EU-Richtlinie wird umgesetzt

Elektronische Rechnung: Chance oder Bürde?

von: Gerd Marlovits
Wien/Österreich. – Bei Geschäften mit dem deutschen Staat sind bald elektronische Rechnungen verpflichtend. Ab Herbst muss im öffentlichen Auftragswesen die Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung umgesetzt werden. Auch die Baubranche ist davon massiv betroffen. Was als Bürokratieabbau gedacht war, könnte in einem föderalen "Flickenteppich" unterschiedlicher Regelungen enden. In Zeiten von Corona sollten Bauunternehmen jedoch keine zusätzlichen Stolpersteine in den Weg gelegt werden, denn sie können durch e-Rechnungen laut Expertenschätzungen 60 bis 80 % der Kosten einsparen.
Bau digital
Editel Austria-Geschäftsführer Gerd Marlovits. Foto: Editel/Nadja Nemetz

Die Bundesregierung setzt mit der Einführung einer verpflichtenden elektronischen Rechnung eigentlich nur eine EU-Richtlinie um. Diese soll die Annahme von e-Rechnungen harmonisieren, damit Behörden sie europaweit in einem einheitlichen digitalen Format empfangen und verarbeiten können. Pro Jahr vergibt der deutsche Bund laut OECD Aufträge im Wert von mehr als 100 Milliarden Euro, einen großen Teil davon für Bauvorhaben. Ab 27. November 2020 sind Auftragnehmer aus der Baubranche dazu verpflichtet, ihre Rechnungen an den Bund ausschließlich elektronisch im sogenannten Format XRechnung zu stellen. Papierrechnungen werden nach dieser Deadline nicht mehr akzeptiert.

Grundsätzlich ist dieser Digitalisierungsschub für eine schlankere Verwaltung zu begrüßen. Unternehmen profitieren vom Bürokratieabbau, wenn Buchhaltungs- und Rechnungslegungs-Prozesse vereinfacht und beschleunigt digital ablaufen. Weniger "Zettelwirtschaft" heißt auch weniger Fehleranfälligkeit. Zudem kann die Rückmeldung vom Bund an die Unternehmen automatisiert und schneller auf digitalem Weg erfolgen. Insgesamt können Betriebe laut Expertenschätzungen durch e-Rechnungen 60 bis 80 % der Kosten in diesem Bereich einsparen. Ein wesentlicher Faktor in Zeiten der Corona-Krise, die viele Bauvorhaben stark beeinträchtigt hat.

Was wie eine hilfreiche Innovation für Unternehmen klingt, lässt jetzt aber in der Baubranche berechtigterweise die Wogen hochgehen. Es wird befürchtet, dass es zu einem ähnlichen Durcheinander kommen könnte wie bei der Einführung der Bonpflicht im Einzelhandel. Denn die derzeitige Situation zeigt einen föderalen "Flickenteppich" an Spezialregelungen, von Harmonisierung (noch) keine Spur. Es ist nicht hilfreich, wenn Unternehmen, die sowohl Auftragnehmer des Bundes als auch von Ländern und Kommunen sind, mit unterschiedlichen Umstellungsplänen, Rechnungsformaten und Schwellenwerten, ab denen verpflichtend eine e-Rechnung gestellt werden muss, konfrontiert werden. Während der Bund verpflichtend die XRechnung verlangt, machen es manche Bundesländer auf freiwilliger Basis und erlauben auch andere digitale Rechnungsformate – oder weiterhin sogar die gewohnte Papierrechnung. Zudem wurde in einigen Bundesländern die e-Rechnung für Kommunen zwei Jahre zurückgestellt. Für Bauunternehmen bedeutet das einen erheblichen administrativen und technischen Mehraufwand – also genau das Gegenteil von dem, was erreicht werden soll.

Auf der einen Seite im Bund das Ende der Papierrechnung einzuläuten und auf der anderen Seite in Ländern und Kommunen nach wie vor schriftliche Rechnungen zu akzeptieren, weil die technische Vorbereitung auf die e-Rechnung hinterherhinkt, zeigt, dass die betreffenden Behörden hier (noch) nicht im Sinne der Wirtschaft agieren. Bauunternehmen brauchen jetzt Planungs- und Rechtssicherheit, wann die e-Rechnung wo startet und wie sie künftig ihre Rechnungen im richtigen Format elektronisch stellen können. Bauunternehmer wollen sich ja auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, nicht auf IT-Projekte. Daher brauchen sie auch kompetente IT-Partner zur Seite, die bei der technischen Umstellung helfen. Denn die gängige Branchen- und Buchhaltungssoftware kann mit dem Format XRechnung in den meisten Fällen noch nichts anfangen. Die Deadline naht jedenfalls in großen Schritten. Es bleiben noch kaum drei Monate, um sich auf die XRechnung vorzubereiten.

Bund, Länder und Kommunen sind jetzt also gefordert, Klarheit in das Regel-Wirrwarr zu bringen und rasch eine einheitliche und unternehmerfreundliche Lösung für die elektronische Rechnungsstellung zu präsentieren. Sonst ist zu befürchten, dass ab dem 27. November 2020 endgültig das e-Rechnungs-Chaos ausbricht.

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Der Autor ist Geschäftsführer von Editel Austria, einem Anbieter für Dienstleistungen im Bereich Elektronischer Datenaustausch (EDI) und e-Rechnungen.

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