Bauaussichten 2021

„Auf der Suche nach dem Post-Corona Masterplan im Superwahljahr 2021“

von: Roland Meißner, Geschäftsführer Bundesverband Kalksandsteinindustrie e. V., Hannover
Hannover. - Das Jahr 2020 hat uns allen viel abverlangt: Das Coronavirus bescherte uns sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld erhebliche Veränderungen und Einschränkungen. Notwendige (Sicherheits-)Anpassungen im Betrieb, am Arbeitsplatz und im Umgang mit den Kunden wurden von allen Mitarbeitern und Zulieferern positiv begleitet und haben dazu geführt, dass die deutsche Kalksandsteinindustrie auch in der Krise durchgängig lieferfähig war. Der Wohnungsbau erwies sich dabei erneut als Motor der Konjunktur.
Baupolitik
Roland Meißner ist Geschäftsführer des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie e. V. Foto: BundesverbandKalksandsteinindustrie e. V.

Die Kalksandsteinindustrie blickt daher auf ein herausforderndes Geschäftsjahr 2020 zurück, in dem sich die wirtschaftliche Entwicklung trotz der Pandemie auf einem soliden Wachstumskurs von voraussichtlich 2 bis 3 Prozent bewegte - jedoch bei teils erheblichen regionalen Unterschieden.

Der Blick in die Zukunft fällt in diesem Jahr besonders schwer. Die Geschehnisse der letzten Monate lassen derzeit keine belastbaren Aussagen zu. Die Aussichten für 2021 sind aber insgesamt weniger gut. Rückläufige Baugenehmigungszahlen in verschiedenen Bereichen lassen nichts Gutes erahnen. In dieser schwierigen Lage kommt es darauf an, dass die Politik die Weichen in die richtige Richtung stellt – eine Bundestags- und sechs Landtagswahlen bieten dafür eine günstige Gelegenheit.

Damit die Baubranche und mit ihr die Baustoffindustrie in Pandemiezeiten auch weiterhin eine Stütze der Gesamtwirtschaft bleiben kann, gilt es zunächst einmal die Baukonjunktur zu stabilisieren. Ein verlässliches „Konjunktur-Gerüst“ muss Rahmenbedingungen schaffen, welche die Zukunft des Wohnungsbaus in den nächsten Jahren sichern. Hier ist die Politik mit Nachdruck gefordert, einen Masterplan für die Post-Corona-Zeit zu entwickeln.

Um die Nachfrage nach Wohnraum anzukurbeln, ist es daher zunächst einmal wichtig, die bestehenden Maßnahmen fortzuführen. Keinesfalls sollte die Politik das Baukindergeld, wie derzeit vorgesehen, zum 31. März 2021 auslaufen lassen oder die Sonderabschreibungen im Mietwohnungsbau zum 31. Dezember 2021 abschaffen. Diese Instrumente haben sich bewährt und sollten beibehalten werden - schon allein, weil sie wesentlich dazu beitragen, den Wohnraummangel zu bekämpfen.

Wenig hilfreich erscheint uns in diesem Zusammenhang, dass die Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung 2020 um 500 Millionen auf nur noch gut 1 Milliarde Euro gesunken sind. Weil vorhandene Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, ist es nötig, jedes Jahr mindestens 80.000 neue Sozialmietwohnungen zu errichten, um wenigstens den Bestand stabil zu halten. Soll darüber hinaus die derzeitige Versorgungslücke bei bezahlbarem Wohnraum geschlossen werden, müssten es sogar noch weit mehr Sozialwohnungen sein. Hier steht die Bundesregierung in der Pflicht, so schnell wie möglich Lösungen zu finden.

Doch ausreichende Finanzmittel nutzen nichts, solange sich bei den Behörden die Bauanträge immer höher stapeln. Viele Ämter waren und sind immer noch schlecht auf das Corona-Homeoffice vorbereitet und seit Jahren personell ausgedünnt. Eine Einstellungsoffensive und ein Digitalisierungsschub sind daher essentiell, damit eine leistungsfähige Verwaltung die Anträge schneller bearbeiten kann. Dies trägt auch dazu bei, Baukosten zu senken und preiswerteres Wohnen zu fördern. Schön wäre, wenn alle Bauherren vom digitalen Bauantrag nicht länger träumen müssten. Und wenn wir schon beim Thema Digitalisierung sind: Man kann Politiker gar nicht oft genug daran erinnern, wie wichtig es ist, den Ausbau des Internets auch auf dem Land massiv zu beschleunigen, damit auch die Baubetriebe dort vernünftig digital arbeiten können. Das Thema BIM, welches aufgrund anderer, aktuell viel größerer Herausforderungen, etwas aus dem Sichtfenster verschwunden ist, wird bald wieder in den Fokus rücken. Auch die künftige Vernetzung der gesamten Prozesskette vom Rohstoff über die Produktion im Werk und die Auslieferung bis hin zum fertigen Bauwerk bleibt daher weiterhin ein wichtiges Thema.

