Effizienter, grüner, ressourcenschonender
Wie digitale Tools das Bauen verändern
Digitale Zwillinge von Gebäuden helfen beispielsweise dabei, den gesamten Gebäudelebenszyklus zu optimieren. So können Gebäude effizienter geplant, gebaut, verwaltet und zurückgebaut beziehungsweise umgebaut werden. Dabei wird nicht nur Zeit eingespart, auch der Ressourceneinsatz wird dank bedarfsgerechter und integrierter Planung effizienter. Das trägt auch zu einer verbesserten CO2-Bilanz der Baubranche bei. Die Basis dafür bildet die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Die Baubranche steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen: Gebäude müssen effizienter und umweltschonender werden. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor um 65 % gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Das fordert die Novelle des Klimaschutzgesetzes vom 31. August 2021. Der Bausektor war im Jahr 2021 immerhin für rund 40 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, der Bauprozess selbst für 11 %. Allein in Deutschland muss der Primärenergieverbrauch bei 20 Millionen Wohngebäuden in den kommenden Jahren massiv reduziert werden. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Kostendrucks in der Bauindustrie bei gleichzeitig akutem Fachkräftemangel wird die Digitalisierung zu einer zwingenden Voraussetzung, um die Klimaziele auf wirtschaftliche Weise zu erfüllen.
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Mit intelligenten Planungstools, die weit über die Visualisierung hinausgehen, sowie KI- und Machine-Learning-Applikationen lässt sich der Baulebenszyklus nachhaltiger gestalten und es können von Grund auf nachhaltige Gebäude konzipiert werden. Eine derart vernetzte Bauindustrie ist jedoch auf eine solide gemeinsame Datenbasis angewiesen. Die Basis hierfür bildet der OPEN-BIM-Ansatz für die interdisziplinäre digitale Kollaboration in der AEC/O-Branche, wie ihn etwa Nemetschek fördert und mit seinen Softwarelösungen unterstützt. Durch den offenen BIM-Datenstandard können unterschiedliche Stakeholder entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Bau- und Infrastrukturprojekten projektbezogene Daten in einem neutralen, vertraglich geregelten Format im- und exportieren, weiterverarbeiten und teilen. Statt Silos entstehen so Synergien zwischen den einzelnen Gewerken und der gesamte Gebäudelebenszyklus kann von Anfang bis Ende abgebildet werden.
Bereits bei der Planung von Gebäuden zeigen sich die Vorteile von digitalen Tools, die die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern. So ist es beispielweise bereits in frühen Planungsphasen möglich, verschiedene digitale Modelle auf Kollisionen zu prüfen. Durch Datenkompatibilität im Zuge von OPEN BIM ist dies ohne großen Aufwand möglich. Der Einsatz von offenen Planungs- und Datenmanagementlösungen ermöglicht es Projektteams, komplett digital zu planen, die Zusammenarbeit aller Gewerke zu verbessern und wesentlich effizienter zu arbeiten. Dies führte zu erheblichen Kosten- und Materialeinsparungen, einer besseren Projektkontrolle und besseren Ergebnissen für alle Projektbeteiligten. Durch den Einsatz eines digitalen Zwillings ist es möglich, die Dokumentation bereits vor dem ersten Spatenstich zu liefern sowie die Ergebnisse zu kontrollieren. Bei einem traditionellen, nicht digitalen Ansatz liegt die Dokumentation erst nach Fertigstellung des Gebäudes vor. Dadurch wird nicht nur die Qualität der Daten verbessert, sondern es sind auch während des gesamten Projektverlaufs alle Daten vollständig und korrekt verfügbar.
