Endlich genug Abstellflächen für Straßenbahnen in Bern

Hubtore im Großformat für Verkehrsbetriebe

Bern/Schweiz (ABZ). – Nach rund anderthalb Jahren Bauzeit wurde vor einigen Monaten die fast 100 Millionen Franken teure Straßenbahngarage durch "Bernmobil", das Verkehrsunternehmen der Schweizer Bundesstadt Bern, eröffnet.
Architektur
Nach rund anderthalb Jahren Bauzeit wurde das fast 100 Millionen Franken teure Tramdepot (Straßenbahngarage) durch "Bernmobil", das Verkehrsunternehmen der Schweizer Bundeshauptstadt Bern, eröffnet. Mit einer Länge von rund 200 m und einer Breite von knapp 70 m ist die Fläche so groß wie zwei Fußballfelder und bietet 28 Straßenbahnen ein neues Zuhause. Die Schweizer nennen ihre neue Heimstätte für die Straßenbahnen liebevoll Papillon. Das heißt Schmetterling. Foto:Hodapp/Bernmobil

Mit einer Länge von rund 200 m und einer Breite von knapp 70 m ist die Fläche so groß wie zwei Fußballfelder und bietet Platz für 28 Trams. Aufgrund seiner Form wird die durch das Architekturbüro Penzel Valier entworfene Großgarage im Volksmund auch "Papillon", also Schmetterling, genannt.

Das Ziel der Baumaßnahme war es, ausreichend Abstellkapazitäten für die Straßenbahnfahrzeuge zu schaffen. Vor der eigentlichen Bauausschreibung wurde durch den Auftraggeber Bernmobil ein europaweiter Wettbewerb vorangestellt.

Architektonische Herausforderungen

Bei der Planung des Gebäudes wurden die Wünsche der Architekten mit den ingenieurtechnischen Anforderungen geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die Fassade der Ein- und Ausfahrten keine Stützen beinhalten durften, sondern eine über die komplette Breite freitragende Konstruktion sein musste. Den Zuschlag für die Fassade erhielt schließlich die deutsche Hodapp GmbH & Co. KG aus Achern.

Merkmale der Ausschreibung waren Automatik-Hubtore, die ohne Stützen ausschließlich im Sturzbereich der Tore gehalten werden sollten. Hierbei musste insbesondere eine mögliche Dachabsenkung aufgrund der freitragenden Hallenkonstruktion bei Schneelast beachtet werden. Bei der Auswahl der Torkonstruktion war zusätzlich die Art der Führung, die Antriebs- und Steuerungstechnik sowie die allgemeine Sicherheit zu berücksichtigen. Neben den technischen kamen weitere architektonische Anforderungen hinzu, welche vorgaben, dass man bei geschlossenen Toren nur eine Profil-Glasfassade ohne Tortechnik sehen durfte. Zur Erfüllung dieses Kundenwunsches wurden neue Wege beschritten und aus Einscheibensicherheitsgläsern wurde Verbundsicherheitsglas hergestellt. Diese Glaseinheiten gewährleisten bei Glasschäden eine maximale Sicherheit und Schutz für Personen im direkten Umfeld der verglasten Tore. Für diese Verglasungen waren zum Nachweis spezielle Bauartprüfungen erforderlich, damit die Hubtore entsprechend den gängigen Normen und Richtlinien hergestellt werden konnten.

Mit der Stabilität der gewählten Stahlbautechnik und der vorgesetzten Fassade war es möglich, auch ohne Einsatz von Normprofilen, die Nachweise für die Standsicherheit der Toranlage zu gewährleisten. Durch die geneigte Attikafläche und den Fassadenverlauf mitsamt der Wasserführung des Dachflächenwassers mussten zusätzliche Dichtebenen geschaffen werden, die auch bei winterlichen Verhältnissen funktionssicher sein mussten.

Im oberen Viertel der Flügel haben deren Halterungen eine Einspannhöhe von 1 bis 1,2 m. Die Produkte für die Torführung kommen aus dem Linearführungsbereich für Schwerlastsysteme und sind aus hochwertigem Stahl gefertigt. Nur mit den dazu passenden Präzisions-Kombirollen war es möglich, die Radial- und Axialbelastungen auf kleinstem Raum aufzunehmen. Hierbei mussten über Rollenhalterungen die hohen Kräfte in die Dachkonstruktion abgeleitet werden. Neben der statischen und dynamischen Belastung war aufgrund der kurzen Einspannlänge die Einhaltung der maximal möglichen Flächenpressung eine besondere Herausforderung.

