DRK-Kreisverband baut neues Gebäude
Innenwände und Fassadenelemente mittels 3D-Betondruck erstellt
Georgios Staikos ist kein Unbekannter in Beckum, ist er doch Initiator des ersten 3D-gedruckten Hauses in Deutschland. Dieses weckte laut eigener Aussage 2019 auch das Interesse von Sika-Marktfeldmanager Peter Löschnig, der das Haus vor Ort besichtigte und seitdem Kontakt zu Staikos hielt. Dieser erinnert sich: "Peter Löschnig war es auch, der uns für das Bauvorhaben des DRK-Kreisverbandes Sikacrete-733 3D empfahl und uns beim Projektstart vor Ort beraten hat."
Aus seiner Zeit als Bürgermeister von Beckum und Mitgesellschafter des Innovationszentrums Westfalen kannte der Präsident des Kreisverbandes, Prof. Dr. Karl-Uwe Strothmann, die Aktivitäten von Georgios Staikos im 3D-Druck, und so wurde die Idee geboren, Teile des Neubaus im 3D-Druckverfahren herzustellen. Bei diesem Projekt wurden eigenen Angaben zufolge moderne und nachhaltige Bautechniken zusammengeführt: Neben dem 3D-Druck werden Holz-Zementsteine und Betonfertigteile aus 100 % recyceltem Bauschutt genutzt. Insgesamt werden rund ein Viertel der Fassade und acht Wände auf drei Stockwerken mit dem 3D-Drucker gefertigt.
Für den Druck der Fassadenelemente und der nicht tragenden Wände wurde Sikacrete-733 3D verwendet. Der einkomponentige, faserverstärkte Mikro-Beton von Sika soll mit geringem Druck pumpbar, mit allen üblichen 3D-Drucksystemen extrudierbar sein und erreiche eine schnelle Stand- und Grundfestigkeit. Darüber hinaus soll durch eine verlängerte Verarbeitungszeit ein geeigneter Schichtverbund bei langen Umlaufzeiten gewährleistet sein. Das Aushärten der einzelnen Lagen hängt vom Zeitintervall zwischen den jeweiligen Schichten ab. Generell soll das Material nach drei bis vier Stunden ausgehärtet sein. Die maximale Korngröße beträgt 3 mm und die Druckfestigkeit besteht bis zu 30 MPa.
Das Material wurde in Bigbags auf die Baustelle geliefert und in einer Mörtelpumpe angemischt. Der Druckroboter bewegt dann den Schlauch mit der Düse und druckt die einzelnen Elemente. "Beim Mischen ist viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl nötig, da der Schichtverbund gewährleistet sein muss", erklärt Georgios Staikos. Da alle Elemente vor Ort und nicht in der Halle gedruckt wurden, sei man sehr wetterabhängig gewesen. "Da gab es viele Parameter zu bedenken."
Die Bodenplatte des Neubaus ist eine normale Betonplatte. Darauf wurden mit dem 3D-Drucker die nicht tragenden Wände in einer Dicke von 15 cm gedruckt. Um Wände von bis zu 8 m Länge und 3,50 m Höhe ununterbrochen drucken zu können, wurde der Druckroboter auf eine höhenverstellbare Schiene montiert, was seinen Arbeitsbereich erweiterte, heißt es von Unternehmensseite. Das digitale Design umfasst Tür- und Fensteröffnungen, die der Roboter entsprechend des digitalen Entwurfs umsetzte. Zusätzlich wurde mit einer Anpassung der Fahrstrecke das Druckbild der einzelnen Wände aus architektonischer Sicht verändert. Auf die tragenden Wände aus Ortbeton wurde die Zwischendecke aufgelegt. Die Zwischenräume von den gedruckten Wänden zur Decke befüllten die Mitarbeiter der Firma Staikos 3D entsprechend der nötigen Statik und des Schallschutzes mit einer Glaswolle-Dämmung.
Für die Befestigung der gedruckten Fassadenelemente wurde der wärmebrückenfreie Fassadenanker Schöck Isolink Typ C verwendet. Erreichte der 3D-Drucker die vorgebohrten Löcher in der Außenwand, wurde Schöck Isolink eingesteckt und in den Druckbeton eingelegt. Anschließend wurde darüber gedruckt, der Anker also quasi mit einbetoniert, um einen sicheren Verbund zwischen dem Anker und dem Beton sicherzustellen, so das ausführende Unternehmen. Die Dicke der gedruckten Fassadenelemente beträgt 10 cm. Die Hohlräume wurden mit Einblasdämmung aufgefüllt und das Haus so isoliert.
Der Beton-3D-Druckprozess beginnt mit der Erstellung eines digitalen 3D-Modells des gewünschten Objekts in einer CAD-Software. Anschließend wird dieses Modell in schmale Schichten zerlegt, die der 3D-Drucker nacheinander aufträgt. Der Drucker selbst besteht aus einem Druckkopf, der über einem Bewegungssystem gesteuert wird und die Betonmaterialien präzise aufträgt. Der Beton wird dabei schichtweise aufgetragen, bis das gewünschte Objekt entsteht.
Der 3D-Betondruck von Gebäudeteilen soll viele Vorteile bieten, die über die traditionellen Bauverfahren hinausgehen. Bei dieser Technologie ist keine Schalung vorgesehen, was somit eine bisher schwer realisierbare Form- und Gestaltungsfreiheit ermögliche. Im Gegensatz zu Bauelementen mit Schalung, die nur mit sehr hohem Zeit- und Materialaufwand hergestellt werden können, soll der 3D-Druck die einfache Herstellung von Elementen mit komplexen Geometrien ohne rasanten Kostenanstieg ermöglichen. Ein weiterer Vorteil liege darin, dass der Beton nur dort platziert wird, wo er tatsächlich für den Lastabtrag nötig ist. Dadurch soll nicht nur die Produktivität auf der Baustelle steigen, es soll auch der Materialverbrauch minimiert und Abfall reduziert werden. Durch die Integration zusätzlicher Funktionen direkt während des Druckprozesses, wie beispielsweise das Einsetzen von Einbauteilen und die Herstellung von TGA-Öffnungen (Technische Gebäudeausrüstung), soll der Bauprozess in naher Zukunft wesentlich automatisiert werden, heißt es von Unternehmensseite. Zudem erfordere die Bedienung des 3D-Druckers nur einen geringen Personalaufwand, was im Hinblick auf den Fachkräftemangel ein wichtiger Aspekt sei.
Mit dem rund 1100 m² großen Neubau wollte der DRK-Kreisverband laut eigenen Angaben ein nachhaltiges und innovatives Gebäude schaffen. Auf zwei Volletagen und einem Staffelgeschoss finden nun alle Mitarbeiter Platz, zudem wurden dringend benötigte Besprechungsräume geschaffen und Räumlichkeiten, die für die vielfältigen Aktivitäten des DRK genutzt werden können, zum Beispiel für Erste-Hilfe-Schulungen, Veranstaltungen der Ortsverbände oder einfach, um Menschen aus der Gemeinde im sozialen Bereich zusammenzuführen. "Die Zusammenarbeit mit Sika hat reibungslos funktioniert", fasst Georgios Staikos seine Erfahrungen zusammen, "und das Produkt ist vielseitig einsetzbar." So hat er unter anderem das Rednerpult beim Spatenstich mit Sikacrete-733 3D gefertigt.