Baulicher Brandschutz

Gebäudesicherheit mit PIR-Dämmstoffen gewährleisten

Hallenbau
Als flächenmäßig größte Gewerke besitzen die Bauteile Fassade und Dach für den Brandschutzexperten eine besondere Bedeutung in Bezug auf die Erfüllung des baulichen Brandschutzes. Foto: MKM Brandschutz

Leverkusen (ABZ). – Wenn in der Öffentlichkeit von Gebäudedämmung im Industrie- und Gewerbebau sowie bei Logistikbauten die Rede ist, wird dies im ersten Moment mit den Begriffen Energieeffizienz, Nachhaltigkeit sowie Wirtschaftlichkeit verbunden. Der weitaus höher zu bewertende Sicherheitsanspruch in Bezug auf den Brandschutz und damit den Schutz für "Leib und Leben" findet in der öffentlichen Diskussion weniger Beachtung. Woran liegt das? Ist es aufgrund neuer Erkenntnisse und der permanenten Weiterentwicklung der Dämmstoffsysteme leichter geworden, die aktuellen Brandschutzanforderungen zu erfüllen? Oder findet auf der anderen Seite gleichzeitig eine Verschärfung der Anforderungen statt? Die Praxis zeigt: Standardlösungen aus der Schublade nach dem "Copy-and-paste-Prinzip" genügen oftmals nicht für eine fundierte Brandschutzplanung. Immer öfter ist es erforderlich, Sonderlösungen zu erarbeiten. Keine Baustelle gleicht der anderen und kleine Unachtsamkeiten können große Folgen nach sich ziehen.Dabei kommen den Bauteilen Fassade und Dach als flächenmäßig größten Gewerken eine besondere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang rückt auch das eingesetzte Dämmstoffsystem hinsichtlich der Erfüllung des "baulichen Brandschutzes" immer mehr in den Fokus des Brandschutzexperten.Welche Anforderungen sind hier im Detail zu erfüllen, welche Grundlagen sind maßgeblich und wie wird speziell die Verwendung des Hochleistungsdämmstoffs Polyurethan bewertet? Hat sich dieser Dämmstoff in Bezug auf den baulichen Brandschutz aus Sicht von Brandschutzexperten bewährt?Der folgende Beitrag basiert auf einem Interview der Covestro Deutschland AG, Leverkusen, mit Marco Kittner-Meier, Prüfsachverständiger für Brandschutz und Inhaber von MKM Brandschutz, Ingenieurbüro für Brandschutz.Dem Dämmstoff der Gebäudehülle kommt für den baulichen Brandschutz eine sehr große Bedeutung zu. Die Gebäudehülle, sprich die Fassade, ist eines der flächenmäßig größten Gewerke, welches üblicherweise bei einem Gebäudebrand regelmäßig einer direkten Brandbeanspruchung über die Fassadenöffnung ausgesetzt ist. Innerhalb des Gebäudes verhindern bauordnungsrechtlich vorgeschriebene Trennwände und Brandwände die Ausbreitung des Feuers. Im Bereich der Fassade wird dies durch zusätzliche Maßnahmen bei "normal entflammbaren" und auch bei "schwer entflammbaren" Dämmstoffen oder vollständig über die Baustoffqualität der eingesetzten Fassadensysteme geregelt.Der Gesetzgeber regelt die Anforderungen der Baustoffqualität für Dämmstoffe in der Gebäudehülle auf Grundlage der in allen Bundesländern gleichlautenden Schutzziele der Landesbauordnungen. Hiernach sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes sowie der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.Typische Beispiele für die bauordnungsrechtliche Forderung nach nicht brennbaren Dämmstoffen in der Gebäudefassade sind ausgedehnte Versammlungsstätten sowie Verkaufsstätten und insbesondere Hochhäuser.Außerhalb dieser gesetzgeberischen Anforderungen sind insbesondere der Verwendungszweck des Gebäudes sowie die darauf aufbauenden