Bei Großprojekten

Öffentlichkeitsarbeit gesetzlich vorgeschrieben

von:

Martin K. Burghartz

BRAUNSCHWEIG. – Kaum wird in Deutschland auch nur ansatzweise bekannt, dass große Bauprojekte angedacht oder vorgeplant werden, formiert sich Bürgerprotest. Von der Planung betroffene Bürger, aber auch Basisgruppen machen massiv mobil gegen Strommasten, große Windräder oder neue Straßen. Auch bei der Errichtung von Altenheimen im Zuge von Wohnraumverdichtungen oder beim Ausbau des Schienen- und Straßennetzes agieren meist ältere, bestens vernetzte Bürger in schnell und gut organisierten Protestgruppen.

Begünstigt durch die heftigen Auseinandersetzungen beim Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21", hat der Gesetzgeber eine neue Norm geschaffen. So gilt, von vielen Planern großer Bauprojekte nahezu unbemerkt, seit Juni 2013 das Gebot einer frühen Öffentlichkeitsarbeit. Das liest sich im Gesetz (VwVfG § 25 Abs. 3) so: "Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteiligung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden."

Übersetzt heißt das, der Planer muss nunmehr nachweisen, dass er mit angemessenen Kommunikationsinstrumenten die betroffene Öffentlichkeit nicht nur informiert, sondern auch dialogisch eingebunden hat. Ziel des Gesetzgebers ist es, Konflikte und Vorbehalte gegen Planungen im Vorfeld zu entschärfen. Es geht darum, mittels Transparenz für Akzeptanz zu sorgen, die Bürger einzubinden und damit das anschließende Verwaltungsverfahren zu entlasten. Die vorgeschaltete Öffentlichkeitsarbeit soll den anschließenden Planungsprozess durch weniger Einwände verkürzen und somit eine Beschleunigung von Großvorhaben bewirken.

Das Gesetz ist positiv zu werten. Als gesicherte Erkenntnis aus der Vergangenheit gilt, dass der Widerstand gegen Großvorhaben umso erbitterter ist, je weiter das Projekt vorangeschritten ist. Eine frühzeitige Information kann dem begegnen. Auch der Aspekt der Abwägung von einzel- versus gesamtgesellschaftlichen Interessen kann besser kommuniziert werden. So ist z. B. die Frage, ob aktuell geplante und dringend erforderliche Straßenbahntrassen in Braunschweig am Protest von einigen wenigen scheitern, während tausende Bürger täglich im Stau stehen, eine breite Diskussion im Vorfeld wert. Schon jetzt rechnet die dortige Stadtverwaltung mit einem Zeithorizont von zwei Jahrzehnten bis zur Realisierung.

Für die öffentliche Bekanntgabe und den Dialog stehen, neben der klassischen Pressearbeit, vielfältige dialogische Online-Kommunikationsinstrumente wie Websites, Facebook, Twitter und Co. zur Verfügung. Aber auch Roadshows, Bürger- und Projektbeiräte oder Gestaltungswettbewerbe sind, je nach Projekt, hilfreiche Maßnahmen. Um diese Kommunikationsinstrumente gezielt einzusetzen und angemessen zu bedienen, bedarf es allerdings versierter Mitarbeiter in den Pressestellen und/oder guter Kommunikationsberater. Sie sorgen dafür, dass die Akzeptanz für dringend erforderliche Investitionen in die Infrastruktur Deutschlands – überlebenswichtig für unsere Gesellschaft und Industrie – erhöht wird.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Leitung (m/w/d) der Abteilung Tiefbau, Pullach im Isartal  ansehen
Aufsichtsperson I zur Ausbildung als Technische/r..., Niedersachsen Mitte  ansehen
Seilbaggerfahrer (m/w/d), Jettingen-Scheppach  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen