„Rezession verliert Schrecken”

Deutsche Wirtschaft behauptet sich

Wiesbaden (dpa). - Die hohe Inflation und die Energiekrise belasten Verbraucher und Unternehmen. Dennoch schlägt sich Europas größte Volkswirtschaft im Sommer besser als angenommen. Die Zukunftssichten sind nicht mehr ganz so trübe.

Die deutsche Wirtschaft geht mit einem stärkeren Wachstumspolster als erwartet in die kommenden Monate. Trotz Gegenwinds stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. In einer ersten Schätzung war das Statistische Bundesamt von einem Zuwachs um 0,3 Prozent ausgegangen. Volkswirte rechnen zwar weiterhin mit einem frostigen Winterhalbjahr. Angesichts milliardenschwerer staatlicher Entlastungspakete und gefüllter Gasspeicher erwarten viele Ökonomen aber einen vergleichsweise milden Konjunkturrückgang. „Die Rezession verliert ihren Schrecken”, sagte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Europas größte Volkswirtschaft wuchs trotz des Ukraine-Krieges, hoher Inflation, anhaltender Corona-Pandemie und Lieferengpässen das dritte Quartal in Folge, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden weiter mitteilte. Zu Jahresbeginn war preis-, saison- und kalenderbereinigt ein Plus von 0,8 Prozent verzeichnet worden, im zweiten Quartal von 0,1 Prozent. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum wurde im Sommer demnach erstmals das Niveau von der Corona-Krise übertroffen.

Getragen wurde das Wachstum im Zeitraum Juli bis September, das über dem Schnitt des Euroraumes von geschätzt 0,2 Prozent lag, vor allem vom Privatkonsum. Trotz hoher Inflation und Energiekrise hätten Verbraucherinnen und Verbraucher auch im dritten Quartal die Aufhebung fast aller Corona-Beschränkungen genutzt, um zum Beispiel mehr zu reisen und auszugehen, erläuterte die Wiesbadener Behörde.

Zugleich investierten Unternehmen deutlich mehr in Ausrüstungen wie Maschinen und Fahrzeuge als im zweiten Quartal. Die Bauinvestitionen waren hingegen erneut rückläufig. Hohe Baupreise und gestiegene Hypothekenzinsen dämpfen das Geschäft. Der Handel mit dem Ausland nahm trotz der angespannten internationalen Lage zu. Die Importe von Waren und Dienstleistungen stiegen gegenüber dem Vorquartal allerdings stärker als die Ausfuhren „Made in Germany”.

Positiv werten Volkswirte, dass die Konsumstimmung der Verbraucher zuletzt nicht weiter abrutschte. „Die langanhaltende Furcht der Verbraucher bezüglich explodierender Energiepreise hat sich aktuell etwas abgeschwächt”, erläuterte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Solange Zweifel an einer problemlosen Energieversorgung bestünden und die Inflation hoch bleibe, werde sich das Konsumklima allerdings nicht spürbar und nachhaltig erholen.

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verbesserte sich nach Angaben des Ifo-Instituts im November dagegen deutlich. „Die Rezession, wenn sie kommt, wird glimpflicher ausfallen als viele erwartet haben”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet für die erste Hälfte des kommenden Jahres zwar weiterhin mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Zuletzt habe es aber Zeichen einer Entspannung gegeben, „die in Deutschland und auch im Euroraum gegen einen Kollaps der Wirtschaft wie in der Finanzkrise 2008/9 oder wie nach dem Ausbruch von Corona sprechen”. In der Corona-Krise 2020 war das Bruttoinlandsprodukt im Gesamtjahr um mehr als vier Prozent eingebrochen.

Sorge bereitet vor allem die hartnäckig hohe Inflation, die im Oktober auf 10,4 Prozent stieg. Hohe Teuerungsraten belasten Unternehmen und schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten. Das kann den Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze dämpfen. Zugleich dürfte die Abschwächung der Weltkonjunktur Volkswirten zufolge den Export unter Druck setzen.

Nach einer Prognose der Industriestaaten-Organisation OECD wird das weltweite Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine ausgebremst. Das globale Wachstum dürfte demnach 2023 nur noch bei 2,2 Prozent liegen. Das sei deutlich weniger als vor dem Krieg erwartet. „Höhere Inflation und geringeres Wachstum sind der saftige Preis, den die Weltwirtschaft für Russlands Krieg gegen die Ukraine zahlt”, hieß es in der Studie.

Dank des Wachstums der vergangenen Quartale rechnete die Bundesregierung zuletzt im Gesamtjahr 2022 mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,4 Prozent. Für das kommende Jahr wird infolge der erwarteten schwachen Entwicklung in den ersten Monaten ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr vorhergesagt.

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