Auswirkungen der Corona-Krise

Wohnungsmarkt vor tiefgreifenden Veränderungen

Corona Aktuell Wohnungsbau
Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e.V., erörtert, welche Auswirkungen die Pandemie auf den deutschen Wohnungsmarkt hat und langfristig haben könnte. Foto: DGfM

Berlin (ABZ). - Während die Automobil- und Luftfahrtbranche bereits seit Wochen stillstehen, spürt der Wohnungsbau erst seit kurzem die Auswirkungen der Corona-Krise. Noch ist die Bauwirtschaft im Vergleich nur gering betroffen. Sowohl beim Pestel Institut Hannover als auch bei der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) ist man jedoch sicher, dass die Corona-Krise den Wohnungsmarkt tiefgreifend verändern wird. Die Auswirkungen des Shutdown werden dabei Baufirmen, Mieter, Vermieter und Investoren gleichermaßen treffen, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Forschungsinstituts und des Verbandes.

Auch die Baubranche ist keineswegs resistent gegen das Coronavirus, erklärt Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der DGfM. Zwar profitiere der Bau noch von Auftragsüberhängen aus dem vergangenen Jahr. Die Schließung der innereuropäischen Grenzen verschärfe jedoch den Fachkräftemangel. Laut Rast könnte das ab dem zweiten Quartal 2020 zu einem spürbaren Rückgang der Bautätigkeit führen, wenn politisch nicht kurzfristig gegengesteuert werde. „Hinzu kommen Lieferengpässe, die bisher vor allem Baumaterialien aus europäischen Nachbarländern betreffen“, so Rast. „Wer alles nur just in time ohne Reserven oder Ausweichmöglichkeiten geplant hat, steht dann schnell vor großen Problemen.“

Matthias Günther, Vorstand des Pestel Instituts Hannover, kann ebenfalls keine Entwarnung geben. Die Krise werde zeitverzögert auch den Wohnungsbau erfassen, so der Experte, und dort zunächst das hochpreisige Segment betreffen. Probleme sieht er vor allem dort, wo einst gut abgesicherte Arbeitnehmer plötzlich auf Kurzarbeitergeld ohne Aufstockung durch den Arbeitgeber angewiesen sind. Der Anteil der Miete oder von Tilgungsraten am Nettoeinkommen könne dann schnell auf 40 bis 60 Prozent steigen. „Das kann dazu führen, dass die Zahl der Zwangsversteigerungen steigt“, warnt Günther und empfiehlt einen Sicherungsfonds, wie es in den Niederlanden gibt. Dabei zahlen Bauherren weniger als 1 Prozent der Bausumme ein. Können sie Kredite nicht mehr bedienen, springt der Fonds ein und arbeitet mit dem Schuldner eine Umschuldung aus.

Auch in den Bauämtern komme es derzeit zu Verzögerungen. Die Bearbeitung von Bauanträgen aus dem Homeoffice heraus habe sich erheblich verlängert, sagt Rast. Auch die notwendige Begleitung laufender öffentlicher Baumaßnahmen leide darunter. Dabei sei die Arbeit in den Ämtern genauso systemrelevant wie die Tätigkeit vom Ärzten, Busfahrern oder Mitarbeitern von Supermarkt-Ketten, erklärt er. „Insbesondere der Zeitverzug bei Planungs- und Genehmigungsarbeiten wird eine Langzeitwirkung auf die zukünftigen Bauprozesse haben.“

Mietstundungen, wie sie jetzt zum Tragen kommen, träfen vor allem Privatpersonen, die laut Günther 66 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bereitstellen. „Viele kleine Vermieter werden ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber Banken, Handwerkern und Energieversorgern nicht mehr erfüllen können, sollte die mögliche Mietstundung über einen längeren Zeitraum genutzt werden“, so Günther. „Auch Seniorenhaushalte, deren Alterseinkommen vor allem auf Mieteinnahmen basiert, können schnell in finanzielle Probleme geraten.“ Auch für Vermieter hält er einen Sicherheitsfond zur Überbrückung der finanziellen Lücke deshalb für angebracht.

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Matthias Günther, Vorstand des Pestel Instituts Hannover, befürchtet zeitversetzt eine Krise im Wohnungsbau. Foto: Pestel Institut Hannover

Laut Rast werde in Folge der Krise auch der Bedarf an Sozialwohnungen steigen. Um diesen zu decken, müsse die Zahl der Sozialwohnungen, die aktuell nur noch bei 1,2 Millionen liegt, wieder deutlich ansteigen. „Wir als Mauerwerksindustrie können und wollen die Politik mit passgenauen und kostengünstigen Lösungen bei der schnellen Schaffung bezahlbaren Wohnraums unterstützen.“

Auch Investoren und Projektentwickler werden die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen, ist sich Günther sicher. Bedroht seien vor allem die noch nicht verkauften Projekte für die kommenden Jahre. Wenn die Nachfrage der privaten Haushalte wegbreche, könnten die bislang kalkulierten Verkaufs- oder Mietpreise am Markt nicht mehr realisiert werden.

Sowohl Rast als auch Günther plädieren für einen verantwortlichen Umgang mit der aktuellen Situation. Dazu gehöre auch, die wirtschaftlichen und die gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht gegeneinander auszuspielen, so Rast. Mit dem schnell und großflächig aufgespannten Rettungsschirm habe die Bundesregierung den Bürgern signalisiert, dass niemand im Regen stehen gelassen werde. Dennoch befürchtet Rast einen nachhaltigen Effekt auf die Investitionsbereitschaft im Land. „Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass jetzt von vielen die nächste Urlaubsreise, das neue Auto oder der geplante Bau eines Einfamilienhauses überdacht, verschoben, im ungünstigsten Fall sogar komplett gestrichen werden.

Auch Günther mag keine Empfehlungen für eine Lockerung oder Verschärfung der geltenden Einschränkungen geben: „Da es sich um eine Krise handelt, für die es kein historisches Vorbild gibt, muss man sich vorsichtig und verantwortungsvoll schrittweise wieder der Normalität annähern.“ Er warnt jedoch vor einem zu vorsichtigen Handeln. Dabei bestehe die Gefahr, „dass die wirtschaftlichen Einbußen auch gravierende gesundheitliche Konsequenzen haben, denn die Finanzierung des Gesundheits- und Sozialsystems basiert natürlich auf einer funktionierenden und effizient arbeitenden Wirtschaft.“

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