Baugewerbetag

Scholz fordert Bauunternehmen zu Investitionen auf

Berlin (sow). – Das Spitzentreffen der Bauwirtschaft, der deutsche Baugewerbetag, fand kürzlich – bedingt durch die Corona-Pandemie – erstmals komplett in digitaler Form statt. Neben Olaf Scholz, Vizekanzler und Bundesfinanzminister, waren unter anderem die Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion von CDU/CSU und Bündnis90/Die Grünen, Ralph Brinkhaus und Anton Hofreiter, zu Gast.
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Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe hat Prof. Dr. Markus König für seine Verdienste in der Informatik im Bauwesen geehrt. Für seine Umsetzung von Building Information Modeling (BIM) in der Praxis erhielt er die Konrad-Zuse-Medaille. Foto: ZDB/Pflug

Angesicht der Rückgänge der Aufträge an die Bauwirtschaft im Wirtschaftsbau forderte der Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), Reinhard Quast, kürzlich auf dem Baugewerbetag die öffentliche Hand auf, ihre Bauherrenfunktion wahrzunehmen. "Kommunen müssen in Schulen, Straßen und Kitas investieren." Denn in der Corona-Krise hätten die Unternehmen andere Sorgen, als neu zu bauen. "Wir rechnen mit zwei Jahren, bis die Unternehmen wieder Tritt fassen." Lediglich der Bau von Logistikgebäuden würde durch den Internethandel zunehmen.

Die Branche könne auf öffentliche Investitionen vertrauen, sagte Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz zu diesem Thema. "Wir haben uns entschieden, dass Bautätigkeit langfristig auf hohem Niveau in diesem Land standfinden muss und standfinden soll." Das sei nötig, da die Bevölkerung im Gegensatz zu allen Vorhersagen gewachsen sei. Auch der Trend, dass mehr Menschen in den Städten leben wollen würden, habe zur Folge, dass gebaut werden müsse.

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Klaus-Richard Bergmann, Hauptgeschäftsführer der BG BAU, lobte auf der Veranstaltung, dass die BG Bau weniger Probleme auf Baustellen feststelle. Foto: BG BAU/Bellwinkel
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Die Branche könne auf öffentliche Investitionen vertrauen, sagte Olaf Scholz, Bundesminister der Finanzen und Vizekanzler. Trotz Corona sei das Land dazu in der Lage. Foto: BundesFinanzministerium/Koehler

Der Investitionshaushalt sei um viele Milliarden jährlich gestiegen, unabhängig von der Corona-Krise. Das öffentliche Investitionsniveau in Deutschland sei mittlerweile allein, was den Bundeshaushalt betreffe, fast bei 50 Milliarden Euro. "Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, dies Jahr für Jahr weiter zu machen." Die Finanzplanung sehe vor, dies das ganze Jahrzehnt durchzuhalten.

Trotz Corona sei das Land zu diesen Investitionen in der Lage. "Ich kann garantieren, dass wir die Leistungskraft haben. Wir sind in der Lage, einen großen Bauboom über sehr lange Zeit zu finanzieren", sagte Scholz. Die Republik könne 300 Milliarden Euro zusätzliche Kreditaufnahme – für dieses und das nächste Jahr zusammen – verkraften. "Das können wir uns leisten, weil wir gut gewirtschaftet haben." Die Staatsverschuldung habe Ende vergangenen Jahres bei weniger als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung gelegen. Am Ende der Krise werde die Bundesrepublik bei einer Staatsverschuldung von 70 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, so seine Vorhersage. Nach der letzten Finanzkrise habe dieser Wert bei mehr als 80 Prozent der Wirtschaftsleistung gelegen. "Man kann davon ausgehen, dass wir einfacher aus der Krise kommen als beim letzten Mal", meint er.

"Sie machen nichts falsch, wenn Sie Ihre Kapazitäten zu einer größer werdenden Nachfrage hin ausbauen", appellierte der Vizekanzler daher an die Unternehmen. Das sei keine Fehlinvestition.

"Wir sind dabei, Autobahnen und Bundesstraßen auszubauen", führte Scholz als Beispiel an. Der Bundesverkehrswegeplan sei langfristig finanziert und werde auch dauerhaft auf hohem Niveau verbleiben. Allein der Ausbau der Öffentlichen Schienenverkehre wird ab 2025 jedes Jahr 2 Milliarden Euro umfassen. Und auch, um die digitale Infrastruktur auszubauen, sei Bautätigkeit erforderlich.

