Bulli kam an die Leine

Vor 60 Jahren begann der Bau des Transporter-Werks

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Baubeginn 1955: Fundamente mussten in langen Platten verlegt werden, sonst wäre der Bau womöglich im morastigen Untergrund abgesackt.

HANNOVER (ABZ). - Volkswagen Nutzfahrzeuge schreibt Industriegeschichte: Vor 60 Jahren startete der Bau des Transporter-Werks in Hannover. Auf einem 1,1 Mio.m² großen Gelände im Stadtteil Stöcken wurde innerhalb nur eines Jahres ein komplettes Werk – die damals größte Fertigungshalle Europas – aus dem Boden gestampft. Es war zugleich der Beginn einer einzigartigen Ära im Fahrzeugbau: Denn hier, in der Stadt am Leine-Fluss, wird seither die Automobil-Legende Bulli (T-Baureihe) gebaut. Dr. Eckhard Scholz, Vorsitzender des Markenvorstands Volkswagen Nutzfahrzeuge: "Der Baubeginn unseres Werks in Hannover vor 60 Jahren steht für eine einzigartige Entwicklung der Produktion von leichten Nutzfahrzeugen in Europa. Denn dieser Standort wird seitdem kontinuierlich modernisiert und erweitert – aktuell um die größte Pressenstraße Europas. Am Standort Hannover werden Voraussetzungen geschaffen, um auch künftig unseren Kunden optimale und individuelle Fahrzeuglösungen anbieten zu können. An der Begeisterung für den Transporter hat sich seit Baubeginn des Werks vor 60 Jahren nichts geändert." Thomas Zwiebler, Betriebsratsvorsitzender Volkswagen Nutzfahrzeuge: "In Hannover-Stöcken wurde im wahrsten Sinne der Grundstein für eine einzigartige Erfolgsgeschichte gelegt. Aus dem Nichts wurde in kürzester Zeit eine wegweisende Produktionsstätte geschaffen, die unter großem Einsatz Zigtausender Mitarbeiter über Jahrzehnte zu einer wesentlichen Säule des Konzerns weiterentwickelt wurde."

Rückblende, Deutschland 1955: Junge Frauen tragen wagemutig Petticoat und Ballerinas, "halbstarke" Männer Lederjacke. Im Kino läuft "Wenn der Vater mit dem Sohne" mit Heinz Rühmann, aus Transistor-Radios tönt der Caterina-Valente-Hit "Ganz Paris träumt von der Liebe". Die Deutschen dagegen träumen vom eigenen Auto: Das sogenannte Wirtschaftswunder ist da – und Deutschland wird mobil: Der Volkswagen Käfer ist erneut bestverkaufter Pkw des Jahres, knackt im Laufe des Jahres die Millionen-Grenze. Auch der Bulli ist heißbegehrt. Die Produktionskapazität im Wolfsburger Stammwerk, wo der Bulli bereits seit 1950 gebaut wird, reicht längst nicht aus, um die Nachfrage zu decken. Denn: Brot, Bier, Bohnenkaffee und Buletten müssen in großen Mengen zum Verbraucher. Auch Konsumartikel wie Fernseher, Plattenspieler und Kühlschränke sollen schnellstmöglich und sicher zum Kunden geliefert werden. Dazu brauchen Geschäftsleute und Handwerker den unverwüstlichen Bulli. Über 200 Städte und Gemeinden bewerben sich damals, um neuer Standort für das geplante Transporter-Werk zu werden. Heinrich Nordhoff, Geschäftsführer der Volkswagenwerk GmbH und späterer Vorstandsvorsitzender der Volkswagenwerk AG, gewinnt den Aufsichtsrat für den von ihm favorisierten Standort Hannover. Wesentliche Vorteile sind die unmittelbare Nähe zum Mittellandkanal und ein bestehender Verschiebebahnhof.

Zunächst beginnen 372 Mitarbeiter in einem eiskalten, schneereichen Winter mit dem Bau. Ganz unspektakulär, ohne Feierlichkeiten. Nordhoff will es so. Schon Ende März sind auf der Baustelle 1000 Arbeiter beschäftigt. Der durch einsetzendes Tauwetter inzwischen aufgeweichte, matschige Boden muss mit Bohlenwegen gesichert werden, damit Lkw Baumaterial anliefern können.

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Blick in die T1-Produktion im Werk Hannover im Juli 1957. Fotos: Volkswagen Nutzfahrzeuge

Auf dem Gelände selbst wächst eine kleine, provisorische Stadt heran – mit Baubüros, Versorgungs- und Unterkunftsbaracken, Kantinenzelten. Auch geschäftstüchtige Händler mit Verkaufsbuden siedeln sich hier schnell an. Nach nur zwölf Wochen ragen die Mauern schon über 4 m in die Höhe. 28 große Krane sind fast rund um die Uhr in Betrieb, 22 große Mischmaschinen spucken täglich 5000 m³ Beton aus. Insgesamt werden 1 750.000 m³ Erde bewegt – das entspricht damals 256.000 Lastwagenladungen.

Ab Mai sind rund 2000 Arbeiter täg-lich auf der Riesenbaustelle beschäftigt. 600000 m² Schalholz werden für den Betonguss verbraucht. "Damit hätte man einen 1 m breiten Holzsteg von Wolfsburg nach Basel bauen können", schreibt ein Journalist damals. Gleichzeitig schult Volkswagen bereits neue Mitarbeiter für die Transporter-Fertigung. Mit einem dafür extra eingesetzten Zug fahren sie jeden Tag um 4.10 Uhr vom Hauptbahnhof nach Wolfsburg, wo sie in die Produktion des Bulli eingewiesen werden. 3000 Mitarbeiter sollen den reibungslosen Produktionsstart garantieren. In nur wenigen Wochen wird der Karosseriebau eingerichtet, im Februar 1956 ist auch der mehrgleisige 10km lange Bahnanschluss zum Werk fertig.

Am 8. März 1956 startet die Serien-Produktion eines künftigen Symbols der "Wirtschaftswunderjahre" in Hannover-Stöcken. Bis 1967, dem Ende der Produktion der ersten Transporter-Generation, laufen in Deutschland 1,8 Mio. Bulli vom Band.

Bis heute sind weltweit insgesamt rund 11 Mio. Transporter gefertigt worden. Eine Erfolgsgeschichte, die sich fortsetzt: Der Produktionsanlauf für die neue Modellgeneration erfolgt in diesem Jahr. Im Werk Hannover-Stöcken werden neben der T-Baureihe auch der Pickup Amarok und lackierte Panamera-Karossen gebaut, in Limmer das erfolgreiche Freizeitmobil California. Am Standort Hannover sind bei Volkswagen Nutzfahrzeuge rund 12 200 Mitarbeiter beschäftigt.

Das Werk Poznan in Polen (5700 Mitarbeiter) produziert Transporter und Caddy, für den Bau des neuen Crafter entsteht derzeit ein weiteres Werk im polnischen Wrzesnia. Insgesamt sind bei der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge heute rund 19500 Mitarbeiter beschäftigt.

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