Abstimmungen mit den Bauherren maßgebliche Kriterien zur Auswahl bzw. zur Empfehlung der Dämmstoffe für die Gebäudehülle. Die Auswahl wird oftmals anhand von bauphysikalischen Erfordernissen und erst im zweiten Schritt auf Grundlage einer brandschutztechnischen Einschätzung getroffen.Polyurethan-basierte Konstruktionen sind als feuersichere Standardkonstruktionen in der DIN 18234 enthalten. Grundgedanke der DIN 18234 ist es, den Eintritt von Flammen und Gasen in den Profil- oder Dachholraum – meist bei Stahltrapezblechdächern – zu verhindern. Abhängig von der Größe der Dachfläche und insbesondere der Größe der Dachdurchdringung werden daher Maßnahmen ergriffen, um diese Anforderung entsprechend einzuhalten. Thermoplastische Baustoffe eignen sich aus diesem Grund nicht, um diese Anforderung ausreichend sicherzustellen. Die gängigen PIR/PUR-Hartschaumkonstruktionen sind dagegen nicht thermoplastisch, widerstehen daher zunächst einer Temperaturbeanspruchung, so dass auch hier der Eintritt von Flammen und Brandgasen zunächst verhindert wird. Eine wesentlich größere Rolle spielt jedoch der fachgerechte Einbau der gewählten Systeme. Ein nicht fachgerecht eingebautes, nicht brennbares System wird im Brandfall ebenso wenig effektiven Schutz bieten wie ein schwer bzw. normal entflammbares System.Die Entwicklungen der modernen Bauchemie ermöglichen daher den Einbau normal bzw. schwer entflammbarer Dämmstoffe für gewisse Anwendungsbereiche. PIR/PUR-Metallsandwichelemente mit entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen können nach DIN EN 13501 die Ansprüche an die Feuerwiderstandsklasse EI 30 (F30) und EI 60 (F60) erfüllen und werden überwiegend im Bereich Industriebau verwendet.Eine Risikobewertung für die Verwendung der Dämmstoffe erfolgt durch die Planungsbeteiligten – immer anhand des konkret geplanten Projektes. Die durch den Gesetzgeber definierten Anforderungen sichern das sog. gesetzliche Schutzniveau. Dieses Schutzniveau stellt einen Mindeststandard dar und dieser kann natürlich in jedem Bauvorhaben erhöht oder optimiert werden. Dreh- und Angelpunkt ist auch hier die fachgerechte Ausführung.Normal bzw. schwer entflammbare Dämmstoffe sind aus kosten- und energietechnischen Gründen nicht mehr von modernen Baustellen wegzudenken.Die FM Approval-Qualifikation von PIR-Dämmstoffen findet überwiegend im Bereich des Industriebaus Anwendung und wird aufgrund der versicherungsrechtlichen Bedeutung häufig bereits durch die Bauherren gefordert. Neben den einschlägigen amerikanischen Regelwerken, z. B. von FM Global, sind hierbei die nationalen Regelwerke der Sachversicherer, zum Beispiel des VdS, maßgeblich. Die Anforderungen der Sachversicherer liegen meist deutlich über den bauordnungsrechtlichen Anforderungen. Bauherren, die sich dafür entscheiden, über die bauordnungsrechtlichen Belange hinaus auch versicherungsrechtliche Aspekte in der Gebäudeplanung zu berücksichtigen, stellen oftmals einen hohen Schutzanspruch an ihre Gebäude.Dies hängt damit zusammen, dass bspw. Produktionsausfälle in wirtschaftlicher Hinsicht deutlich verheerendere Folgen haben als nur der eigentliche Brandschaden. In Bezug auf Brandereignisse an Fassaden, die in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, ist bspw. die Lagerung brennbarer Stoffe in unmittelbarer Fassadennähe als kritisch anzusehen. Die aktuell gültige Muster-Industriebau-Richtlinie mit Stand 2014 hat diesen Umstand aufgegriffen. Die Lagerung von brennbaren Dämmstoffen im Bereich der Fassade ist nur möglich, wenn gewisse Rahmenbedingungen des baulichen Brandschutzes eingehalten werden. Dieser Punkt war vormals grundsätzlich von versicherungsrechtlicher Natur.Die Wirtschaftlichkeit spielt selbstverständlich eine große Rolle. Sie steht grundsätzlich an zweiter Stelle nach der Gebäudesicherheit. Unter den werkvertraglichen Gesichtspunkten wird jedoch Sicherheit und Wirtschaftlichkeit für die Planungen gleichgestellt.Eine gute Brandschutzplanung muss nicht unbedingt teuer sein. Sicherlich besteht die Möglichkeit, eine Brandschutzplanung "mit Gürtel und Hosenträger" aufzusatteln. Da Brandschutzexperten jedoch eine eigene ingenieurtechnische Planungsdisziplin übernehmen, liegt es an ihnen, gemeinsam mit den Planungsbeteiligten die in wirtschaftlicher Hinsicht beste Lösung zur Erfüllung der jeweiligen brandschutztechnischen Schutzziele auszuloten. Ein Beispiel für die wirtschaftliche Verwendung von Dämmstoffen ist der Einbau von Thermowänden im Bereich der Lebensmittellogistik. Ausgehend vom Verwendungszweck werden an diese Trennwände hohe Ansprüche an die energetischen und bauphysikalischen Eigenschaften gestellt. Üblicherweise sind diese Thermoelemente mit einem PUR-Dämmstoff ausgeschäumt, der für sich genommen der Baustoffklasse C oder D nach DIN 13501 zugeordnet werden kann. Am Markt verfügbar sind aber auch Thermoelemente mit nicht brennbarer Dämmung, die jedoch mit erheblichen Preisaufschlägen einhergehen. Bei großflächig ausgedehnten Lebensmittellogistikbereichen oder Anlagen, die in "kritischen" Bereichen angeordnet werden, empfiehlt es sich daher, die Baustoffeigenschaften dieser Thermoelemente zu optimieren.Hierfür eignet sich bei klassischer Ausführung mit normal bzw. schwer entflammbaren Dämmstoffen der Einsatz von PIR. Aufgrund seiner chemischen Eigenschaften bzw. dem im Vergleich zu PUR unterschiedlichen Mischungsverhältnissen zwischen MDI und Polyol weist der Dämmstoff eine höhere Temperaturbeständigkeit und eine geringere Rauchexposition auf. Bei der Wahl der Dämmung sind neben dem Brandverhalten die Rauchentwicklung und das Abtropfverhalten zu berücksichtigen. Diese sind in der europäischen Norm EN 13501-1 "Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten" definiert. Moderne PU-Hartschaumelemente weisen eine deutlich verringerte Brennbarkeit auf und gewährleisten einen effizienten Brandschutz. In Abhängigkeit von Rohdichte und Deckschicht können sie dauerhaft Temperaturen zwischen –30 °C bis 90 °C vertragen, kurzzeitig halten sie sogar Temperaturbelastungen von bis zu 250 °C stand. Spezielle Kombinationen mit Mineralvliesdeckschichten eignen sich auch für Flachdächer, die mit Heißbitumen abgedichtet werden. Am Markt gibt es zudem Lösungen, die ohne zusätzlichen Hitzeschutz als Dämmstoff unter Gussasphalt-Estrich verlegt werden können, und solche, die bei bis zu –180 °C eingesetzt werden können. PU-Hartschaum tropft im Brandfall nicht ab und neigt nicht zum Glimmen, sodass sich kein Brand unbemerkt in der Dämmschicht ausbreiten kann.Aus der Erfahrung von Brandschutzexperten haben sich PIR- und PUR-Dämmstoffe gleichermaßen im Hochbau bewährt und können als sicher gelten. Ausschlaggebend ist der fachgerechte Einbau der jeweiligen Systeme.

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