Die Baumaschinen-Branche in der Corona-Krise

Umsatzrückgänge von 10 bis 30 Prozent erwartet

von: Jennifer Schüller
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So blicken die VDMA-Mitgliedsunternehmen in die Zukunft. Abb. und Fotos: VDMA

Berlin/Frankfurt am Main. – Der VDMA und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie haben sich in der vergangenen Woche in einer gemeinsamen Pressekonferenz zu den wirtschaftlichen Konsequenzen sowie den Erwartungen angesichts der Covid-19-Pandemie geäußert. Die Experten zeigten sich dabei durchweg verhalten optimistisch. Vor allem weil die Baumaschinenindustrie derzeit noch von den vergangenen zwei "Boomjahren" zehren kann.Zwar rechne die Baumaschinenbranche mit einem Umsatzrückgang von 10 bis 30 Prozent, allerdings sei dieser Einschnitt nicht so dramatisch wie etwa in den Krisenjahren 2008/2009, stellte Sebastian Popp, stellvertretender Geschäftsführer des VDMA heraus: "Im Best-Case-Szenario werden wir einen Einbruch von etwa 7 Prozent erleben. Der Worst Case wäre ein Rückgang von rund 30 Prozent. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wenn es so weitergeht wie bisher, wir am Ende des Jahres vermutlich mit einem Umsatzrückgang um die 20 Prozent rechnen müssen." Im Vergleich: 2009 war das Geschäft mit Baumaschinen um 52 Prozent und das Geschäft mit Baustoffanlagen um 21 Prozent eingebrochen. Erst 2017 hatte sich die Branche wieder auf den Stand vor der Krise zurückgekämpft.Ein großer Unterschied zur damaligen Situation liege im beispiellosen Wachstum, das die Branche seit 2016 erfahren habe. 2019 wurde ein Rekordniveau von 17 Milliarden Euro erreicht. Rückgänge seien, so Popp, deshalb auch ohne die Corona-Krise sehr wahrscheinlich gewesen. Grundsätzlich profitiere die Branche aktuell noch von den sehr guten Vorjahren. Selbst für das erste Quartal 2020 zeigten sich noch keine Auswirkungen der Krise. Auf dem deutschen Markt lagen für diesen Zeitraum die Baumaschinenabsätze 9,5 Prozent im Plus.

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Im ersten Quartal 2020 hat die Corona-Pandemie noch keine Auswirkungen gezeigt.

"Einen signifikanten Einbruch sehen wir aktuell noch nicht", berichtete Popp. Der VDMA erwartet jedoch ab April einen signifikanten Rückgang. Bereits in den Ergebnissen der zweiten VDMA-Blitzumfrage zur Corona-Krise hätten sich negative Tendenzen gezeigt, so der Verband. 57 Prozent der Unternehmen, die aus dem Baumaschinen- und Baustoffanlagenbereich teilnahmen, gaben an, dass sie signifikante oder starke Rückgänge beim Auftragseingang hinnehmen mussten. In der im April darauf folgenden Runde waren es bereits 72 Prozent.

