BVMB-Umfrage

Gleicher Vergaberechtsschutz für EU-Schwellenwerte gewünscht

BONN (ABZ). - Was die Bundesregierung im Koalitionsvertrag bereits 2009 angekündigt hatte, will sie jetzt in die Tat umsetzen: Wegen der bisher unbefriedigenden Rechtssituation soll für die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte ein wirksamer Rechtsschutz eingeführt werden. Das sieht ein Diskussionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums vor, das den Verbänden aktuell zur Stellungnahme vorliegt. Zur Debatte stellt die Bundesregierung vier unterschiedliche Rechtsschutzmodelle: Ein verwaltungsinternes Verfahren, eine Ausweitung des bisherigen zivilrechtlichen Rechtsschutzes, einen so genannten "schlanken Rechtsschutz" und einen Rechtsschutz, wie er bereits seit einigen Jahren oberhalb der Schwellenwerte besteht.Die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e. V. (BVMB) hat das Vorhaben der Bundesregierung zum Anlass einer Umfrage unter ihren 700 Mitgliedern genommen. Das Ergebnis fällt eindeutig aus: Von den vier Alternativen lehnt der Mittelstand die drei erstgenannten Modelle ab. Es seien nur halbherzige Modelle, die keinen effektiven Rechtsschutz ermöglichen würden, beklagen die Bauunternehmen. Sie sprechen sich deshalb unisono für das vierte Modell aus, die so genannte 1:1-Umsetzung, die keinen Unterschied zwischen dem Rechtsschutz unterhalb wie oberhalb der EU-Schwellenwerte macht.Ein wirksamer Rechtsschutz bestand bisher seit einigen Jahren nur oberhalb der EU-Schwellenwerte, ab einem Bauauftragswert von 4,845 Millionen Euro. Unterhalb dieses Schwellenwertes – das betrifft immerhin circa 90 Prozent des Auftragsvolumens – gibt es keinen Primärrechtsschutz. Hier herrscht bis heute Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung – eine aus Sicht der mittelständischen Bauwirtschaft nicht mehr hinnehmbare Misere.Am bisherigen Rechtszustand im Unterschwellenbereich monieren die mittelständischen Bauunternehmen vor allem, dass sie trotz klarer Verstöße der öffentlichen Hand gegen das Vergaberecht keine effektiven Möglichkeiten haben, die Beseitigung von Vergabefehlern zu erzwingen. So können sie zum Beispiel keine Vergabekammern zur Überprüfung einer Vergabe anrufen oder einen fehlerbehafteten Zuschlag auf einen Auftrag verhindern. Stattdessen stehen ihnen bis heute nur relativ harmlose Rechtsmittel zur Verfügung, wie etwa die Beschwerde bei der zuständigen VOB-Stelle. Den Gang dorthin sparen sich immer mehr Bauunternehmen, weil sie häufig die Erfahrung gemacht haben, dass "eine Krähe der anderen Krähe kein Auge aushackt". Der Rechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte verpufft bis dato, weil das Schwert stumpf ist und die Rechtsmittel wirkungslos sind. Ähnlich verhält es sich mit drei der vier von der Bundesregierung vorgeschlagenen Modellen. Sie entfalten entweder nur eine geringe Wirkung oder schränken den wirksamen Rechtsschutz zu stark ein.Das Modell des verwaltungsinternen Verfahrens, das bereits in Sachsen angewendet wird, führt schon allein deshalb zu keinem effektiven Rechtsschutz, weil es kein Zuschlagsverbot vorsieht. Zudem besteht der Nachteil, dass die Nachprüfungsbehörde, die den beanstandeten Verstoß eines öffentlichen Auftraggebers überprüfen soll, lediglich die zuständige Aufsichtsbehörde ist. Insofern verwundert es nicht, dass von den in Sachsen im Jahr 2008 eingereichten 126 Beschwerden nur eine einzige Beschwerde Erfolg hatte.Auch das Modell, das eine weitere Ausgestaltung des bisherigen zivilrechtlichen Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich vorsieht, erscheint wenig zielführend. Das Modell ist zu kompliziert. Es bietet keinen effektiven Primärrechtsschutz und führt zu einer gespaltenen Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen und der Zivilgerichte. Es besteht somit die Gefahr einer Zersplitterung des Rechtsschutzes unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte. Das Modell mit dem so genannten "schlanken Rechtsschutz", der als Ausgangspunkt den bisherigen Rechtsschutz oberhalb der EU-Schwellenwerte vorsieht, aber einige Modifizierungen erfahren soll, ist auf den ersten Blick durchaus überlegenswert. Bei näherer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass die im Diskussionspapier genannten Modifizierungen, zum Beispiel Einschränkung des Suspensiveffekts, keine zweite gerichtliche Instanz etc., schwerwiegende rechtliche Konsequenzen haben und den effektiven Rechtsschutz in erheblichem Maße beschneiden.Aus Sicht des Mittelstandes kommt nur das Modell der "1:1-Umsetzung", das einen Rechtsschutz wie oberhalb der EU-Schwellenwerte beinhaltet, in Frage. Es stellt die einzige Möglichkeit dar, bei der die Bewerber und Bieter die gleichen primärrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten zur Beseitigung eines Verstoßes eines Auftraggebers gegen das Vergaberecht hätten, wie sie bisher schon oberhalb der EU-Schwellenwerte gegeben sind. Um allerdings eine von manchen Skeptikern befürchtete Beschwerdeflut zu verhindern, schlägt die BVMB eine noch zu diskutierende Bagatellschwelle für den Zugang zum Unterschwellen-Rechtsschutz vor, zum Beispiel ab 100.000 Euro.

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