Bahnsteigsanierung

Bauunternehmen setzt auf Textilbeton-Elemente

Betonbau und Stahlbetonbau
Erlangen: Das komplette Plattensystem wurde im Werk inklusive der gewünschten Oberflächengestaltung vorgefertigt und "just-in-time" zur Baustelle geliefert. Foto: Hering Bau

ERKRATH (ABZ). - In der Bundesrepublik Deutschland gibt es derzeit rund 5400 Bahnhöfe. Nachdem in den letzten Jahren zunächst vor allem die zentralen Bahnhöfe in den Großstädten teils umfangreich modernisiert worden sind, investiert die Deutsche Bahn mittlerweile auch verstärkt in die Sanierung der kleineren und mittleren Bahnhöfe und Haltepunkte.

Aus gutem Grund: Viele der Stationen entsprechen sowohl baulich als auch in puncto Komforts nicht mehr den heutigen Anforderungen. Ein bedeutender Schwerpunkt der Investitionen liegt im Bereich der Bahnsteige – insbesondere auch hinsichtlich der Barrierefreiheit. Für die vielerorts erforderliche Sanierung der Bahnsteig-Oberflächen oder auch die nachträgliche Aufhöhung zur Optimierung des Einstiegsniveaus hat das Burbacher Unternehmen Hering Bau ein modular einsetzbares System diesmal aus Textilbeton entwickelt.

Die Idee zum Einsatz von Textilbeton- Elementen für die Bahnsteigsanierung ist bei Hering Bau fast zwangsläufig entstanden. Bereits 1997 hatte das Unternehmen mit ein Bahnsteigsystem aus Betonfertigteilen auf den Markt gebracht, das mittlerweile bei zahlreichen Projekten im In- und Ausland mit Erfolg verwendet worden ist. Bodo Beul, Vertriebsmitarbeiter bei Hering Bau, erklärt: "Das Fertigteil- System modula, einsetzbar als Außen- oder Mittelbahnsteig, bedeutete unseren erfolgreichen Einstieg in den System-Bahnsteigbau. Im Laufe der Jahre haben wir das System immer wieder erweitert und an die aktuellen Anforderungen angepasst. Aus unserer Erfahrung bei der Planung und Realisierung von Bahnsteigerneuerungen und -Sanierungen ist schließlich der Typ modula flex entstanden."

Das aus textilbewehrten Flachplatten bestehende System ermöglicht die Sanierung von Bahnsteigoberflächen oder auch die Anpassung des Einstiegsniveaus zur Erreichung eines diskriminierungsfreien Zugangs zum Zug. Dies entspricht unter anderem der Forderung einer bereits Ende 2009 in Kraft getretenen EU- Verordnung – es besteht also Handlungsbedarf. Bodo Beul: "Barrierefreiheit ist erst dann gewährleistet, wenn die Bahnsteighöhe auf die Wagenbodenhöhe abgestimmt ist und fahrzeugseitige Vorrichtungen die Spalte zwischen Bahnsteig und Fahrzeug auf ein Minimalmaß schließen. Um dies zu erreichen, müssen bestehende Bahnsteige vermehrt angepasst werden. Unser System bietet hierzu die ideale Lösung ohne dabei die Kosten zu sprengen, da – sofern der alte Bahnsteig noch tragfähig ist – kein Rückbau notwendig ist." Für das neue Bahnsteig- Platten-System werden extrem schlanke, lediglich 8 cm dünne Elemente aus Textilbeton verwendet. Dieser bietet den Vorteil, dass er aufgrund seiner Bewehrung mit Glasfaser- oder Carbontextil nicht korrodiert und somit auf die sonst übliche Betonüberdeckung bei Stahlbetonbahnsteigen von mindestens 5,5 cm verzichtet werden kann. Zudem muss dieses System nicht geerdet werden. Alternativ bietet sich auch eine Edelstahlbewehrung an, welche jedoch zusätzlich Bahngeerdet werden muss. Durch die schlanke Bauweise werden bis zu 70 % an Gewicht und Ressourcen gegenüber der üblichen Stahlbetonbauweise eingespart, wodurch die Innovation auch in puncto Nachhaltigkeit überzeugen kann. Das komplette Plattensystem wird im Werk von Hering Bau inklusive der gewünschten Oberflächengestaltung vorgefertigt und "just- in- time" zur Baustelle geliefert und verbaut.

