Endspurt über der Mosel

Mega-Brücke nimmt fertige Gestalt an

von: Birgit Reichert
Brückenbau
Die Hochmoselbrücke soll im kommenden Jahr fertiggestellt werden. Foto: Thomas Frey/dpa

Zeltingen/Ürzig (dpa). – Unter ihr hätte sogar der Kölner Dom Platz. Die Hochmoselbrücke wird eine der größten Brücken Deutschlands sein. Im Rohbau ist sie fast fertig: Der Brückenschlag kann gefeiert werden. Fast geräuschlos schieben sich 32.000 t Stahl über das Moseltal. Ganz langsam und kaum sichtbar – Zentimeter für Zentimeter. Und dennoch ist dies der Endspurt für die größte Brücke, die sich derzeit in Europa im Bau befindet. Nur noch wenige Meter, dann ist der Brückenschlag des 1,7 km langen Bauwerks komplett. Die bis zu 160 m hohe Hochmoselbrücke zwischen Ürzig und Rachtig (Kreis Bernkastel-Wittlich) soll ab 2019 mit dem Neu- und Ausbau der B 50 eine direkte Straßenverbindung zwischen den Benelux-Staaten und dem Rhein-Main-Gebiet schaffen."Es ist ein großer Meilenstein, wenn die Brücke jetzt die Eifelseite erreicht", sagt der Bauaufseher beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz, Christoph Schinhofen, an der Baustelle. "Ein bisschen Wehmut ist auch dabei, wenn eine so lange und interessante Bauzeit sich dem Ende zuneigt." An der Brücke wird bereits seit 2011 gebaut, seit Sommer 2014 ist in insgesamt 13 "Verschüben" von großen Stahlträgern über die zehn Pfeiler sukzessive der Überbau entstanden.Jetzt wird die vollendete Querung des Stahlüberbaus mit politischer Prominenz gefeiert. Das monumentale Bauwerk, das man im Moseltal aus vielen Kilometern Entfernung sieht, wird bundesweit die Nummer zwei sein: Nur noch die Kochertalbrücke (max. Höhe 185 m) in Baden-Württemberg sei höher, sagt der Projektingenieur. Nicht allen jedoch wird zum Feiern zumute sein: Denn die gigantische Brücke war seit ihrer Planung umstritten. Kritiker bemängelten, dass das Mega-Bauwerk das idyllische Landschaftsbild des Moseltals zerstöre. "Die Brücke baut das Tal nicht zu", sagt Schinhofen. Sie sei extra "so transparent wie möglich" gebaut worden: mit großen Abständen zwischen schlanken Pfeilern und einem schlanken Überbau.Der Rohstahl stammt aus der Dillinger Hütte im Saarland und wurde in Fertigungswerken in Hannover und im elsässischen Lauterburg in einzelne Teile verarbeitet, die dann mit rd. 1000 Schwertransporten an die Baustelle geliefert wurden. Zudem seien rd. 40.000 m³ Beton verbaut worden, berichtet der Fachmann. Auch waren Sorgen laut geworden, dass der Bau ein großes Risiko berge – und zwar auf Eifelseite, wo man vor einigen Jahren in 22 m Tiefe Erdverformungen von rd. 0,6 mm pro Jahr festgestellt hatte. Um diese Bedenken auszuräumen, mussten die Brückenbauer nachlegen. Sie bauten dort sechs unterirdische Betonsäulen – als zusätzlichen Schutz für den Fall, dass es irgendwann einmal erneut zu Bewegungen am Hang komme. "Die Brücke ist absolut sicher", sagt der Ingenieur.Die Brückenkatastrophe von Genua hat auch den 50-Jährigen geschockt. Zu möglichen Ursachen könne er nichts sagen. "Das wäre alles unseriös." In Deutschland jedenfalls sei noch "nie eine Brücke unter Verkehr zusammengebrochen", sagt er. Unglücke, die hier passierten, geschahen während der Bauphase, z. B., weil ein Traggerüst versagt habe. Bundesweit gebe es rd. 40.000 Brücken im Bereich von Bundesfernstraßen. "Wir haben hohe Sicherheitsreserven": Alle sechs Jahre gebe es Haupt- und alle drei Jahre Zwischenuntersuchungen.Nach dem Brückenschlag an der Mosel stehen noch reichlich Arbeiten an. Zunächst wird der rote, gut 80 m hohe Pylon-Turm entfernt, dieser reduzierte beim Verschub die Durchbiegung der Überbauspitze. "Der hat seine Arbeit jetzt getan", sagt Schinhofen. Danach wird der Überbau, der für den Verschub um 2,4 m überhöht auf den Pfeilern liegen musste, höhenmäßig mittels Hydraulikpressen in seine Endlage abgesenkt. Es folgen Geländer, Beschilderung und Schutzplanken – bevor dann wohl nach dem Winter asphaltiert wird. Das Projekt Hochmoselübergang, zu der die Brücke mit einer insgesamt 25 km langen neuen Strecke zwischen Eifel und Hunsrück gehört, war auch immer wieder wegen seiner Kosten in den Schlagzeilen. 2004 – vor Start der Bauarbeiten – war von 280 Mio. Euro die Rede, bei Baubeginn der Brücke in 2011 waren es dann 330 Mio. Euro. Zzt. geht man von mindestens 483 Mio. Euro aus, wobei 175 Mio. auf die Brücke entfallen. Grund dafür seien vor allem die Baupreise, die in den vergangenen Jahren um rd. 30 % gestiegen seien – u. a. für Stahl, sagt Schinhofen. "Jeder, der schon mal gebaut hat, weiß, dass es teurer als geplant geworden ist." Die extra Dübelschächte zur Absicherung schlugen zudem mit rd. 9 Mio. zu Buche. Die Brücke lockt Wanderer, Touristen und Anwohner an, die schauen, wie es vorangeht. Wie Franz Kappes und Robert Franzen aus Zeltingen (Kreis Bernkastel-Wittlich). "Die Brücke sieht ok aus, weil sie ja ziemlich filigran gebaut ist", sagt Kappes. Er könne die Brücke von seinem Schlafzimmer aus sehen. "Unsere Bedenken sind eigentlich nur die Geräusche später, wenn der Verkehr hier rollt." Er hoffe, dass das nicht zu laut werde. Die Brücke sei ohnehin nicht mehr aufzuhalten. "Aufregen nützt ja nichts mehr."

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