Die Transformation der Ziegelbranche benötigt angemessene Rahmenbedingungen

von: Stefan Jungk, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Ziegelindustrie
Nachdem die Baubranche bereits 2020 der pandemiebedingten Konjunkturentwicklung trotzte, stimmen auch die bisher veröffentlichten Zahlen für 2021 zuversichtlich. Im ersten Halbjahr erzielten Mauerziegel ein Plus bei der wertmäßigen Produktion von 6,6 Prozent, im Bereich Dachziegel gab es im Vergleich zum Vorjahr sogar einen Zuwachs von 7,2 Prozent.
Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie (BVZI) Verbände

2021 wird aber in der Retrospektive nicht wegen der guten Konjunktur in die Bücher eingehen, sondern aufgrund des insgesamt sehr volatilen Baustoffmarkts. Dank unserer regionalen Wertschöpfungsketten konnten wir fast allen Aufträgen pünktlich und zuverlässig nachkommen. Zum Ende des Jahres sind dann aber auch die Bestände bei den Ziegelwerken immer überschaubarer geworden. Dies galt zunächst für das Dach, mittlerweile sind aber auch Mauerziegel davon betroffen. Es wird deutlich, dass die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum weiterhin steigt. Doch auch die Furcht vor Inflation und teilweise explodierenden Energiepreisen verstärken die aktuellen Engpässe.

Die Wohn- und Mietenkrise hat mit dem gewonnenen Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne in Berlin ein neues Niveau der Polarisierung erreicht. Immerhin zeichnen die baupolitischen Ansätze im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, etwa die Schaffung von 400.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr oder die Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau, ein deutliches Bild, wonach Bauen als Teil der Lösung gesehen wird. Ausdrücklich warnen wir aber vor einer einseitigen Bau- und Baustoffpolitik. Die Versorgungsengpässe, die Preisschwankungen und letzten Endes auch neue Forschungserkenntnisse zeigen: Wer nur auf eine Karte setzt, hat schon verloren. Technologieoffenheit ist der Schlüssel einer funktionierenden Bauwende.

Die Ziegelindustrie wird ihre Bemühungen fortsetzen, fertigungsbedingte CO2-Emissionen kontinuierlich zu reduzieren. Die im März 2021 veröffentlichte Roadmap zur Treibhausgasneutralität der Branche zeigt den Weg zur klimaneutralen Produktion von Ziegeln perspektivisch auf. Gleichwohl sollte allen Beteiligten klar sein, dass die vor uns liegende gewaltige Transformation nur in enger Abstimmung zwischen Wirtschaft und Politik gelingen kann. Der Koalitionsvertrag beinhaltet viele ambitionierte Ziele für den Industriesektor und greift an entscheidenden Stellen durchaus die richtigen Konzepte, wie Carbon Contracts for Difference, Super-abschreibungen für Investitionen in den Klimaschutz oder schnellere Genehmigungsverfahren auf. Letztlich werden wir aber auch an der Realität des Alltags gemessen. Hier erschweren die enormen Schwankungen bei Gas- und Strompreisen aktuell die Planungen für energieeffizientere und zugleich konkurrenzfähige Herstellungsprozesse. Die zuletzt extrem gestiegenen Energiekosten sind schon jetzt ein echtes Problem und werden zu erheblichen Verwerfungen innerhalb der industriellen Produktion führen. Wir erwarten deshalb, dass die Regierung unverzüglich gegensteuert. Ohne verlässliche Energie-infrastruktur sowie mittelfristig ausreichende Verfügbarkeiten von bezahlbaren grünen Energieträgern wird die Transformation nicht gelingen. Denn erst, wenn wir wissen, wo der grüne Strom und der grüne Wasserstoff überhaupt herkommen und auf welchen Übertragungswegen, können wir unsere Produktion entsprechend umstellen.

Die Potenziale beim Ziegel-Recycling sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Neben den Produktions- und Bauthemen wird das Thema Ressourcenschonung 2022 deshalb einen Schwerpunkt in unserer Branche einnehmen. Ziegel sind kreislauffähig und bereits in verschiedene Stoffkreisläufe eingebunden. So kann Baustellenaushub als Rohstoff-ersatz in der Produktion von neuen Ziegeln verwendet werden. Recycelte Ziegel ersetzen Primärkörnungen in anderen Produktionsbereichen und kommen im Wege- und Sportplatzbau zum Einsatz. Zudem wird aufbereiteter Ziegelbruch als Bestandteil von Recycling-Beton wie auch als Substrat im Vegetationsbau genutzt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es sich dabei in der Regel um einzelne, oftmals sehr aufwendige Prozesse handelt. Von einer flächendeckenden funktionierenden Kreislaufwirtschaft sind wir noch weit entfernt. Um Kreislaufstrukturen weiter zu etablieren, werden wir im kommenden Jahr den Dialog mit sämtlichen Stakeholdern suchen.

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