Auswirkungen der Corona-Pandemie

Ausbildungszentren verstärken Onlineangebote

von: Julia Gräßler
Coronavirus Ausbildung und Beruf
Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes NRW, beantwortete gemeinsam mit ihren Kollegen aus weiteren Bundesländern Fragen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die überbetriebliche Ausbildung in der Bauindustrie. Herbert Dechant (u.l.), Leiter des BauindustrieZentrums Nürnberg-Wetzendorf und Mitglied im Berufsbildungsausschuss des Bayerischen Bauindustrieverbands, sowie Dirk Siegel (u.r.), Geschäftsführer der Bildungsakademie der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Foto: Bauindustrieverband NRW

Hannover (ABZ). – Viele Baustellen in Deutschland laufen auch in der Corona-Krise weitestgehend normal weiter. Der Ausbildungsbetrieb hingegen ist aufgrund geschlossener Bildungseinrichtungen größtenteils stillgelegt. Welche Folgen hat das? Die ABZ hat nachgefragt.Um einen Überblick darüber zu gewinnen, wie sich die Corona-Pandemie auf das überbetriebliche Ausbildungssystem in der Bauindustrie auswirkt, hat die Allgemeine Bauzeitung Ausbildungszentren und Verbandsvertreter in ganz Deutschland um deren Einschätzung gebeten. Zentrumsleitungen sowie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von Einrichtungen aus Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen (NRW), Bayern und Mecklenburg-Vorpommern haben geantwortet.Sowohl Dirk Siegel, Geschäftsführer der Bildungsakademie der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, als auch Herbert Dechant vom Bayerischen Bauindustrieverband, sowie Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbands NRW, und Bernd Rackow, Geschäftsführer des Ausbildungszentrums der Bauwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern (abc Bau), beantworten die Frage, was die Pandemie für die jeweiligen Ausbildungszentren bedeutet, einstimmig. Da derzeit keine schulischen oder außerschulischen Bildungseinrichtungen betrieben werden dürfen, müssen alle Zentren geschlossen bleiben. Es finden weder Lehrveranstaltungen noch sonstige Zusammenkünfte statt. Die Ausbildung von Nachwuchskräften in der Bauwirtschaft liegt damit vorerst auf Eis.

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Über die aktuelle Situation der Ausbildungszentren äußerten sich neben ihr Bernd Rackow, Geschäftsführer des abc Bau Ausbildungscentrums der Bauwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern; ... Foto: abc Bau Mecklenburg-Vorpommern

Für die überbetrieblichen Ausbildungszentren der Bauwirtschaft ist das besonders bitter. Sie finanzieren sich nahezu ausschließlich aus einer Umlage der Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau). Wird nicht ausgebildet, werden auch keine Umsätze mehr erwirtschaftet. Das bringt das Ausbildungssystem als Ganzes in Gefahr.Nach den Folgen der derzeitigen Stilllegungsmaßnahmen für den Schulbetrieb und der Bedeutung für den weiteren Verlauf des Ausbildungsjahres gefragt, sind sich die Befragten ebenfalls einig. Sie versuchen, ausfallende Kurse bestmöglich nachzuholen beziehungsweise in Online-Angebote zu verwandeln. Ziel sei es, vermehrt Webinare anzubieten, damit Auszubildende weiterhin geschult werden können. Dirk Siegel weist aber darauf hin, dass Webinare sich im kaufmännischen oder technischen Bereich besser umsetzen ließen als im gewerblichen Bereich. Handwerkliche Arbeitsvorgänge oder die Bedienung komplexer Baumaschinen können nur bedingt am Bildschirm vermittelt werden.Alle befragten Ausbildungszentren stehen eigenen Angaben zufolge im engen Austausch und in gutem Kontakt mit den jeweiligen Unternehmen, deren Nachwuchskräfte sie ausbilden. Dieser Kontakt habe sich durch die Ausbreitung des Coronavirus sogar intensiviert – alle Beteiligten versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und praktikable Lösungen zu entwickeln.

