Alles dicht in Wilhelmshaven

Druckrohrleitung aus GFK-Wickelrohren DN 1200 erstellt

Rohre Rohr- und Leitungsbau
Die GFK-Rohre DN 1200 wurden in Tiefen von 2,5 bis 5,50 m eingebaut. Im Bereich mit Grabenverbau setzte man Rohre mit einer Nennsteifigkeit von SN 10.000 ein. Aufgrund des geringen Metergewichtes war das Handling auf der Baustelle relativ einfach. Foto: Amitech

WILHELMSHAVEN (ABZ). - Die zunehmende Intensität von Starkregenereignissen stellt viele Städte und Kommunen und ihre Entwässerungsbetriebe vor große Herausforderungen. Die Stadt Wilhelmshaven bildet hier keine Ausnahme. Mitte März 2011 beschloss der Rat den Baueiner AbwasserdruckleitungDN 1200 (PN 6) vom Pumpwerk Süd zur Zentralkläranlage (ZKA).

Damit können in Zukunft bei Starkregenereignissen rund 7000 m³/Std. aus dem südlichen Kernstadtbereich abtransportiert werden. Die neue Abwasserdruckleitung wird einerseits die Mischwassereinleitung in den Banter Siel reduzieren und andererseits die Abwasserentsorgung im südlichen Kernstadtbereich sichern.

Mit der Planung und Bauleitung beauftragten die zuständigen Technischen Betriebe Wilhelmshaven (TBW), Eigenbetrieb der Stadt Wilhelmshaven, die Planungs-ARGE Dr. Born-Dr. Ermel GmbH/p2m berlin GmbH. Für die Bauausführung zeichnete die Arbeitsgemeinschaft ADL Wilhelmshaven verantwortlich, an der die Ludwig Freytag GmbH u. Co. KG (technische Federführung), die Strabag AG sowie die Georg Koch GmbH beteiligt waren.

Aufgrund von technischen Vorzügen wie den hervorragenden hydraulischen Eigenschaften oder der statischen Belastbarkeit, aber auch aufgrund der Flexibilität des Werkstoffes und wirtschaftlicher Aspekte entschieden sich die TBW beim Bau der neuen Druckrohrleitung für den Einsatz von Flow-tite GFK-Wickelrohren der Amitech Germany GmbH.

Bei der Baumaßnahme handelte es sich in Wilhelmshaven um die größte Tiefbaumaßnahme im Abwasserbereich der letzten Jahrzehnte. Eine 5,7 km lange Druckrohrleitung DN 1200 mit einer Förderleistung von bis zu 7000 m³/Std. wurde in einer Tiefenlage von 2,50 bis teilweise 5,50 m unter dem Gelände verlegt. Dazu war ein Bodenaushub von rund 50.000 m³ erforderlich.

Die Kosten der Gesamtmaßnahme einschließlich Pumpwerksumbau, Planungsleistungen usw. waren mit 13 Mio. Euro veranschlagt. Der optimale Trassenverlauf der neuen Abwasserdruckleitung war unter Berücksichtigung ökologischer, volkswirtschaftlicher und wirtschaftlicher Aspekte ermittelt worden. Die Planungs-ARGE Dr. Born-Dr. Ermel GmbH/p2m berlin GmbH arbeitete hierzu vier optionale Trassen aus, die einer eingehenden Bewertung unterzogen wurden.

Während die Trasse bei der Variante 1 und 2 durch die Stadt verlief, wurde bei Variante 3 nur ein Teil der Trasse durch die Stadt geführt (1,3 km) und der überwiegende Teil (4,2 km) außerhalb im Bereich des Friesendammes. In Variante 4 wurde der Stadtbereich vollständig gemieden.

Die Planung sah hier zunächst die Verlegung im Hafen und die Weiterführung bis zur ZKA entlang des Friesendammes vor. Die Kosten-Nutzen-Analyse führte zu einem klaren Ergebnis: Die Varianten 1 und 2 lagen bei der Bewertung in etwa gleich auf. Variante 4 erhielt die schlechteste Bewertung und als eindeutiger Favorit ging Variante 3 hervor.

Dem Ergebnis lag eine Gewichtung nach Investitionskosten (50 %) und Nicht-moni-tären Zielen (50 %) zugrunde. Zu den Nicht-monitären Zielen zählten u. a. "Ökologische Auswirkungen", "unmittelbare Einschränkung für Anwohner", "Zugänglichkeit für Wartung und Reparatur", "Risiken für vorhandene Bausubstanz" oder "Synergie Straßensanierung".

Für die Planung von Abwasserdruckleitungen sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Dazu gehört unter anderem der Einfluss des zu transportierenden Mediums auf den Rohrwerkstoff. So kann es infolge von anaeroben Verhältnissen beim Transport von Abwasser zu biogener Schwefelwasserstoffkorrosion kommen.

Bei der Wahl des Rohrwerkstoffes ist dies zu berücksichtigen. Weitere Faktoren sind hydraulische Eigenschaften, statische Belastbarkeit und nicht zuletzt die Handhabbarkeit beim Einbau auf der Baustelle.