Kaum Stornierungen
Positiv zu verzeichnen sei jedoch, dass es kaum Stornierungen von Aufträgen, sondern mehrheitlich fehlende neue Bestellungen gegeben habe. Auch Störungen in der Lieferkette seien weitestgehend stabil geblieben, von Ende März bis Mitte April waren diese laut VDMA sogar leicht rückläufig. "Die Disruptionen in der Produktion scheinen nicht so gravierend zu sein, wie zunächst befürchtet", fasste es Popp zusammen. Insgesamt zeige sich somit, dass es den Unternehmen gelinge, Prozesse anzupassen und Alternativen einzusetzen. Die vierte Umfrage vom 7. bis 8. Mai habe an dieser Stelle weitere positive Tendenzen gezeigt. Anders sehe es beim Auftragseingang aus. 87 Prozent der Unternehmen gaben laut VDMA an, gravierende oder signifikante Einbußen zu haben – vorwiegend in Europa und den USA, China spiele dabei kaum eine Rolle. Der europäischen Baumaschinen-Branche geht es laut Popp flächendeckend deutlich schlechter als Deutschland. Aufgrund strengerer Lockdowns insbesondere in Italien und Spanien sei der Baumaschinenabsatz innerhalb Europas im ersten Quartal 2020 fast um 50 Prozent eingebrochen.Von Seite der Baumaschinenhersteller bezog Franz Josef Paus, Vorsitzender des VDMA und Geschäftsführer der Hermann Paus Maschinenfabrik, bei der Pressekonferenz Stellung. "Die meisten Mitgliedsunternehmen sind wieder wie sonst im Einsatz", sagte Paus im Pressegespräch. Nur bei der Serienproduktion habe es größere Stillstände gegeben. Seine Beobachtungen decken sich mit den Ergebnissen der VDMA-Umfrage: Die Auswirkungen seien vorhanden, aber nicht so gravierend wie erwartet. "Wir sind bei weitem nicht so betroffen wie andere Branchen. Mit Vorbehalt glaube ich, dass wir schon wieder auf dem aufsteigenden Ast sind."Im Bereich Baustoffanlagen bilden Zulieferer der Zementbranche am Umsatzvolumen gemessen das größte Segment. Die weltweite Drosselung der Zementproduktion führt laut VDMA auch bei den Maschinen- und Anlagenbauern dieser Branche zu Einbußen. Aktuell seien noch 80 Prozent der Zementwerke weltweit aktiv, jedoch vielerorts mit reduzierter Produktion.
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Franz-Josef Paus.
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Inga Stein-Barthelmes. Foto: HDB

Dabei bestünden große regionale Unterschiede. In Indien beispielsweise, ein Land das traditionell ein starker Markt für die VDMA-Mitglieder sei, stünden alle Zementwerke still. Die VDMA-Mitglieder aus der Fachabteilung Zementanlagen rechnen deshalb mit einem Rückgang des Auftragseingangs in diesem Jahr von mehr als 20 Prozent in Relation zu den erwarteten Ergebnissen. Gleichzeitig werde aber auch mit einer baldigen Rückkehr zum Vor-Corona-Niveau gerechnet.

Regionale Unterschiede
Größere Einschnitte erwartet VDMA-Informationen zufolge die Ziegelzulieferindustrie. Mitglieder der europäischen Arbeitsgruppe ECTS berichteten teilweise von dramatischen Einschnitten. Vor allem Engineering-Unternehmen, die fast ausschließlich von großen Projekten im Bereich Neuanlagen oder Überholung leben, rechneten mit Verlusten im Auftragseingang von mehr als 30 Prozent. Da ein genaues Ende der Krise noch nicht abzusehen ist, könne selbst dieser Wert teilweise zu konservativ sein. Etwas besser hingegen sehe es bei den Unternehmen aus, die Verschleißteile in die grobkeramische Industrie liefern. Hier rechneten die Hersteller aktuell mit Rückgängen um 15 Prozent, so der VDMA. Als Branche sind wir sehr heterogen aufgestellt, das erschwert natürlich allgemeine Aussagen. Trotzdem können wir insgesamt feststellen, dass wir die Krise bis heute recht gut meistern konnten. Wir erwarten im Laufe des Jahres für unsere Branche deutliche Rückgänge, die aber nicht so schwer wie 2009 ausfallen werden. Für 2021 sehen wir die Chance für einen zügigen Aufschwung. Dieser wird auch von hoffentlich kurzen Planungszeiträumen für gegebenenfalls neu aufgelegte oder bereits laufende Infrastrukturprojekte abhängen", bekräftigte Paus.Auch der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) hat unter seinen Mitgliedsunternehmen im April eine Umfrage durchgeführt an welcher 453 Personen teilgenommen haben. Inga Stein-Barthelmes stellte die Ergebnisse dieser Erhebung in der Pressekonferenz vor. Rund 58 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, in ihrer Leistungserbringung gehindert zu sein. Allerdings bewerteten 71 Prozent davon die Auswirkungen nur als geringfügig und nur 28 Prozent als stark. Die größten Einschränkungen in Bezug auf die Baufähigkeit sahen 44 Prozent der Befragten im Gesundheitsschutz/Hygienemaßnahmen, 37 Prozent in fehlenden Materiallieferungen und 35 Prozent in behördlichen Quarantäneauflagen. Jeweils 21 Prozent führten Einschränkungen auf hohe Krankheitsstände im eigenen oder in Subunternehmen an. Insgesamt sei der Organisationsaufwand für Unternehmen gestiegen, so HDB. Für rund 67 Prozent sei dies auf Home Office und Abstandsregeln zurückzuführen, 53 Prozent nannten Verzögerungen durch den Auftraggeber. Nur 18 Prozent nannten Verzögerungen bei der Rechnungsbegleichung.
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Ralf Lüddemann. Foto: HDB
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Sebatsian Popp.

