Europatag in Brüssel

Fairen Wettbewerb im Bausektor gefordert

Brüssel/Belgien (ABZ). – Die Tarifvertragsparteien der deutschen Bauwirtschaft und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßten unter dem Titel "Fairer Wettbewerb im Bausektor" hochrangige Gäste aus Politik und Praxis zum Europatag in Brüssel.

Soka-Bau Vorstandsmitglied Gregor Asshoff hob in seiner Eröffnungsrede die Wichtigkeit des Dialogs mit der europäischen Politik hervor. Die Baubranche sei ganz wesentlich von der Dienstleistungsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit geprägt, und die Zahl entsandter Arbeitnehmer nach Deutschland sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich und deutlich gestiegen. Umso wichtiger seien deshalb verlässliche Regelungen auf europäischer Ebene. Martin Siecker, Präsident der Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch des EWSA verwies in seinem Grußwort auf den Bericht zum Funktionieren der Dienstleistungsrichtlinie in der Bauwirtschaft, in dem der EWSA Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Dienstleistungs- und der Entsenderichtlinie in sechs Mitgliedstaaten zusammengestellt hat.

Jackie Morin, Referatsleiter in der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration der Europäischen Kommission, betonte in seiner Rede die positiven Auswirkungen der Entsendungen in der Europäischen Union. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Freizügigkeit der Dienstleistungserbringer und dem Arbeitnehmerschutz sei zu gewährleisten. Bei der Revision der Entsenderichtlinie dürfe es nicht zu Diskriminierungen der Dienstleistungserbringer kommen. Außerdem stellten die nationalen Kompetenzen für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge "rote Linien" für die Arbeit der Kommission dar. Das Entsenderecht bedürfe allerdings konkreterer Regelungen für Löhne, um potentielle Substitutionseffekte zu verhindern. Insbesondere zwei Bereiche will die Kommission genauer untersuchen: Zum einen, ob der arbeitsrechtliche Entsendebegriff entsprechend dem sozialversicherungsrechtlichen Begriff zeitlich begrenzt werden soll, so dass nach Ablauf dieses Zeitraums die Bestimmungen des Empfangsstaates auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind. Zum anderen, ob die Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern vorgeschrieben werden soll. Bisher ist es den Mitgliedsstaaten freigestellt, ob sie Regelungen auch auf Leiharbeitnehmer erstrecken. Vorschläge von Seiten der Kommission zur Überprüfung würden in Kürze im sogenannten Mobilitätspaket enthalten sein.

Thomas Mann, Mitglied des Europäischen Parlaments für die EVP-Fraktion, betonte, dass das Mobilitätspaket sicherstellen muss, dass die Mitgliedsländer nach wie vor auf eigene Kontrollmechanismen zurückgreifen können, um den Missbrauch bei der Entsendung zu verhindern. Darüber hinaus habe sich der Ausschuss für Beschäftigung und Soziales einstimmig gegen die Pläne zu Ein-Personen-Gesellschaften mit beschränkter Haftung (sogenannten Societas Unius Personae (SUP)) ausgesprochen.

Im Vorfeld des Europatages hatte Prof. Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, die Pläne ebenfalls kritisiert, da sie durch äußerst niedrige Gründungsvoraussetzungen die Scheinselbständigkeit fördern. Die SUP-Richtlinie schaffe weitere Schlupflöcher, um nationale Mitbestimmungsrechte oder Sozial- und Steuergesetze zu umgehen. Die Kommission müsse deshalb den SUP-Richtlinienvorschlag zurückziehen, forderte der Stellvertretende IG Bau-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers.

Jutta Steinruck, Mitglied des Europäischen Parlaments für die S&D-Fraktion, kritisierte in ihrer Videobotschaft, dass die Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der EU immer noch genutzt würde, um Sozialdumping zu betreiben und forderte eine starke Entsenderichtlinie. Z. B. müsse das Arbeitsortprinzip zwingend vorgeschrieben sein, nach dem ein Arbeitsverhältnis den am Ort der Tätigkeiten geltenden Vorschriften unterliegt. Ferner müssten Mindeststandards für Kontrollen festgelegt werden.

In der abschließenden Podiumsdiskussion sprachen sich sowohl Robert Feiger, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, als auch Frank Dupré, Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, gegen eine Revision der Entsenderichtlinie aus. Magister Rainer Grießl, Direktor der Bauarbeiter Urlaubs- und Lohnausgleichskasse in Österreich betonte, dass zunächst die Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie in den Mitgliedstaaten abzuwarten sei. Die Forderung nach "gleicher Bezahlung bei gleicher Tätigkeit am gleichen Ort" traf indes nicht auf ungeteilte Zustimmung. Während Robert Feiger den Vorschlag begrüßte, kritisierte Frank Dupré, dass damit in die bewährte Tarifautonomie eingegriffen würde, soweit sich das Prinzip nicht nur auf Mindestlöhne beziehe. Aurel Laurentiu Plosceanu, Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und Präsident des rumänischen Verbandes der Bauunternehmer, merkte an, dass die Umsetzung der Forderung in den Betrieben äußerst schwierig sei. Zwischen den Diskussionsteilnehmern bestand Einigkeit darüber, dass die Verlässlichkeit von Entsendebescheinigungen (sog. A1-Bescheinigungen) verbesserungswürdig sei.

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