfang der 90er-Jahre wurden vor allem im so genannten Schiefergürtel (er umfasst weite Teile von Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfallen, Hessen und Thüringen) asbesthaltige Faserzementplatten verwendet, die Schiefer imitieren sollten. Rückert: "Das aus Zement und Asbestfasern gepresste Material galt als unbrennbar, haltbar, war günstig und schnell zu verarbeiten und wurde über Jahrzehnte als Replikat dem ursprünglich in der Region verwendeten natürlichen Baustoff vorgezogen." Heute wird Asbest-Zement als giftig eingestuft – und in manchen Neubaugebieten aus den 60er und 80er-Jahren ächzen teils ganze Straßenzüge unter den Altlasten. "Hier steht vielen Hausbesitzern mittelfristig eine umfassende Sanierung noch bevor", blickt Ulof Rückert, Fachmann für Bauökonomie, Baumanagement und Bauen im Bestand, voraus. Auf 80.000 Gebäude pro Jahr schätzt Rathscheck-Geschäftsleiter Frank Rummel das bundesweite Dach-Sanierungsvolumen, eine hausinterne Studie geht von weit mehr als einer Million notwendigen Dachsanierungen in den bevorstehenden Jahrzehnten aus. Während im Nachbarland Holland die Asbest-Dekontamination – und damit auch der Austausch von belasteten Dachmaterialien – in wenigen Jahren Pflicht wird, dürfen deutsche Hausbesitzer z. Zt. noch frei nach Gesundheitsgewissen entscheiden. Mit zunehmendem Alter kann von Asbestdächern steigende Gefahr ausgehen: Verwittern die Platten, werden sie brüchig, gesägt oder angebohrt, können sich feinste Fasern freisetzen, in die Lunge gelangen und noch nach Jahren Krebs auslösen, so das Landesamt für Umwelt in Bayern. Besonders bei einem Feuer kann es brisant und teuer werden: In der Vergangenheit mussten ganze Stadtteile und Gemeinden nach Bränden von Asbestdächern großräumig gesperrt werden, bis alle Flächen wieder aufwändig gereinigt waren.

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