Die Natur im Blick

Erstes Schlauchwehr im Spreewald in Betrieb genommen

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Die Montage des Schlauches im ersten Wehrabschnitt. Foto: Opterra André Hahn

Byhleguhre (ABZ). – Gleich zwei regionale Wasser- und Bodenverbände sorgen im etwa 475 km² umfassenden Spreewald für eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft. Mitglieder dieser Wasser- und Bodenverbände sind Landwirte, Grundeigentümer und Gemeinden im Verbandsgebiet. "Zu den Aufgaben der Verbände zählen neben der Gewässerunterhaltung und -pflege u. a. der Bau und die Unterhaltung von Anlagen in und an Gewässern wie Schleusen, Wehre, Durchlässen, Schächten oder Dükern", erläutert Ingolf Burisch vom Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau". Sein Verband ist auch der Bauherr des ersten Schlauchwehres im Spreewald. Das von 2015 bis 2017 erneuerte Wehr im Nordumfluter bei Byhleguhre gehört zu den mehr als 200 Wehren, die durch diesen Verband unterhalten werden. "Im Rahmen der regelmäßigen Bauwerksinspektion wurden starke Schädigungen des Bauwerkkörpers und der Ausrüstungsteile festgestellt", schildert Ingolf Burisch. "Und so stand das vorhandene Wehrbauwerk aus den 1970er-Jahren mit drei 6 m breiten Wehrfeldern und Doppelschützen zur Erneuerung an." Aufgrund der Lage und der Funktion und nicht zuletzt der Investitionssumme entschied man sich, anstelle eines "klassischen" Wehrs mit beweglichen Verschlüssen als Ersatzbauwerk ein Schlauchwehr mit zwei Wehrfeldern mit jeweils 9 m Breite in zwei Bauabschnitten zu errichten.

Im Gegensatz zur klassischen Bauweise von Wehren mit beweglichen Verschlüssen bietet ein Schlauchwehr eine Vielzahl von Vorteilen. So stellt der flexible Wehrkörper keine Behinderung für Treibgut und Eis dar. Zudem ist der Staupegel stufenlos regulierbar. Durch den Verzicht auf mechanische Wehrteile besteht keinerlei Korrosionsgefahr. Auch ist der Betrieb umweltfreundlicher, da keine Schmiermittel benötigt werden. Insgesamt sind bei einem Schlauchwehr der Wartungsaufwand und die Gefahr der unsachgemäßen Betätigung bzw. der Beschädigung der mechanischen Wehrteile durch Fremde geringer.

Darüber hinaus überzeugt ein Schlauchwehr durch die "Einfachheit" seiner Konstruktion. Im Wasserbauwerk wird eine spezielle Gummimembran in Schlauchform auf der betonierten Wehrplatte und an den seitlichen Wehrwangen montiert. Befüllt wird der Schlauch mit Wasser nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße. Hierzu werden in einem Füllschacht, der mit dem Schlauch verbunden ist, durch Überpumpen oder Ablassen bestimmte Wasserstände eingestellt. Die Befestigung des Schlauches auf dem Bauwerk erfolgt durch spezielle Klemmschienen. Aufgrund des Befüllens des Schlauches kommt es zu einer Volumenzunahme, die Schlauchkrone wird angehoben und behindert den Wasserdurchfluss. Dadurch erhöht sich der Pegel des Oberwassers. Im unbefülltem Zustand faltet sich der Schlauch zusammen und kann fast flach auf der Wehrsohle abgelegt werden. Im Hochwasserfall kann so der max. Abfluss gewährleistet und Schäden am Wehr vermieden werden. Die Gummimembran besteht aus einer Elastomerbahn mit einer oder mehreren Gewebeeinlagen aus Polyester oder Polyamid, die als Festigkeitsträger dienen.

Bevor jedoch der erste Schlauch in einem Wehr im Spreewald montiert werden konnte, waren umfangreiche Planungen und Vorbereitungen notwendig. Hiermit beauftragte der Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau" die Planungsgemeinschaft Tief- und Wasserbau GmbH aus Dresden. Nach der Erteilung der Baugenehmigung und der öffentlichen Ausschreibung wurden die gesamten Bauarbeiten durch die Gruppe Wasser- und Spezialtiefbau der Strabag AG in Lübben ausgeführt.

