Das Wohnraumproblem bleibt weiterhin ungelöst

Bauaussichten

Von Dr. Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e. V., Berlin

Die Bauwirtschaft brummt wie schon lange nicht mehr", jubelte Bundesbauminister Horst Seehofer jüngst in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages. Es gebe mehr Beschäftigte und auch mehr Wohnungen. Also alles gut am Bau? Aus unserer Sicht weit gefehlt! Es wird immer noch zu wenig, zu teuer und viel zu häufig am falschen Ort gebaut.

Das gesamtgesellschaftliche Problem von viel zu wenig bezahlbarem Wohnraum, vor allem in Metropolen und Universitätsstädten, ist keineswegs vom Tisch. Im Gegenteil: Alle Indikatoren deuten auf weitere Verschärfung hin. Die aktuelle Deutschland-Studie von Prognos konstatiert beispielsweise, dass Familien in München im Schnitt 43 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben müssen. Im badischen Freiburg sind es 42 Prozent, in Frankfurt am Main immerhin 39 Prozent. Als Faustregel galt über Jahrzehnte, dass Wohnkosten maximal ein Drittel des Haushaltseinkommens nicht übersteigen dürfen. Davon sind wir in zunehmenden Teilen der Republik aber weit entfernt.

Sehenden Auges verlieren wir jedes Jahr zehntausende Sozialwohnungen. Gab es 2007 noch gut zwei Millionen, steuern wir aktuell auf eine Halbierung des Bestands zu. Wohnungen, auf die vor allem die Schwächeren in unserer Gesellschaft dringend angewiesen sind – Alleinerziehende, Ältere mit kleiner Rente, Behinderte.

Effiziente Abhilfe gegen hohe Mieten schafft nur der Neubau. 1,5 Millionen Wohnungen sollten es in der laufenden Legislaturperiode sein, so zumindest lautete das Versprechen der Bundesregierung. Doch dieses Ziel ist unerreichbar, wie auch politisch Verantwortliche inzwischen einräumen. Schlimmer noch: Die schon seit vier Quartalen sinkenden Genehmigungszahlen lassen befürchten, dass die beginnende Talfahrt an Tempo gewinnt.

Minister Seehofer hat recht: Die Bauwirtschaft arbeitet an der Kapazitätsgrenze. Und die Baustoffindustrie, zu der die Mauerwerksbranche gehört, kann überwiegend auf ein gutes Jahr 2019 auf nahezu Vorjahresniveau zurückblicken. Aber aktuell leben wir vom Überhang bereits genehmigter, aber noch nicht realisierter Wohnungen. Die Personalknappheit in den Bauämtern wird die Negativbilanz nur verschärfen.

Wie oft haben wir die Frage gestellt: Was muss jetzt geschehen? Es folgte politisches Klein-Klein, aber keine Strategie. Schnellschüsse wie die begrenzte Sonder-AfA oder das befristete Baukindergeld verpuffen. Wo bleiben langfristige, berechenbare Rahmenbedingungen? Wo bleiben die personell ausreichend ausgestatteten Behörden, um Genehmigungen endlich zu beschleunigen? Länder und Kommunen sind gefordert, Genehmigungsbehörden wieder in einen arbeitsfähigen Zustand zu versetzen.

Schlüsselparameter für mehr bezahlbaren Wohnraum sind Baulandpreise und optimale Bauweisen. Die Kommunen müssen viel stärker als bisher innerstädtisch nachverdichten, die wenigen noch vorhandenen Baulücken schließen und aufstocken. Dafür braucht man flexible Bauweisen. Keine Bauweisen, die erst bei Wiederholung von mindestens 25 Wohnungseinheiten pro Baustandort rentabel werden.

Eine Vergabe, die dem besten Konzept und nicht dem teuersten Bieter einen Zuschlag erteilt, hilft, Kommunen dauerhaft sozial zu durchmischen. Dafür gibt es bundesweit sehr gute Beispiele. Es gilt aber auch, überall dort, wo die Nachverdichtungspotenziale bereits ausgereizt sind, die Ausweisung von neuem Bauland voranzutreiben und kostenoptimiert zu bauen. Ein Schlüsselweg ist hier das typisierte Bauen. Einerseits können dadurch erwähnenswert Planungskosten eingespart werden – insbesondere dann, wenn man über Ländergrenzen hinweg Typengenehmigungen mehrfach nutzen kann. Andererseits sichert typisiertes Bauen die Ausnutzung von Skaleneffekten bei der Herstellung wiederkehrender Grundriss- und Bauteillösungen.

Der Mauerwerksbau hält dazu sehr gute Lösungen bereit. Die Massivbauweise steht für langlebige Konstruktionen, wohngesunde Innenraumluft und hohe Flexibilität bei den Grundrissen, wie etwa für Baulücken. Im Vergleich zu anderen Bauweisen sind Kostenvorteile von bis zu 17 Prozent möglich, so die unabhängigen Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE Kiel). Zudem machen spezifische bauphysikalische Vorteile Mauerwerk zum optimalen Baustoff in der Stadt: Die Temperaturentwicklung in den Ballungszentren hat gezeigt, dass die thermische Speicherfähigkeit immer mehr an Stellenwert für gesundes Wohnen gewinnt. Mauerwerk puffert Sommerhitze. Da Lärm deutlich stärker als Stressfaktor empfunden wird – ob von außen oder von innen – wird guter Schallschutz immer wichtiger. Vor allem bei der Nachverdichtung macht er den Unterschied zwischen Akzeptanz und Ablehnung der neuen Nachbarn.

Fehlender Wohnraum wird zum sozialen Sprengstoff, dessen müssen wir uns alle bewusst sein: Politik, Gesellschaft und Bauschaffende. Politische Pokerrunden um kommunale, regionale oder bundespolitische Mehrheiten laufen wohnungswirtschaftlich ins Leere. Wir als Mauerwerksindustrie bringen unser Know-how auch weiterhin gern ein, wenn es darum geht, Lösungen zu erarbeiten, die nachhaltige Impulse für den Wohnungsbau liefern.

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