Grundsätzlich – und in Übereinstimmung mit der Umfrage des VDMA – beobachteten nur 7 Prozent der befragten Unternehmen, dass öffentliche Auftraggeber Rechnungen nicht mehr zahlen.

Nominale Stagnation
Insgesamt geht die Bauindustrie aufgrund eines zu erwartendem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 4,2 Prozent von einer nominalen Stagnation des baugewerblichen Umsatzes, das heißt real von einem Rückgang um 3 Prozent aus. Nun komme es darauf an, die Leistungsfähigkeit der Bauindustrie als Konjunkturmotor zu erhalten und die Nachfrage nach Bauleistungen von Seiten der öffentlichen und privaten Auftraggeber stabil zu halten und auszuweiten, Stein-Barthelmes in ihren Ausführungen. Seitens der Bauindustrie werde es wesentlich sein, die Nachfrage nach Bauleistungen auf Seiten der öffentlichen und der privaten Auftraggeber stabil zu halten und auszuweiten. Die Folgen für die kommunalen Haushalte seien enorm. Die Gewerbesteuer werde zusammenbrechen und mittelfristig auch die Einnahmen aus der Einkommenssteuer sinken, so Stein-Barthelmes weiter. Die kommunalen Haushalte würden aus dem Vorwärtsgang bei laufender Fahrt ungebremst in den Rückwärtsgang schalten. Das würge den stärksten Motor ab. Es brauche daher einen Schutzschirm für Kommunen. Nur mit einer mittelbaren staatlichen Unterstützung könne die Baubranche langfristig gesichert werden. Sie habe auch auf dem Höhepunkt der Krise mit erheblichen eigenem Aufwand ihre Leistungsfähigkeit zugunsten der Volkswirtschaft ohne wesentliche Einschränkungen unter Beweis gestellt.Ferner erkannten VDMA und HDB an, dass die Corona-Pandemie bestätige, worauf bereits seit einiger Zeit hingearbeitet werde: Prozesse, wenn möglich, digital abzubilden (mehr zum Thema, wie die Corona-Krise die Digitalisierung angestoßen hat, lesen Sie auf Seite 3). Standards würden dabei sehr helfen. Digitale Kommunikationsmittel und Anwendungen würden in der Baubranche gerade eine hohe Nachfrage erfahren, so VDMA und HDB. Begrenzungen gebe es gegenwärtig jedoch im Status des Netzausbaus der Telekommunikationsinfrastruktur und in teilweise inkompatiblen Systemen. "Die aktuelle Krisensituation gibt zusätzliche Impulse, die Automatisierung beispielsweise im Bereich des modularen und seriellen Bauens ebenso rascher voranzutreiben wie auch die Bestrebungen zur Standardisierung der Maschinendaten, der Schnittstellen und der Maschinenkommunikation. Schon heute können wir feststellen, dass diese Faktoren die Aufrechterhaltung unseres Baugeschäftes auch in solchen schwierigen Zeiten positiv beeinflussen", fasste Ralf Lüddemann, Vorsitzender des Geräteausschusses der Bauindustrie und Leiter Maschinentechnik bei Leonhard Weiss zusammen.

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