Da die Bauarbeiten direkt am und im Wasser auszuführen waren, galt es durch einen entsprechenden Verbau für eine "trockene" Baustelle zu sorgen. Um den Wasserfluss im Nordumfluter nicht zu behindern, ragte der erste Bauabschnitt knapp bis zur Mitte des Wasserstroms. Neben der komplexen Wasserhaltung der Baustelle waren auch noch zahlreiche Auflagen seitens des Umwelt- und Naturschutzes zu berücksichtigen. Besondere Rücksicht erforderte die gesamte Sohle und Uferregion sowie die ansässige Fauna und Flora. Nach der Trockenlegung des Nordumfluters wurden alle Muscheln aufgesammelt und artgerecht umgesiedelt.

Gemäß den aktuellen Vorgaben sind im Spreewald Ersatzneubauten von Wehren immer mit Fischaufstiegsanlagen zu erstellen. Daraus ergab sich für den Ersatzneubau Wehr III "Halko" eine über die gesamte Strombreite verlaufende Wehrplatte mit drei Wehrpfeilern und einer links angeordneten Fischaufstiegsanlage in Schlitzpassbauweise. Wehrplatte, -pfeiler und Fischaufstiegsanlage wurden komplett aus Beton gefertigt. Für diese Baumaßnahme gelten neben den normativen Vorgaben zudem die Regelungen der ZTV-W LB 215. Diese schreiben vor, dass massive Bauteile von Wasserbauwerken der Expositionsklasse XF3 zwingend mit LP-Beton (Luftporen-Beton) herzustellen sind, um die Frostbeständigkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig soll der Zementanteil im Beton möglichst gering sein und der eingesetzte Zement mit geringer Hydrationswärme abbinden, um eine Rissbildung weitgehend zu vermeiden.

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Bevor der Beton auf die Baustelle geliefert wird, erfolgen einige Test, wie hier die Ermittlung der Konsistenz und der Fließgeschwindigkeit. Foto: Opterra/Sven-Erik Tornow

Für die erfahrenen Spezialisten der Strabag AG eine interessante Herausforderung. Gemeinsam mit dem Frischbetonlieferanten Kann Beton Lausitz GmbH konnte der für die Betonierung der Wehrplatte sowie der Wehrpfeiler und Fischaufstiegsanlage notwendige Beton in geforderter Qualität eingebaut werden. Zur Mischung des LP-Betons kam der Spezialzement Optablue der Firma Opterra Zement GmbH, Werk Karsdorf, zum Einsatz. Seine besondere, abgestimmte Zusammensetzung von Portlandzementklinker und Hüttensand ermöglicht eine gute Frühfestigkeit bei gleichzeitig niedriger Hydratationswärmeentwicklung (LH=LowHeat). Da zudem eine wesentliche Quote des Klinkeranteils durch hochwertigen Hüttensand ersetzt wird, bewirkt der Spezialzement durch eine gute Nacherhärtung zugleich eine hohe Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit des erhärteten Betons.

Im ersten Bauabschnitt wurden die Fischaufstiegsanlage, ein erster Teil der Wehrplatte sowie zwei Wehrpfeiler betoniert. Zudem erstellten die Wasserbauspezialisten die Steuerungszentrale und verlegten die Versorgungsleitungen für den Betrieb des Schlauchwehrs. Nach der Betonage und dem Ausschalen der Bauteile konnte im ersten Feld des Wehrs der Schlauch montiert werden. Danach wurde dieser Teil des Schlauchwehrs geflutet und mit dem Verbau für den zweiten Bauabschnitt begonnen. Mit der Fertigung der restlichen Sohlplatte sowie des dritten Wehrpfeilers und dem Anschluss an das gegenüberliegende Ufer waren die Betonarbeiten beim Neubau abgeschlossen und der zweite Schlauch konnte montiert und in Betrieb genommen werden. Abschließend wurde das "alte" vorhandene Wehr zurückgebaut. Zur Entfernung der Armierung im Gründungsbereich des alten Wehres tauchten Berufstaucher zum Grund des Nordumfluters und brannten die Eisen ab.

Kürzlich wurde das erste Schlauchwehr im Spreewald komplett an den Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau" zum normalen Betrieb übergeben.

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