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... Herbert Dechant Leiter des BauindustrieZentrums Nürnberg-Wetzendorf und Mitglied im Berufsbildungsausschuss des Bayerischen Bauindustrieverbands, ..... Foto: Schwaiger/Bayerischer Bauindustrieverband

Nichtsdestotrotz werde vieles davon abhängen, wann der reguläre Schulungsbetrieb wieder aufgenommen werden könne – so auch die Durchführung der Abschlussprüfungen. Die Befragten gehen nach derzeit vorliegenden Informationen (Stand: 15. April) davon aus, dass die theoretischen Prüfungen vom 23. bis 25. Juni stattfinden werden, die praktischen voraussichtlich im Juli oder August. Bis dahin werde man in allen Bundesländern versuchen, ausgefallene Zeiten nachzuholen. Man stehe im stetigen Kontakt mit den entsprechenden Kammern.Auf die Frage, ob der derzeitige Schulausfall irgendwie aufgefangen werde und ob es für die Auszubildenden so etwas wie "Hausaufgaben" gäbe, verwiesen die Zentren auf die zuletzt stark ausgebauten digitalen Schulungsangebote. "Digitale Medien kommen jetzt verstärkt zum Einsatz, wir werden in den nächsten Tagen auch überbetriebliche Unterweisungen über das Internet anbieten", teilt Siegel mit. Prof. Wiemann ergänzt, dass in den letzten Jahren die "Learning Toolbox" entwickelt wurde. Lehrlinge seien durch diese Anwendung mit ihren Ausbildern vernetzt, sodass die Ausbildung zumindest in manchen Bereichen fortgeführt werden könne.Alle Befragten waren sich jedoch einig, dass eine digital verfügbare Lernplattform oder Webinare kein vollständiger Ersatz für den regulären Schulbetrieb sein können. Herbert Dechant aus Bayern wies darauf hin, dass die überbetrieblichen Ausbildungszentren im gewerblichen Bereich nur für die praktische Ausbildung zuständig und an die Firmen angegliedert sind. Die theoretische Ausbildung finde in den Berufsschulen statt. Daher könne man in Bayern derzeit keine kompensierenden Maßnahmen durchführen.

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... sowie Dirk Siegel, Geschäftsführer der Bildungsakademie der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Foto: Bauwirtschaft Baden-Württemberg

Um herauszufinden, wie die Ausbildungsstätten der jeweiligen Länder mit der Corona-Pandemie umgehen, war es der ABZ außerdem ein Anliegen zu erfahren, wie sich die Ausbreitung des Virus auf die wirtschaftliche Situation der Zentren auswirkt und inwieweit beschlossene Staatshilfen bei den Institutionen greifen. Auch in diesem Punkt waren sich die Befragten der Länder einig. Sie begrüßen die bisher getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung zur Stützung der Wirtschaft ausdrücklich. "Derzeit fallen wir als gemeinnützige Bildungseinrichtung aber noch durch das Raster der auf den Weg gebrachten Liquiditätssicherungsmaßnahmen", sagt Prof. Wiemann vom Bauindustrieverband NRW. "Wir sind aber gemeinsam mit unseren Partnern aus der Baubranche im Dialog mit der Politik", ergänzt Herbert Dechant. "Im Großen und Ganzen sind wir guter Hoffnung, dass auch wir liquiditätsunterstützende Zuwendungen erhalten werden", so Bernd Rackow vom abc Bau Mecklenburg-Vorpommern. Das sei nach Meinung der Befragten besonders wichtig, weil die Ausbildungskapazitäten dringend benötigt werden: Die überbetrieblichen Ausbildungszentren sind im Rahmen der Stufenausbildungsverordnung eine feste Größe. Sie würden eine gute Qualität in der Ausbildung sichern und seien daher dringend auf gut ausgebildete Fachkräfte und Berufsnachwuchs angewiesen. Bundesregierung und Länder hätten die Einrichtungen in der Vergangenheit immer bei Investitionsvorhaben unterstützt. Deshalb seien alle Befragten guten Mutes, dass auch dieses Mal wieder mit Unterstützung gerechnet werden könne. Prof. Wiemann zufolge sei es auch fatal, wenn man nach Überwindung der Corona-Krise bei Volumen und Qualität der Berufsausbildung nicht dort wieder anknüpfen könnte, wo man vorher bereits gewesen ist.

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