14. UVMB-Rohstoffkolloquium

Garzweiler Urteil in der Diskussion

SCHÖNEBECK (ABZ). - Auf welche Anforderungen müssen sich die rohstoffgewinnenden Unternehmen im Ergebnis des "Garzweiler Urteils" einstellen? Wie können der Artenschutz und Natura 2000 sowie umweltpolitische Forderungen nach der Einführung einer Rohstoffsteuer die Rahmenbedingungen für die Gesteinsindustrie nachhaltig bestimmen? Wie steht es um die Finanzierung des Straßenbaus in Sachsen-Anhalt? Das waren nur einige Fragen, die Ende Mai zum inzwischen 14. Rohstoffkolloquium diskutiert wurden. Über 70 Vertreter von Unternehmen der Steine- und Erden-Industrie, Verbänden und Kammern, der Berg- und Umweltverwaltungen waren der Einladung des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe (UVMB) e. V. nach Schönebeck/Bad Salzelmen gefolgt.

"Eine intakte Infrastruktur ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland von fundamentaler Bedeutung. Derzeit besteht hier allerdings nach der von der Bundesregierung eingesetzten Bodewig-Kommission eine Investitionslücke von ca. 48 Mrd. Euro. Der Wertverlust, den die Infrastruktur in Deutschland täglich erleidet, liegt bei 12,2 Mio. Euro", verdeutlichte UVMB-Geschäftsführer Bert Vulpius in seiner Einführung die durchaus kritische Lage. Wenn hier die Bundesregierung nicht sofort handele, würde Ende Oktober die 50 Mrd. Grenze überschritten werden. Der Straßenbau auf Landesebene steht vor großen Herausforderungen, so Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde des Landes Sachsen-Anhalt aus Magdeburg. Ein Indiz dafür ist die mangelhafte personelle Ausstattung mit Fachleuten. Dieser Trend sei ihm auch in Gesprächen mit Kollegen aus anderen Bundesländern bestätigt worden. Seitens des Bundes würde derzeit "die absolute Priorität auf der Erhaltung des Straßennetzes" liegen. Neubauten spielten eine untergeordnete Rolle. So seien 2015 für Sachsen-Anhalt 117 Mio. Euro für die Erhaltung vorgesehen und für Neubauten erfolge eine Reduzierung von 47,3 Mio. im Jahr 2014 auf lediglich 20,4 Mio. im Jahr 2015.

Ein besonderes Problem seien immer noch die Schäden, die durch Alkali-Kieselsäure-Reaktionen auf den Bundesautobahnen ausgelöst werden. "Mit 248 Bundesautobahnkilometern sind bei uns etwa 30 % des Gesamtbestandes der Fahrbahndecken aus Beton betroffen. Der Schadensfortschritt ist teilweise sehr schnell und unberechenbar. Die Einflussfaktoren sind dabei so vielfältig, dass keine Vorhersage der Schadensentwicklung möglich ist". Trotzdem halte man an der Betonbauweise fest und suche weiter praktikable Lösungen. Geld sei beim Straßenbau nicht alles, lautet ein Fazit von Langkammer. "Es müssen auch entsprechende Fachleute seitens der Auftraggeber vorhanden sein."

Das "Garzweiler II – Urteil" hat für die Steine- und Erdenindustrie unter Bergrecht Praxisrelevanz, auch wenn sich das Verfahren mit dem Braunkohlenbergbau auseinandersetzte, erläuterte Martin Herrmann, Abteilungsleiter im Sächsischen Oberbergamt Freiberg. Mit dem Urteil aus dem Jahr 2013 wurde zwar einerseits der Rechtsschutz von Bürgern gegen Enteignung und Umsiedlung gestärkt, andererseits aber die Zulassung des Braunkohletagebaus wegen des vorhandenen "Gemeinwohlbelangs der Energieversorgung" verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Geklagt hatten die Umweltschutzorganisation BUND und ein von Umsiedlung betroffener Bürger. So sei es für die Steine- und Erdenindustrie generell schwieriger ein "Allgemeinwohlinteresse an der Rohstoffversorgung" als eines der wichtigsten Kriterien nachzuweisen. "Grundabtretungsentscheidungen für nicht besonders hervorgehobene Rohstoffe sind in der Gesamtabwägung gegenüber Eigentümerinteressen schwerer durchsetzbar", so Herrmann. So empfiehlt der Abteilungsleiter möglichst eine Klärung der Eigentumsverhältnisse weit im Vorfeld von Betriebserweiterungen oder Neuaufschlüssen sowie die Sicherung von Lagerstätten in Raumordnungsplänen möglichst als Vorranggebiet Rohstoffgewinnung.

