Deichbaumaßnahmen

Neue Wege der Kampfmittelräumung

Deichbau Bagger und Lader
Kampfmittelbeseitigung auf Helgoland: Absiebung des Aushubs per Schaufelseparator. Foto: David Spoo

Helgoland (ABZ). – Bevor an Helgolands Nordküste mit der Verstärkung des Deichs begonnen werden kann, musste das Baufeld aufgrund massiver Bombenabwürfe in den Jahren 1945 und 1947 von potentiellen Kampfmitteln befreit werden. Dabei kam erstmals in Deutschland eine in Kriegsgebieten erprobte Minenschaufel zum Einsatz. Das inhabergeführte Hamburger Bauunternehmen Brauckmann & Damm (B&D) hat in der über 40-jährigen Firmengeschichte an vielen regionalen Großprojekten mitgewirkt – wie etwa am Elbtunnel, am Messegelände oder an der HafenCity – und hat sich im Spezialtiefbau einen Namen gemacht. So beinhaltet der Maschinenpark zwei Spezialgeräte, die Aushubtiefen bis zu 25 m auch in schwer lösbaren Böden gewährleisten. "Uns liegen anspruchsvolle Bauaufgaben", sagt Jan Brauckmann, der B&D mit seinem Vater, Firmengründer Heinz Brauckmann, leitet. Die Ausschreibung, die der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) Ende März 2016 veröffentlichte, sprach B&D an. Gefordert war der Abtrag von rund 46 900 m³ Boden auf der Insel Helgoland, die Separation von Kampfmitteln und ferromagnetischem Schrott per Siebanlage sowie der anschließende Wiedereinbau. Die Ausschreibung beinhaltete zudem die händische Sondierung einer 4760 m² großen Deich- und Dünenfläche.

B&D setzt bei Baustellen in Hamburg zur Feinabsiebung und zur Bodenstabilisierung zwei Schaufeln des finnischen Herstellers Allu ein. Kurz nach Veröffentlichung der Ausschreibung sprach Jan Brauckmann mit Ulrich Barth, Key Account Manager bei Allu Deutschland. Dieser berichtete vom US-amerikanischen Unternehmen Halo-Trust, das darauf spezialisiert ist, ehemalige Kampfgebiete von Minen zu säubern. Dabei nutzt Halo-Trust seit einigen Jahren Schaufel-Separatoren von Allu, sogenannte Mine-Buster. Da für das Projekt auf Helgoland ein Nebenangebot explizit zugelassen war, entstand die Idee, anstelle der geforderten Siebanlage eine an einem Kettenbagger angebaute Spezialsiebschaufel einzusetzen. "Diese Variante ist deutlich wirtschaftlicher, da die Absiebung an Ort und Stelle erfolgen kann und der Transport des Abtragmaterials zur Separationsanlage entfällt", erläutert B&D-Projektleiter Torben Otte. Als weitere Vorteile gingen ein geringeres Staubaufkommen und eine niedrigere Lautstärkebelastung damit einher. Dies sei wichtig, da das Separationsgelände direkt an die Helgoländer Jugendherberge grenzt und die Arbeiten aufgrund der Ende September beginnenden Sturmflutsaison in die Hauptferienzeit fielen. Außerdem bildete B&D eine ARGE mit der Tauber DeDe Comp GmbH. Das Unternehmen ist seit mehr als 50 Jahren weltweit in der Kampfmittelbeseitigung aktiv. Einen derartigen Einsatz hatte es in Deutschland bislang nicht gegeben und so reagierte Lennart Matzen, beim LKN.SH zuständig für den Neubau von Deichen und sonstigen Küstenschutzanlagen, zunächst skeptisch auf die Bewerbung der ARGE. "Diese Lösung bot allerdings einige Vorteile und der Kampfmittelräumdienst Schleswig-Holstein, mit dem wir uns austauschten, teilte unsere positive Einschätzung", erinnert sich Matzen. Schließlich erteilte der Landesbetrieb dem Nebenangebot den Zuschlag. Eine große Herausforderung bestand Otte zufolge darin, die drei Baumaschinen – einen Kettenbagger, einen Radlader und einen Minibagger – von einem Ponton über die neben dem Baufeld gelegene Kaimauer an Land zu bringen. Ein "Landgang" im Hafen wäre nicht möglich gewesen, da zumindest der 26 t schwere CAT-Kettenbagger 324E die Wege der autofreien Insel beschädigt hätte. Ende Juni konnte die Maßnahme beginnen. In Zwölf-Std.-Schichten erfolgte der 2 m tiefe Aushub, die Tagesleistung lag zwischen 600 und 800 m³.

An erster Stelle stand stets die Sicherheit: Vor dem Ausbaggern wurde das aktuelle Arbeitsfeld von Sandro Vlk, Räumstellenleiter der Firma Tauber, untersucht. Baggerfahrer Burghard Witt war im gepanzerten Bagger geschützt. Beim eingesetzten Schaufelseparator handelt es sich um eine Sonderanfertigung, die im finnischen Allu-Werk hergestellt worden war. Er ist mit einer Klappe versehen, die nach jedem Aushub hydraulisch geschlossen wird. Die Panzerung dieses Mine Busters ist stark genug, um bis zu 200 g TNT darin zu sprengen.

Zum Schutz vor möglichen Explosionen war die Jugendherberge durch Sandsäcke gesichert. Um Gäste und deren Blick auf die Nordsee nicht zu lange zu stören, arbeitete das Team von der Jugendherberge weg in Richtung Nordstrand-Felsen. Im Verlauf der dreimonatigen Arbeiten ist es zu Kampfmittel-Funden gekommen, die dem Kampfmittelräumdienst Schleswig-Holstein überlassen wurden. Darüber hinaus konnte der Nordstrand von größeren Mengen ferromagnetischen Schrotts befreit werden. Beim Ortstermin Ende September – kurz vor der fristgerechten Beendigung der Arbeiten – zeigten sich die Projektbeteiligten von LKN.SH, B&D, Tauber und Allu zufrieden mit dem Verlauf des Projekts. Lennart Matzen sieht die Verwendung des Schaufelseparators durchaus als Blaupause für künftige Einsätze dieser Art. Der für den Neubau von Deichen beim LKN.SH zuständige Leiter berichtet, dass die Planungen für den Deichbau am Helgoländer Nordstrand angelaufen sind und die Bauarbeiten voraussichtlich im Jahr 2019 beginnen werden.

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