Die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre für alle am Bau beteiligten ist jedoch das Thema Klimaschutz und seine wirtschaftlich nachhaltige, sozial ausgewogene Umsetzung. Dies bedeutet neben einer umfassenden Klimagesetzgebung aber vor allem stabile wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen.

Die CO2-Steuer erhöht zukünftig den Druck auf alle Marktbeteiligten. Sie hat längst zu einem Wettbewerb um das klimafreundlichste sowie nachhaltigste Bauprodukt geführt. Die Kalksandsteinindustrie ist hier gut aufgestellt - die neutrale Umweltproduktdeklaration (EPD) bescheinigt unseren Produkten bereits heute einen geringen CO2-Fußabdruck bei der Herstellung. Daher irritiert es nicht nur unsere Industrie, dass die Politik immer häufiger gezielt und einseitig das Bauen mit vermeintlich umweltfreundlicheren Materialien fördert. So ist absolut nicht nachvollziehbar, dass in vielen Länderparlamenten in diesem Jahr eine Holzbauquote ins Spiel gebracht wurde.

Eine staatliche Bevorzugung bestimmter Bauweisen ist durch nichts gerechtfertigt, besonders wenn sie die Umweltwirkung unterschiedlicher Baustoffe nur in der Herstellungsphase betrachtet. Denn entscheidend ist grundsätzlich die Nutzungsdauer eines Gebäudes: Summiert man die CO2-Bilanzen aller Lebensphasen gemäß der Gesamtbetrachtung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen über einen Zeitraum von 50 Jahren, gibt es in der Ökobilanz so gut wie keine Unterschiede zwischen den Bauweisen. Bei einem Lebenszyklus von 80 Jahren zeigt eine aktuelle Studie der Life Cycle Engineering Experts GmbH, dass ein typisches Mehrfamilienhaus aus Mauerwerk sogar bis zu 4 Prozent beziehungsweise 46 Tonnen weniger CO2 verursacht als ein vergleichbares Gebäude in Holzleichtbauweise. Ursache ist die längere Lebensdauer des Massivhauses und die Wärmespeicherfähigkeit des Materials, die zu einem geringeren Energieverbrauch während der Nutzungsphase führt.

Um nicht missverstanden zu werden: Die Kalksandsteinindustrie steht ausdrücklich zum Ziel einer klimaneutralen Produktion. Genau deshalb werden wir uns im Jahr 2021 mit Nachdruck und im engen Schulterschluss mit unseren befreundeten Verbänden für eine faktenbasierte und faire Bewertung von Bauweisen in der politischen Diskussion einsetzen. Wir sagen „Ja“ zum Ziel, den Gebäudesektor CO2-neutral zu machen, aber „Nein“ zur Wettbewerbsverzerrung durch einseitige Förderung bestimmter Baustoffe oder Technologien.

Dies ist kein Lippenbekenntnis. Dass es uns mit dem Klimaschutz ernst ist, haben wir in den vergangenen 30 Jahren bewiesen. Seit 1990 ist es uns gelungen, den CO2-Ausstoß in unserer Industrie um 40 Prozent zu drosseln – damit sind wir auch international vorbildlich. Und wir lassen in unseren Anstrengungen nicht nach. Im zurückliegenden Jahr hat die Kalksandsteinindustrie einen Prozess gestartet, der einen detaillierten Fahrplan zur Klima- bzw. Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 zum Ziel hat. Wir werden uns alle Bereiche des Lebenszyklus von Kalksandstein ganz genau und mit wissenschaftlicher Unterstützung anschauen und anschließend weitere innovative Maßnahmen zur CO2-Einsparung in die Wege leiten.

Der Wandel, den die Klimagesetzgebung in den nächsten Jahrzehnten einfordert, ist auch in der Baubranche gewaltig. Daher muss die Politik hier und jetzt die richtigen Entscheidungen treffen. Nicht zuletzt deshalb halten wir es für wichtig, dass nach der nächsten Bundestagswahl wieder ein eigenes Bauministerium geschaffen wird. Fragen des Bauens gewinnen für die gesamte Gesellschaft immer stärker an Bedeutung - sowohl in wirtschaftlicher, als auch in sozialer und ökologischer Hinsicht. Sie haben einen eigenen Platz am Kabinettstisch verdient!

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