Gegenwärtig würde jedoch aus vielen Töpfen das Geld nicht abfließen, bedauerte der Vizekanzler. Ein Grund sei, dass Gemeinden oft zu wenig Unternehmen finden würden, die sich auf Aufträge – beispielsweise zum Ausbau der digitalen Infrastruktur – bewerben würden. Immer öfter würden Ausschreibungen zurückgegeben, weil sich nur ein Unternehmen oder sogar gar keines beworben habe. "Weiten Sie Ihre Kapazitäten aus", forderte Scholz daher die Bauunternehmen unter den Zuschauern, die die Veranstaltung im Livestream verfolgten, auf.

Auch das Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu wirtschaften, setze einen lang anhaltenden Bauboom in der Bundesrepublik voraus. Deutschland habe unter anderem ein Gebäudesanierungsprogramm in Milliardengrößenordnung auf den Weg gebracht.

Zudem sei der Soziale Wohnungsbau als Bundesaktivität, der 2020 auslaufen sollte, wieder belebt worden. Um diesen zu fördern, seien viele zusätzliche Mittel Jahr für Jahr bereitgestellt worden, einschließlich ergänzender Abschreibungsmöglichkeiten.

Reinhard Quast lobte die Handlungen der Regierung der vergangenen zwei Jahre. So hätten sich das Baukindergeld und Maßnahmen zu Sonderabschreibungen im Mietwohnungsbau positiv auf die Nachfrage ausgewirkt. Die SonderAFA zum Beispiel sei "eine super Sache". Doch es seien weitere Maßnahmen nötig. Quast wünschte sich von der Bundesregierung, dass Abbrüche von Gebäuden steuerlich nutzbar gemacht werden könnten sowie eine Erhöhung des Afa-Satzes im Wohnungsbau.

Bauen müsse einfacher werden, fordert Quast zudem und kritisierte in diesem Zusammenhang komplizierte Genehmigungsverfahren. Die Menge der Vorschriften und Auflagen würden Wohnraum auch teurer machen.

Mit drei Planungsbeschleunigungsgesetzen in dieser Legislaturperiode solle diesem Problem abgeholfen werden, sagte Scholz dazu. Über ein viertes berate derzeit der Deutsche Bundestag. Auch serielles Bauen könne helfen, schneller zu bauen, weil man mit einer Genehmigung immer wieder "loslegen" könne.

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Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wurde für Aussagen bei einem Auftritt in der ARD-Talkshow "Hart aber Fair" kritisiert. Foto: Koch
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Dr. Anton Hofreiter, Ko-Vorsitzender der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sieht die Bauwirtschaft als natürlichen Partner für die Vorhaben seiner Partei. Foto: Bohnert

Dr. Anton Hofreiter, Vorsitzender der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, stellte auf dem Baugewerbetag die Pläne seiner Partei für die nächste Legislaturperiode vor – auch solche, um das Bauen zu beschleunigen. Dafür wolle die Partei eine Ausbildungs-, Einstellungs- und Planungsoffensive, kündigte er an. Es gebe zu wenig Menschen in den Genehmigungsbehörden.

"Wir wollen für große Projekte einen vernünftigen Investitionsfond", führt er weiter aus. Damit sei das Projekt von Anfang an "durchfinanziert" und das Geld könne entsprechend dem Baufortschritt fließen.

Zudem wolle die Partei die Digitalisierung im Baubereich stärken. "Wenn man bestimmte Dinge bereits vorab durchspielen kann, dann lassen sich Probleme besser erkennen." Und man könne CO2-sparender, schneller und effizienter bauen.

Um die Sanierungsquoten zu erhöhen, möchte Bündnis 90/Die Grünen 7 Milliarden Euro in Anreizprogramme stecken, für bessere Energieberatung. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis will die Partei nutzen, um die Strompreise zu senken. "Wir wollen die EEG-Umlage praktisch auf Null senken", so Hofreiter.

Die Partei plant außerdem eine Investitionsoffensive. "Wenn wir die Klimakrise – zur Rettung unserer eigenen Lebensgrundlage – in den Griff kriegen wollen, dann müssen wir in allen Bereichen anpacken. Da sehe ich die Bauwirtschaft, das Bauhandwerk als natürlichen Partner. Von der Wärmewende bis zum Recycling bis zur grauen Energie bis zur Sanierung des bestehenden Straßennetzes, bis zum Ausbau des Glasfasernetzes, bis zum starken Ausbau von Bus und Bahn – überall muss investiert werden. Überall brauchen wir Bauhandwerk." Daher sei für seine Partei die Bauindustrie ein starker Partner.