Rund um die Themen Europa, Artenschutz, Ressourceneffizienz und Rohstoffsteuern erläuterte Christian Haeser, Geschäftsführer des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e. V. (MIRO) aus Köln aktuelle und zukünftige Herausforderungen für die Gesteinsindustrie. So gebe es bspw. seit 2012 ein "REFIT (Regulatory Fitness and Performance) – Programm", in dem derzeit 31 EU-Regelungen besonders aus dem Umweltbereich auf ihre Zweckdienlichkeit untersucht werden. Gegenwärtig werden die FFH- und die EU-Vogelschutz-Richtlinie einem REFIT unterzogen. Anfang 2016 will die EU-Kommission hier Ergebnisse vorlegen. Damit Standpunkte der Industrie hier deutlich werden, ist eine Teilnahme der Unternehmen notwendig. "Wenn wir nicht mitmachen, besteht die Möglichkeit einer weiteren Verschärfung der NATURA-2000-Richtlinien", appellierte Haeser an alle Anwesenden. Auch die bereits 2012 vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) vorgeschlagene Rohstoffsteuer sei immer noch in der Diskussion. Neben der Frage, ob diese Steuer generell überhaupt notwendig sei, kritisiere der MIRO hier die Höhe von 2 Euro/t. "Diese Berechnung ist für uns nicht nachvollziehbar." Letztendlich würde die Rohstoffsteuer keine Lenkungswirkung entfalten und nur das Bauen deutlich verteuern, so Haeser.

Jens Eckhoff von der Güstrower Kies + Mörtel GmbH berichtete in seinem Vortrag über den langen und steinigen Weg zur eigenen Deponie. In dem nun schon sieben Jahre laufenden Genehmigungsverfahren war der Antragsteller permanent Provokationen, Blockaden und Zermürbung ausgesetzt. Eindrucksvoll zeigte er, in welcher Eskalationskaskade sein Unternehmen steckte. Bürgerbewegung, Presse und selbst für den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern war dieses kleine Vorhaben einer DK I Deponie auf einmal ein großes Thema.

"Das Unternehmen darf in diesem ganzen Prozess Desinformationen keinen Vorschub leisten, muss seine Informationshoheit aktiv nutzen, um die Öffentlichkeit fachlich und inhaltlich objektiv zu informieren. Wichtig sei ebenso, dass man als Antragsteller seine Rechtsmittel ausschöpft und von der Genehmigungsbehörde Entscheidungen einfordert", so Eckhoff.

Dr. Sascha Füchsel von der Mitteldeutschen Umwelt- und Entsorgung GmbH stellte die neuen Möglichkeiten des Recyclings von Gipsbaustoffen dar. Bei dieser Abfallart gab es durch die Einschränkungen bei den Verwertungsbedingungen im Jahresvergleich 2010 zu 2012 einem deutlichen Rückgang in der Verwertungsquote von 76 % auf 52 %. Das heißt, Stand 2012 gingen fast 48 % der Gipsabfälle auf die Deponie. Am Standort Großpösna bei Leipzig wurde eine neue Gipsrecyclinganlage errichtet, deren Einzugsgebiet von nördlich Berlin bis südlich von München reicht. Das Verfahren ermöglicht die Rückgewinnung hochwertiger Gipsbaustoffe, jedoch nehme man im Markt eine Verschiebung der Massenströme bei Bauabfällen auf Gipsbasis in Richtung Tschechische Republik wahr, so der Referent.

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