Je nach Anforderung sind auch eine mehrfarbige Gestaltungen und unterschiedliche Veredelungen bzw. Oberflächen- Bearbeitungen – wie z. B. Säuern, Waschen oder Strahlen – möglich. Darüber hinaus lassen sich spezielle Ausführungen wie Texturen mit Scheinfugen im Werksteinformat realisieren. Ein weiterer Anwendungsfall ist die gleichzeitig mögliche Nachrüstung von Blindenleitsystemen und/oder einer Gefahrraumschraffur, die den Reisenden vor schnell fahrenden Zügen warnt und den dafür frei zu haltenden Raum auf dem Bahnsteig kennzeichnet. Diese Systemkomponenten werden bereits werksseitig mittels eingeklebter und ringsum verfugter Fliesen bzw. Matrizenabguss in die Bahnsteigoberfläche integriert. Die üblicherweise helle Bahnsteigkante ist als Matrizenabguss im Bauteil integriert. Dadurch wird das bei konventioneller Ausführung oft anzutreffende Problem nachträglicher Setzungen und daraus folgender Stolperkanten zwischen Abdeckstein und Werksteinbelag nun ausgeschlossen. Neben der optischen Gestaltung und den farblichen Kontrasten des Belags zur Nutzung als Wegeleitsystem ist bei der Bahnsteiggestaltung heute auch eine abriebfeste, Frost-/Tausalz-beständige Rezeptur zwingend erforderlich. Bodo Beul dazu: "Hier greift unser betontechnologisches Know-how, dass sich bereits bei der Realisierung von mehr als 450 Systembahnsteigen in den letzten 16 Jahren bewährt hat."

Die Montage- Durchführung der Bahnsteig- Oberflächen vor Ort erfolgt in der Regel mittels Zwei- Wege- Bagger, kleinem Mobilbagger oder Radlader. Verlegt wird das System auf ein zuvor vorbereitetes Splitt- bzw. Frischbetonbett, welches vollflächig und höhengenau (vergleichbar mit einem Estrich) direkt auf den bestehenden Bahnsteig aufgebracht wird. Durch dieses Vorgehen entstehen weder Rückbaukosten noch Aufwendungen für den Bodenaustausch oder Deponieabfälle. Die Standardplatten sind für Bahnsteigbreiten von 2,50 m, 2,75 m oder auch 3 m lieferbar, wobei die Elementbreite eines Bauteils in der Regel 1,35 m beträgt. Eventuell notwendige örtliche Anpassungsschnitte können während der Montage vor Ort konfektioniert werden, denn aufgrund der verwendeten Baustoffe sind die dafür erforderlichen Betonschnitte zulässig. Bodo Beul erklärt: "Der hohe Vorfertigungsgrad der Elemente spart Kosten vor allem bei der wesentlich geringeren Bauzeit."

Das neue Bahnsteigsystem modula flex ist bereits bei mehreren Sanierungsmaßnahmen eingesetzt worden. Am Bahnhof Walleshausen (Landkreis Landberg am Lech) wurde an einem Bahnsteig die marode Bahnsteig- Oberfläche auf einem 38er Niveau saniert. Im Auftrag der DB Station & Service AG fertigte Hering Bau hier maßgenaue Textilbetonplatten. Die Sanierungsarbeiten konnten während normaler Betriebsruhezeiten bzw. Zugpausen realisiert werden, wodurch die Reisenden keine Einbußen im Reisekomfort bzw. durch Verspätungen hatten. Bei einem weiteren Sanierungsvorhaben am Bahnhof Erlangen ging es darum, die konventionell gepflasterte Oberfläche eines 300 m langen Bahnsteigs mit einer neuen Oberfläche zu kombinieren. Dabei sollte außerdem der Abstand einer konventionellen Bahnsteigkante zur neuen Gleisgradiente korrigiert bzw. angepasst werden. Zudem mussten ein Blindenleitsystem sowie eine Gefahrraumschraffur nachgerüstet werden. Hier kam das System modula flex als Ergänzungsplatte zum Einsatz. Mit Erfolg, wie Joachim Schwientek von Station & Service AG bestätigt: "Es standen nur drei Wochen für die komplette Bahnsteigsanierung zur Verfügung und der Zeitdruck war entsprechend groß. Das neue System von Hering erwies sich als ideal, da wir das Projekt so ohne aufwändige Abrissarbeiten in kürzester Bauzeit durchführen konnten. Durch die werksmäßige Vorfertigung war Qualität und Präzision gewährleistet. Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden."

Durch den Einsatz von modula flex konnte die Erneuerung des anschließenden Pflaster- Belags außerhalb des Gefahrraumes ohne Sicherung gegen die Gefahren aus dem Eisenbahnbetrieb erfolgen. Die Bauteildicke von 8 cm entsprach dabei genau der des Pflasters bzw. der Werksteine, so dass das Verlegeplanum für beide Verfahren niveaugleich herzustellen war und sich so weitere Arbeitsgänge erübrigten.

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