Im Straßenbereich hätten Bündnis 90/Die Grünen zwar einen kritischen Blick auf manche Straßenneubau-Großvorhaben. Es müsse aber dringend mehr Geld in die Sanierung von Straßen und Brücken gesteckt werden. "Wir finden es skandalös, wenn Schwerlastspeditionen immer weitere Umwege fahren müssen, weil unser Straßennetz nicht ausreichend erhalten ist!"

"Wir sind sehr nah beieinander", kommentierte ZDB-Vizepräsident Wolfgang Schubert-Raab diese Aussagen, brachte aber auch Kritik vor. Innovative Ideen und neue Baustoffe müssten schneller genehmigt werden. Schubert-Raab fordert zudem Regelungen, um Recycling-Baustoffe besser nutzen zu können, und kritisierte in diesem Zusammenhang die neue Mantelverordnung. Durch sie werde es teuer, eine Baugrube auszuschachten, weil der Inhalt als Abfall entsorgt werden muss. Auch die Recyclingbaustoffe erkläre sie zu Abfall. "Wir werden Millionen vom Kilometern auf Autobahnen verbringen, bloß um das, was wir eigentlich brauchen, und auf den Baustellen dringend einsetzen sollten, in Deponie zu fahren", warnt Schubert-Raab. "Und wenn die voll sind, müssen wir neue Deponien erschließen müssen, die noch weiter weg sind."

Dieser Kritik schloss Hofreiter sich an. Auch er sei der Meinung, dass neue Technologien schneller genehmigt werden müssen. Über die neue Mantelverordnung sei er ebenfalls nicht glücklich. "Wir sind ungern als Opposition immer für alles verantwortlich was die Bundesregierung macht", bedauerte er. Nach 15 Jahren hätten die Grünen die Verabschiedung Verordnung nicht wieder blockieren wollen. Er sei froh, dass sie nach zwei Jahren evaluiert werde.

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ZDB-Präsident Reinhard Quast wünscht sich, dass Abbrüche steuerlich nutzbar gemacht werden können, sowie eine Erhöhung des Afa-Satzes im Wohnungsbau. Foto: ZDB
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Neue Baustoffe müssten schneller genehmigt werden, fordert ZDB-Vizepräsident Wolfgang Schubert-Raab. Zudem kritisierte er die neue Mantelverordnung.

Tobias Riffel, Vorsitzender des Konrad-Zuse-Kuratoriums und Vorstandsmitglied des ZDB, kritisierte auf dem Baugewerbetag Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus für einen Fernsehauftritt in der ARD-Talkshow "Hart aber Fair". Diese hatte sich in der Sendung dafür ausgesprochen, nur Holzbauprogramme aufzulegen. "Das hat mich schockiert", so Riffel. Diese Exklusivität ergebe keinen Sinn. "Wir brauchen keine Quoten und Bevormundungen."

Es sei ihm nicht darum gegangen, einen Baustoff komplett zu verbieten, stellte Brinkhaus klar. Die Union sei grundsätzlich technologieoffen. Er bezweifle jedoch, ob das Ziel der Klimaneutralität erreicht werden könne, wenn weiter in dem Umfang Zement eingesetzt werde wie derzeit.

Zudem bemängelte Riffel, dass nicht flächendeckend auf allen Baustellen in Deutschland Breitband-Mobilfunklösungen zur Verfügung stünden. Digitalisierung brauche Infrastruktur. In dem Bereich sei "noch einiges zu tun", bestätigte Brinkhaus. Mit großen Providern mit Vodafone und Telekom und anderen sei man nahezu im Wochenrhythmus im Gespräch. Eine Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes solle zudem den Mobilfunkausbau unterstützen und beschleunigen. Die Bundesrepublik wolle mit der EU absprechen, unter welchen Bedingungen sie als Staat selber am Markt teilnehmen könne.

Klaus-Richard Bergmann, Hauptgeschäftsführer der BG BAU, lobte auf der Veranstaltung, dass die BG Bau weniger Probleme auf Baustellen feststelle. Auf weniger als 10 Prozent der Baustellen gebe es Probleme. Außerdem stellte er fest, dass die Unternehmen sehr viel stärker als früher Beratungen bei der Berufsgenossenschaft nachfragen würden.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe hat zudem auf dem Baugewerbetag Prof. Dr. Markus König die Konrad-Zuse-Medaille verliehen. Der Verband würdigt damit sein Verdienste zur Umsetzung von Building Information Modeling (BIM) in der Praxis.

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