Aufgeblasene Säule

Stab im Innerenträgt die Stützenlast

Baustoffe
Nicht nur ein "Hingucker": Die Hybridstütze "Perfecto" ist laut Entwickler mehr als ein reines Designelement. Ein Modell mit 3 m Länge hat eine Traglast von 1000 kN. Foto: KIT Stahl- und Leichtbau

Karlsruhe/Stuttgart (ABZ). – Man nehme zwei deckungsgleich zugeschnittene dünne Edelstahlbleche, schweiße sie am umlaufenden Rand zusammen und blase sie mit Wasser auf – so entsteht die Formder Hybridstütze "Perfecto". Wissenschaftler des KIT Stahl- und Leichtbau am Karlsruher Institut für Technologie haben laut eigenen Angaben mit numerischen Simulationen die "perfekte Ausgangsblechform" ermittelt, sodass beim Aufpumpen der zusammengeschweißten Bleche keine Falten und Beulen entstehen. Ohne teure Formwerkzeuge könne man so Bauteile bis zu einer Länge von 16 m herstellen, so die Wissenschaftler. Zum Einsatz kommt der so entstandene Edelstahlkörper bei der Hybridstütze "Perfecto", die nicht nur optisch beeindrucken könne, sondern auch mit einem Minimum an Material jede Menge tragen könne, so die Experten. Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im April 2019. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.

Was haben ein Eiswürfelbeutel aus Kunststofffolie und die Hybridstütze "Perfecto" gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel – doch wenn man beide mit Wasser füllt, erhalten sie ihre kissenartige Form. "Es hat tatsächlich vor ein paar Jahren mit einem Eiswürfelbeutel angefangen. Beim Betrachten eines solchen habe ich mich gefragt, ob man nicht auch zwei an den Rändern verbundene Bleche aufblasen kann", erklärt Professor Thomas Ummenhofer die Idee hinter dem Projekt. Die Krux an der Sache: Die Bleche müssen wirklich die perfekte Form haben – sonst werfen sie beim Umformen mit Wasser unschöne Falten. Und auch die Schweißnaht müsse hochwertig sein, sonst begünstige ein starker Schweißverzug die Faltenbildung oder es komme zu einem frühzeitigen Platzen während des Aufblasens.

"Wir haben uns dann mit numerischen Simulationen an die optimale Ausgangsform herangetastet", sagt Ummenhofer. Nicht umsonst trage das Projekt den Namen "Perfecto" – denn den Karlsruhern ist es laut eigenen Angaben gelungen, die "perfekte" Form für die Bleche zu finden, die sich dann faltenfrei aufblasen lässt. "Wir sind in der Lage die Stütze in individuellen Längen und Durchmessern je nach Wunsch auf den Zentimeter genau und reproduzierbar herzustellen", sagt Ummenhofer stolz. Aber könnte man so eine zweifach gekrümmte Edelstahlschale nicht auch anders herstellen? "Ja, man könnte diese Formen theoretisch auch durch Tiefziehen herstellen, aber für ein so großes Bauteil wie eine 16 m lange Stütze bräuchte man dann ein extrem teures Formwerkzeug", sagt Ummenhofer. Wenn man um den Edelstahlkorpus der Stütze herumlaufe, fasziniere dessen außergewöhnliche Form und die spiegelnde Optik. Daher sahen die Karlsruher Wissenschaftler vor allem in der Architektur eine Anwendung für die Edelstahlform: Entstanden ist die Hybridstütze "Perfecto".

Hybrid deshalb, weil zum einen die "aufgeblasenen" Bleche die schmucke Außenhaut bilden und sich zum anderen im Inneren ein Stab aus hochfestem Stahl befindet, der die beiden Stützenenden geradlinig verbindet. Der Raum zwischen Hülle und Stab ist mit selbstverdichtendem Beton verfüllt. "Die äußere Form kommt der Idealform aus statischer Sicht sehr nahe und wir können die gleichen Lasten mit einem geringeren Materialaufwand als bei konventionellen Stützen abtragen. Mit einem Minimum an Material realisieren wir ein Maximum an Funktion und Tragfähigkeit", sagt Ummenhofer. Die Stütze sehe also nicht nur gut aus, sondern sie könne auch höchste Lasten abtragen. "Das macht die Stütze zu einem optimalen Bauelement und eben nicht nur zu einem Designelement", so Ummenhofer. Als nächsten Entwicklungsschritt muss die Stütze noch Feuerwiderstandsuntersuchungen durchlaufen. "Aufgrund der hohen Materialkosten für Edelstahl existieren weltweit nur vereinzelt Stabtragwerkwerke aus Edelstahl. Wir schätzen daher die Marktchancen für die Hybridstütze, die durch die dünne Hülle ein Minimum an Edelstahl benötigt, gut ein, da durch sie der Bau von Stabtragwerkskonstruktionen aus Edelstahl ressourceneffizient ermöglicht wird", sagt Ummenhofer.

Die "Hybridstütze erfecto " wurde erstmals auf der BAU München im Januar 2019 am Gemeinschaftsstand der "Informationsstelle Edelstahl rostfrei" vorgestellt. Am 10. Juli 2019 wird sie auch beim Innovationstag Neuland am KIT zu sehen sein. Die Messe "The Big 5" in Dubai gilt als die wichtigste und größte Messe des Bausektors des arabischen Raums. Dort wird die Hybridstütze im November 2019 in einer sechs Meter langen Variante am Gemeinschaftsstand des Landes Baden-Württemberg ausgestellt sein. Das KIT hat die Hybridstütze "Perfecto" im Rahmen eines ZIM-Kooperationsprojektes zusammen mit der Seyfried Metallbau GmbH aus Calw bis zum serienreifen Prototyp entwickelt.

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