350 Tonnen Profilstahl

Markanter Hubschrauberlandeplatz symbolisiert als "rettende Hand"

Stahlbau
Ansicht der Baustelle während der Arbeiten. Foto: UKA/Müther

AACHEN (ABZ). - Bisher dauert der Weg vom Helikopter bis in die Notaufnahme für die Patienten des Aachener Uniklinikums circa fünf Minuten, da sie vom Helikopter in einen Rettungswagen umgebettet und in die 700 m entfernte Notaufnahme gefahren werden müssen.

Fünf wertvolle Minuten, die oftmals entscheidend sein können. Um den Patienten einen schnelleren Transport in die Notaufnahme zu gewährleisten, baut das Universitätsklinikum Aachen, vertreten durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, Aachen, einen Hubschrauberlandeplatz mit einer Grundfläche von rund 1150 m² und 15 m über Geländeoberkante. Der Transport der Notfallpatienten kann zukünftig innerhalb von einer Minute direkt vom Hubschrauberlandeplatz mit einem Schrägaufzug in die Notaufnahme erfolgen. Dank des überdachten Verbindungssteigs sind das Ärzteteam und die Patienten vor Wind- und Wetter sowie vor dem Start- und Landevorgang des Helikopters geschützt. Die freistehende Landeplattform wird in exponierter Lage direkt auf dem stark frequentierten Klinikumsvorplatz errichtet. Der architektonische Siegerentwurf des Aachener Architektenbüros OX2architekten stellt im Kontrast zum bestehenden Klinikbau die äußere schlanke Form symbolisch als "Rettende Hand" dar. Den schlüsselfertigen Gesamtauftrag erhielt die stahl + verbundbau gmbh (s+v) auch auf Basis diverser Sondervorschläge, insbesondere in den Bereichen Tragwerk und Fassade.

Zwei schräge Stahlstützen tragen die vertikalen Hauptlasten der Plattform. Die Lasten werden aufgrund des unhomogenen Baugrundes über Pfähle in den Baugrund abgeleitet. Eine wichtige Funktion für die Gesamtstabilität und die Verformungsminimierung spielt das aus vier je circa 45 t schweren Betonfertigteilen bestehende Erschließungsbauwerk.

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Stahlbau
Detail der Stahlkonstruktion: die Stützenknoten. Computermodell: s+v

s+v entwickelte ein ausgeklügeltes System zur optimalen Lastableitung bei gleichzeitiger Verformungsminimierung. Mittels Spannelementen gekoppelt bildet dieses Bauteil zusammen mit zwei röhrenförmigen Stahlfachwerkträgern und den Stützen einen Rahmen. Die Steifigkeiten in den Übergangsbereichen (Rahmenecken) sind so gewählt, dass sich ein optimales Kräftegleichgewicht einstellt und die Verformungen aus Verkehrslasten (landende Hubschrauber) so klein wie möglich gehalten werden. Die Plattform selbst besteht aus einer Holorib-Decke. Die Betondecke erfüllt die hohen Anforderungen aus dem luftfahrtrechtlichen Bereich (zum Beispiel Widerstandsfähigkeit gegen Kerosin). Eine hochwertige rissüberbrückende Beschichtung mit rutschhemmender Einstreuung bildet den oberen Abschluss.

Um Zwängungskräfte in der Betonplatte zu vermeiden, wurde auf eine Verbundwirkung mit der Stahlkonstruktion bewusst verzichtet. Die Kopplung zwischen Erschließungsbauwerk und Plattform erfolgte erst nach dem Betonieren der Plattform. Dies erforderte zwar sehr große Überhöhungen der Stahlkonstruktion im Bauzustand, hatte jedoch den Vorteil, dass aus dem Eigengewichtszustand der Konstruktion nur sehr geringe horizontale Rahmenschubkräfte in den Boden abgeleitet werden müssen. Hier ist der vorhandene Baugrund durch Auffüllungen nur sehr bedingt zur Aufnahme von Horizontallasten geeignet.

Nach Montage der beiden auskragenden Stahlstützen erfolgte die Montage der röhrenförmigen Längsfachwerkträger in vier Teilen mit maximalen Hubgewichten von circa 30 t. Die Bauteile wurden am Boden einschließlich der Holorib-Bleche in der Untergurtebene vormontiert und im Doppelhub eingehoben. Da zwei der vier Teile direkt über die stark befahrene Klinikzufahrt ragen, erfolgte die Montage in den Nachtstunden nach Vollsperrung der Straße. Anschließend wurden die Querträger der Plattform und der umlaufende Randträger sukzessive montiert. Insgesamt wurden rund 350 t Profilstahl mit Materialgüten S235 und S355 verbaut.

Aus Termingründen erfolgte die Montage der Fertigteile des Erschließungsbauwerkes parallel zur Stahlkonstruktion. Die beiden oberen Fertigteile wurden kurz nach der Montage der Längsträger aufgelegt. Die gesamt Konstruktion lagerte zu diesem Zeitpunkt teilweise auf vier Rüsttürmen, die nach der Kopplung der Einheiten entlastet wurden. Die hierbei auftretenden Verformungswege entsprachen sehr genau den theoretischen Berechnungen. Für die Fassade wurden von s+v zahlreiche Varianten untersucht. Die dreidimensionale Ausbildung der Gesamtstruktur erforderte eine koordinierte Planung der einzelnen Fassadenteile und der Unterkonstruktion aus Stahl und Beton.

Stahlbau
Die Tragkonstruktion aus Stahl verschwindet vollständig unter einer formgebenden Membranfassade. Das Erschließungsbauwerk ist in eine mehrfarbige geschuppte Blechfassade gekleidet. Computergrafik: OX2architekten

Es galt dabei, die insgesamt vier Modellbereiche der verschiedenen technischen Planer regelmäßig auf ihre Verträglichkeit untereinander und auch auf ihr Gesamtbild zu prüfen und dann in Absprache mit der Bauherrenseite Anpassungen vorzunehmen. Die komplette Stahlkonstruktion verschwindet im Endzustand unter einer Membranhülle aus einem PTFE-verstärkten Faserwerkstoff. Aufgrund der relativ exakten Formvorgaben und zum Teil wechselnder Krümmungen konnte der ursprüngliche Gedanke nach einer homogenen "reinen" Membranform nicht umgesetzt werden. Die Membran besteht daher je Stützenfuß aus fünf Membranfeldern. Deren Ränder sind über Kederschienen an einer zusätzlichen Stahlkonstruktion aus Rohren befestigt. Der Zuschnitt der Membran erfolgt nach einem örtlichen Aufmass nach Montage der Sekundärkonstruktion.

Das Erschließungsbauwerk erhält im sichtbaren Bereich eine vierfarbige Blechfassade aus dreieckigen Alu-Verbundplatten. Jede der circa 240 Platten wird im Siebdruckverfahren einzeln beschichtet. Die sich überlappenden Tafeln sind geschuppt angeordnet und bilden darum keine wetterfeste Einhausung. Diese wird durch eine zweite darunterliegende Blechschale aus Trapezblechen gebildet. Die hohen optischen Anforderungen erfordern auch hier ein Höchstmass an Genauigkeit und Verarbeitungsqualität.

Die Plattform und das Erschließungsbauwerk stehen bereits. Momentan laufen noch die Ausbauarbeiten sowie Blechfassade und Membranfassade. Im April 2011 soll die Plattform fertig gestellt werden.

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