Bundesregierung beschließt „Handlungskonzept“

Stahlindustrie soll „grüner“ werden

von: Andreas Hoenig und Teresa Dapp (dpa)
Baustoffe
Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des „Handlungskonzepts Stahl“. Die Bundesregierung will die angeschlagene Stahlindustrie mit dem Konzept Stahl unterstützen. Foto: Lennart Stock/dpa

Stahl wird verwendet für Autos, Maschinen, Windräder, Brücken oder Schienen. In der Industrie ist er unentbehrlich, doch die Lage der deutschen Stahlproduzenten ist angespannt. Die Bundesregierung will ihnen zur Seite springen - auch für das Klima.

Berlin. - Dumpingpreise, Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, Umsatzeinbrüche durch Corona - und ein immens teurer Umbau der Produktion für den Klimaschutz: Die deutsche Stahlindustrie kämpft an mehreren Fronten. Es geht dabei um die Zukunft von noch rund 86.000 Beschäftigten und die Frage, ob eine Schlüsselindustrie in Deutschland gehalten werden kann. Das hat die Politik auf den Plan gerufen. Das Bundeskabinett hat nach langer Vorbereitung nun ein „Handlungskonzept Stahl“ beschlossen, um die Branche zu stützen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte in Berlin, der Stahl sei eine Schlüsselindustrie für die Volkswirtschaft. Es sei wichtig, nun zu handeln, damit die Stahlindustrie auch in 30 Jahren aus eigener Kraft wettbewerbsfähig und klimafreundlich in Deutschland produzieren könne. Bis 2050 soll Deutschland - wie die EU insgesamt - unterm Strich keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Eine energieintensive Branche wie die Stahlproduktion, die nicht elektrifiziert werden kann, stellt das vor große Aufgaben.

Das mit der Branche erarbeitete Konzept zeigt Handlungsfelder auf, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und den Umbruch zu einer CO2-armen und schließlich CO2-freien Produktion zu bewerkstelligen - vor allem durch den Einsatz von sogenanntem grünen Wasserstoff, der mit Hilfe von Ökostrom gewonnen wird. Bisher gibt es dazu aber nur Pilotprojekte. Erst im Juni hatte die Bundesregierung eine Nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. Das Konjunkturpaket gegen die Corona-Krise soll Milliarden in neue Technologien pumpen.

Bei wichtigen Fragen aber kann die Bundesregierung nicht alleine handeln, weil sie auf internationaler Ebene entschieden werden – vor allem, wenn es um Chancengleichheit auf den Weltmärkten geht. Eine vor allem von China getriebene „Stahlschwemme“ setzt die Preise unter Druck. Altmaier sprach von „aggressiven“ Marktpraktiken. Dazu kommen US-Schutzzölle, die den Export erschweren. Internationale Gespräche laufen längst, den Handelskonflikt konnten sie bisher nicht lösen.

Auf EU-Ebene will sich die Bundesregierung nun im Zuge der deutschen Ratspräsidentschaft dafür einsetzen, die Abwanderung von Unternehmen mit hohem Treibhausgans-Ausstoß in Länder mit weniger strengen Umweltstandards und damit niedrigeren Kosten für die Produktion zu vermeiden.

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Ein Mitarbeiter schaufelt in einem Stahlwerk Sand in die Abstichrinne am Hochofen. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Konkret nennt das Konzept eine kostenfreie Zuteilung von eigentlich kostenpflichtigen Emissionsrechten, eine „angemessene“ Kompensation von CO2-bedingten Strompreissteigerungen für die Industrie - und ein „Grenzausgleich“ für CO2-intensive Produkte beim Import in die EU aus Regionen ohne vergleichbare Klimaschutz-Vorgaben. Dieser Ausgleich - auch Klimazoll genannt - müsste aber konform sein mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO, darauf pocht gerade Deutschland.

Außerdem will sich die Bundesregierung in der EU für einen besseren Schutz vor Billigimporten einsetzen. „Die jüngsten Anpassungen der EU-Schutzmaßnahmen im Außenhandel waren nicht ausreichend, um die Stahlindustrie vor gravierenden Schäden zu bewahren“, sagte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Die EU-Kommission müsse schnell handeln, denn ein sich verschärfender Importdruck könne die konjunkturelle Erholung gefährden.

Zu den Schwierigkeiten auf dem Weltmarkt kommt die Herkulesaufgabe Klimaschutz. Bisher ist die Stahlindustrie für 30 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen in der Industrie verantwortlich, wie IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner sagte. Beim Umbau soll Deutschland nun eine internationale Vorreiterrolle einnehmen. Für die langfristige Umstellung auf eine klimafreundlichere Stahlproduktion aber sind laut Konzept Investitionen von rund 30 Milliarden Euro nötig. Das könne die Branche nicht alleine stemmen, so Kerner.

Altmaier sprach von einer „erheblichen finanziellen Herausforderung“. Er wolle sich bei künftigen Haushaltsverhandlungen für mehr Mittel einsetzen, machte der Minister deutlich. Allerdings muss Brüssel das beihilferechtlich genehmigen.

Kritik am Stahlkonzept kam von der Opposition. Es enthalte jede Menge Prüfaufträge, und bei den Stromkosten sei der Staat der größte Kostentreiber, sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. Der Grünen-Abgeordnete Dieter Janecek sagte, klimaneutraler Stahl erfordere einen schnellen Markthochlauf von grünem Wasserstoff. Seine Produktion müsse deshalb durch eine Reform der Abgaben und Umlagen wirtschaftlich gemacht werden. Der Linke-Politiker Alexander Ulrich kritisierte Altmaiers Stahlkonzept als „heiße Luft“.

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