"Die Korrosionsbeständigkeit, die hohe Nennsteifigkeit und die glatte Rohrinnenwand mit daraus folgenden sehr guten hydraulischen Eigenschaften sind einige der Vorteile unseres Flowtite GFK-Rohrsystems", erläutert Thomas Wede, Gebietsleiter der Amitech Germany GmbH. "Dazu kommt das leichte Handling der Rohre beim Einbau aufgrund des geringen Metergewichtes. So sind auch große Nenndurchmesser noch mit einfachen Hebemaschi-nen zu bewegen. Zudem können wir die Baulänge der Rohre den Baustellengegebenheiten optimal anpassen. Das gewickelte Rohr wird in Baulängen zwischen 3 und 12 m gefertigt und just-in-time zur Baustelle geliefert. "Dank dieser Vorteile sind mit unserem variablen Rohrsystem hohe Verlegeleistungen auf der Baustelle realisierbar", so Wede weiter. Für die 5,7 km lange Abwasserdruckleitung wurden Rohre mit zwei unterschiedlichen Nennsteifigkeitsgrößen eingebaut. In Bereich mit Grabenverbau wurde SN 10.000 eingesetzt und in geböschten Graben SN 5000. Eine Eigenschaft des Werkstoffes GFK ist die Flexibilität des Materials bei statischer Belastung trotz der hohen Nennsteifigkeit. Bei der Fertigung der Rohre wurde der Schichtaufbau so optimiert, dass innere und äußere Belastungen gleichermaßen gut abgeleitet werden können. Ein entscheidender Aspekt bei der Auswahl eines Rohrsystems ist die Verbindungstechnik. Sie muss dauerhaft dicht sein, auftretende Kräfte aufnehmen können und schnell sowie möglichst einfach installierbar sein.

"Beim Flowtite-Rohrsystem kommt eine doppelgelenkige Kupplung zum Einsatz, die über die muffenlosen Rohrenden geschoben wird. Der Grundkörper der Kupplung besteht aus GFK. Bei nichtlängskraftschlüssigen Verbindungen erfolgt die Abdichtung über zwei Elastomer-Dichtungen. Muss die Verbindung längskraftschlüssig sein, wird eine spezielle Kupplung verwendet, die mit zusätzlichen Nuten ausgestattet ist. Ein Scherstab, der in die Kupplung eingeführt wird, nimmt die auftretenden Zugkräfte auf. Im GFK-Grundkörper der Kupplung sind hierfür entsprechende Nuten vorgesehen", beschreibt Dr. René Thiele, Produktmanager der Amitech Germany GmbH, die Verbindungstechnik.

Beide Kupplungsvarianten kamen in Wilhelmshaven zum Einsatz. Die längskraftschlüssige Variante wurde jeweils vor und hinter Bögen eingebaut, um die auftretenden Reaktionskräfte aufnehmen zu können. Hinzu kommt: Bei Abwasserdruckleitungen sind an entsprechenden Hoch- bzw. Tiefpunkten Entleerungs- und Entlüftungsmöglichkeiten vorzusehen. Hierzu wurden an den vorgesehenen Rohrstücken direkt im Werk Flanschanschlüsse anlaminiert, so dass auf der Baustelle lediglich das eingeplante Ventil angeflanscht werden muss. Die Möglichkeit der Vorkonfektionierung ist ein weiterer Vorteil des Flowtite-Systems, der auf der Baustelle viel Zeit einsparen kann.

Das eng gesteckte Zeitfenster von einem Jahr Bauzeit, aber auch der z. T. schwierige Untergrund mit stark bindigen Kleiböden bis 5 m, wasserführenden Wattschichten und teilweise kontaminierten Bereichen war für die bauausführenden Unternehmen keine leichte Aufgabe. "Die TBW legte darüber hinaus großen Wert auf die Erhaltung des Baumbestandes. Somit war die ökologische Baubegleitung mit Baumfachleuten bei dieser Maßnahme ein besonderes Anliegen. Zum bestmöglichen Schutz des Baumbestandes wurde die Linienführung gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt", ergänzt Projektleiter Michael Mannott von der Ludwig Freytag GmbH u. Co. KG die an die ARGE gestellten Anforderungen.

Um das gesteckte Ziel zu erreichen, wurde an vier Haltungen gleichzeitig gebaut. Zur Verbindung der einzelnen Haltungen wurden Passstücke eingesetzt und vor Ort laminiert. "Die Erfahrung zeigte, dass es immer wieder zu leichten Planabweichungen kam, die ein schnelles Handeln erforderten", erzählt Bauleiter Hendrik Tap-horn, Ludwig Freytag GmbH u. Co. KG.

"Bei veränderten Einbauabläufen hat Amitech immer sofort reagiert und mit einer zügigen und unkomplizierten Auftragsabwicklung und Organisation dazu beigetragen, dass der Bauablauf nicht unnötig verzögert wurde. Aktiv unterstützt wurde die Koordination dabei durch Frank Dirks von der Luths & Co. GmbH. Die gute Partnerschaft zwischen den Baupartnern, vom Ingenieurbüro bis zum Rohrhersteller, ist nach Meinung der Beteiligten ein wesentlicher Grund für den erfolgreichen Verlauf der Baumaßnahme. "Und das trotz der nicht immer einfachen Randbedingungen", betont Taphorn.

Insgesamt wurden drei Kanalbaukolonnen mit je sechs Mann, zwei Baggern und Radladern an der Baumaßnahme in Wilhelmshaven eingesetzt. In kontaminierten Bereichen wurde in Schutzkleidung gearbeitet und Teile des Bodens ausgekoffert und entsorgt. An einigen Stellen der Strecke wurden Schachtbauwerke in Ortbetonbauweise ausgeführt und Schieber oder Ventile zur Entlüftung installiert.

Im Durchschnitt wurden bisher rund24 m Rohr pro Tag verlegt. Dank der detaillierten Planung und der sehr gut abgestimmten Abläufe und der Flexibilität der Baupartner konnten die Tiefbauarbeiten Anfang des Jahres wie geplant abgeschlossen werden – hierin sind sich die Beteiligten einig. Äußerst zufriedenstellend verlief auch die abschließende Druckprüfung, bei der sich die komplette Leitung im ersten Anlauf als dicht erwies.

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