Beengte Platzverhältnisse

Trotz dieser Besonderheiten konnten die Werte für die erforderliche Standsicherheit nach DIN EN 1990 erreicht werden. Bei geöffneten Toren ragt die obere Hälfte des Torblattes über die Dachfläche hinaus, weswegen in den statischen Berechnungen Windlasten, aber auch weitere Witterungseinflüsse berücksichtigt werden mussten. Das gilt auch für deren Innenseite, sodass nicht nur für die Führungstechnik, sondern ebenso für die gesamte Toranlage, innen wie außen, ein dementsprechender Korrosionsschutz sichergestellt werden musste.

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Bei der Auswahl von Torkonstruktion und Glas für die Fenster mussten zahlreiche Parameter für die Herstellung beachtet werden. Foto: Bernmobil/Hodappbb

Die Tor-Antriebstechnik für den Automatikbetrieb der Hubtore war durch die beengten Einbauverhältnisse eine weitere Herausforderung. Die Festlegung der gewählten Lösung erfolgte durch Hodapp, wobei die vorerst angedachte hydraulische Antriebstechnik aufgrund des Platzmangels nicht umsetzbar war. Daher kam nach eigenen Angaben ein Seilwindenantrieb zum Einsatz.

Seilspannung kann auch im Stillstand

Der gewählte Antrieb bewährte sich durch die Seilführung und die Mitnahme am Torflügel auch bei dem beengten Einbauraum. Ebenso musste für die Schlaffseilsicherung, welche für eine gleichmäßige Spannung des Ziehseiles zwischen Antrieb und Türflügel zwecks Ausgleiches einer möglichen Dachabsenkung nötig war, Sorge getragen werden.

Für die Aufrechterhaltung der Spannung des Seils an der Winde war es zusätzlich erforderlich, mit einer Umlenkung zu arbeiten. Mit dieser Umlenkung und der elektronisch geregelten Nachstellung konnte die Seilspannung auch bei einer Toranlage im Stillstand sichergestellt werden.

Eine von einer Vielzahl weiterer Vorgaben der Baumusterprüfung war die Fangsicherung der jeweils 3,5 bis 5 t schweren Tore, welche im Hause Hodapp von der SUVA (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) abgenommen wurde. Diese sollten als doppelt autark redundant wirkende mechanische Fangsicherung ausgeführt werden.

Seitens des Auftraggebers wurde mit Augenmerk auf die Sicherstellung der Funktionalität der sicherheitsspezifischen Bauteile sowie der Sicherheitssteuerung ein sogenanntes Mockup gefordert. Dieses sollte durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle geprüft und technisch freigegeben werden. Nach Abschluss der vorgegebenen 10.000 Testzyklen wurde die Fangsicherung als Fangvorrichtung am Objekt durch Auslösung eines "Ist-Falls" getestet und zusätzlich zur Funktionssicherheit auch die Notfallfunktion nachgewiesen.

Auch die Suche einer Lösung bezüglich der Abdichtungen erwies sich als anspruchsvoll. Diese mussten den Anforderungen der sich vertikal bewegenden Torflügel, der Lage der Fahrdrahtleitung und dessen Absenkung, der Dachlast mit einer möglichen Absenkung von bis zu 20 cm und den elektrotechnischen Sicherheitsabständen standhalten. Dies war nur mit einer autark wirkenden, mechanisch zwangsgeführten Freifahrung möglich.

Die mechanischen Bauteile inklusive der Dichtungsprofile wurden nach eigenen Auskünften beheizbar ausgeführt. Das sollte sicherstellen, dass sie auch im Winter funktionieren.

Um eine unerlaubte Mitfahrt von Personen beim Öffnungsvorgang des Hubtores zu verhindern, musste die Fläche der unteren inneren Rahmentiefe mit einer elektrisch überwachten Klappe gesichert werden. Der Flügel steht mechanisch über Abstandselemente auf dem Boden auf. Sie sind zum Boden hin über großvolumige Gummiprofile abgedichtet. Zusätzlich erforderte die Bautiefe der Toranlage eine räumliche Anpassung mit Sicherheitsleisten.

Um zusätzlich Personen- und Betriebsmittel zu schützen, wurde der Torbereich mit Rotorscannern überwacht, wobei ein Vorwarnteleskop die Bewegung der Hubtore zeigt. Weiterhin mussten die Steuerschränke aufgrund der enormen thermischen Unterschiede klimatisiert hergestellt werden. Die SPS-Steuerung wurde im Werk von Hodapp eigens für dieses außergewöhnliche Bauvorhaben entwickelt, gebaut und geliefert.

Dass neben der Konstruktion auch die Elektrotechnik aus dem Hause Hodapp kam, war für die Umsetzung dieses kundenindividuellen Bauvorhabens unabdingbar, denn auf diese Weise wurde neben der Produktsicherheit auch die hohe Funktionssicherheit sichergestellt.

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