Aber nicht nur das Zusammenführen von Plänen wird durch digitale Tools vereinfacht und beschleunigt. Auch die Gebäudeplanung an sich wird durch digitale Planung und künstliche Intelligenz effizienter. So ist es beispielsweise möglich, die komplexe Berechnung zur Heizlast innerhalb weniger Stunden durchzuführen. Ohne digitale Tools werden dafür drei bis vier Arbeitstage benötigt. Dadurch können Planer*innen mehr Projekte in weniger Zeit bearbeiten, ohne dass die Qualität der einzelnen Projekte darunter leidet. Dies ist angesichts des Fachkräftemangels ein wertvoller Beitrag zur Beschleunigung des Wohnungsbaus.
Auch das Thema effizienter Materialeinsatz gehört zu den dringenden Thematiken in der Baubranche. Besonders beliebt, weil schnell und effizient, sind Gebäude in Fertigteilbauweise. Die benötigten Elemente werden in Fabriken gefertigt und anschließend auf der Baustelle zu einem Gebäude zusammengeführt. Diese Bauweise erfreut sich großer Beliebtheit, da sie die Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit erhöht. Auch die Produktivität auf der Baustelle wird dadurch erheblich gesteigert. Dank der exakten Planung und Optimierung der Materialauswahl kann der entstehende Abfall so um 90 % reduziert und direkt im Werk recycelt werden. Dadurch wird auch der CO2-Ausstoß merklich gesenkt – ein wertvoller Beitrag zu nachhaltigerem Bauen. Um die Fertigbauweise optimal durchführen zu können, sind digitale Planungswerkzeuge eine Grundvoraussetzung.
Das enorme Potenzial der Digitalisierung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Planung und den Bauprozess, sondern umfasst auch den Betrieb und die Wartung der Gebäude. Anhand eines laufend aktualisierten digitalen Zwillings lassen sich Stellschrauben für mehr Energieeffizienz ermitteln, die in einem statischen Modell verborgen bleiben. Im Gebäudebetrieb können KI-basierte Softwarelösungen zur Kalkulation der Energieeffizienz viel zur Nachhaltigkeit beitragen. Denkbar ist es auch in Zukunft den digitalen Zwilling eines Gebäudes an das Gebäudeautomatisierungssystem zu koppeln. Gegen Ende des Gebäudelebenszyklus – bei einer Sanierung oder gar beim Rückbau – zahlt sich die lückenlose digitale Dokumentation via OPEN-BIM einmal mehr aus. Wenn Transparenz über die verwendeten Rohstoffe herrscht, lässt sich der Rückbau auch viele Jahre später effizient und ressourcenschonend planen. Damit kann ein Gebäude, das heute abgerissen wird, als Rohstofflieferant für neue, effiziente Gebäude dienen und der Kreislauf schließt sich. Auch das Umbauen von Gebäuden, beispielsweise von Büro- zum Wohngebäude, ist mithilfe digitaler Zwillinge schnell und effizient planbar. Gerade der Erhalt von Bestandsgebäuden durch Anpassung an neue Bedürfnisse ist ein wertvoller Beitrag zur CO2-Einsparung im Bausektor, da ein Neubau immer mit mehr Emissionen einhergeht als ein Umbau. Die einzelnen Bereiche des Gebäudelebenszyklus können für sich betrachtet enorm von den Vorteilen digitaler Tools profitieren.
Richtig effizient wird es aber erst, wenn alle Bereiche Hand in Hand arbeiten können. Das heißt, dass einmal gesammelte Daten in allen weiteren Schritten genutzt werden können. Ansonsten entstehen Daten- und Informationssilos und es entsteht unnötiger Zusatzaufwand durch die Mehrfacherfassung von Daten durch verschiedene Stakeholder. Zudem sind wichtige Aspekte wie Angaben zu den verwendeten Materialien für die energetische Optimierung ohne detaillierte Dokumentation nach Ende der Bauarbeiten schwer nachvollziehbar. Um einen stringenten Daten- und damit auch Wissenstransfer entlang des gesamten Gebäudelebenszyklus zu gewährleisten, sind offene, interoperable Systeme notwendig.