Fachkräftemangel dürfte sich noch einmal zuspitzen

von: Fred Cordes, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH
Unsere Gesellschaft und Wirtschaft erleben derzeit einen ihrer größten Umbrüche – und das nicht nur wegen der Pandemie: Wir stehen vor einem Transformationsprozess, den wir in den nächsten Jahren bewältigen müssen und der über die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland in Zukunft entscheidet.
Zeppelin Bauaussichten

Das betrifft die Digitalisierung, den Klimaschutz und die Energiewende, die Mobilitätswende sowie die Weiterentwicklung unserer Infrastruktur. In all diesen Bereichen wird die Baubranche gefordert sein, den Wandel mitzugestalten. Das ist ein positives Signal für Bauunternehmen, aber auch für Zeppelin, denn das wird weitere Investitionen in Baumaßnahmen nach sich ziehen, an denen wir partizipieren. So wie schon in der Corona-Krise wird die Baubranche daher weiterhin ein Stabilitätsanker der Wirtschaft sein, der auf andere Branchen abfärben und sie mitziehen wird. Daher haben wir durchaus Anlass, mit Optimismus ins neue Jahr zu starten.

Nicht von der Hand zu weisen ist dagegen, dass die Branche nicht nur pandemiebedingt große Herausforderungen meistern muss, sondern schon seit geraumer Zeit zeichnen sich die Folgen des Fachkräftemangels ab. Daher ist die Sorge nicht ganz unbegründet, wenn die wirtschaftliche Entwicklung einen Dämpfer bekommt, weil zwar viele Aufträge da wären, aber es schlichtweg an Mitarbeitern fehlt, diese abzuarbeiten. Bauherren müssen inzwischen lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bis Baufirmen ihre Aufträge ausführen. Die Rede ist von zehn bis 15 Wochen Verzögerungen bei Bauvorhaben. Aufgrund der Altersstruktur der heutigen Erwerbstätigen dürfte sich der Fachkräftemangel 2022 und in den nächsten Jahren noch einmal zuspitzen.

Weitere Einschränken drohen durch Verzögerungen in der Lieferkette und steigende Materialpreise, die sich auch in höheren Preisen für Baumaschinen niederschlagen. Das werden wir noch bis weit in das Jahr hinein spüren. Der Gütertransport erlebt aktuell einen noch nie dagewesenen Engpass. Man muss sich hier nur die Preissteigerung für Seecontainer anschauen: Die Frachtraten haben um bis 900 Prozent zugelegt. Durch die Corona-Krise ist der Welthandel aus dem Gleichgewicht geraten – mit dramatischen Folgen, etwa in Form von Chipmangel, aber auch bei Stahl und Aluminium. Selbst einige Schmierstoffe und Öle sind schwer zu bekommen. Wie herausfordernd es wird, den bevorstehenden Wandel zu bewältigen, zeigt sich insbesondere bei der Preisexplosion der Energiekosten. Deutschland führt die Liste der Länder in Europa an, welche die höchsten Stromkosten verzeichnen. Doch genau diese dürfen nicht zu einem Wettbewerbsnachteil der Industrie werden.

Die Auswirkungen durch den wachsenden Güterverkehr treten inzwischen immer deutlicher zutage und sind am schlechten Zustand unserer Infrastruktur abzulesen. Die steigende Belastung der Straßen und Brücken führte in den letzten Jahren zu einem massiven Erneuerungsbedarf. Und da hat sich einiges aufgestaut. Daher hoffe ich, dass die kommende Bundesregierung die nötige Modernisierung unserer Infrastruktur auch anpackt. Die Anfang November erfolgte Sprengung der Salzbachtalbrücke, die Wiesbaden und den Rheingau mit Frankfurt verbindet, müsste eine Mahnung an alle politischen Entscheider sein. Seit 2017 wird die Brücke der A 66 saniert, obwohl der Sanierungsbedarf seit 2009 bekannt war. Im Juni musste die zentrale Verkehrsader gesperrt werden, will Brückenteile einstürzten. Seitdem herrscht Verkehrschaos mit drastischen Folgen für Unternehmer und Pendler. Die Salzbachtalbrücke ist inzwischen kein Einzelfall mehr: Die Rheinbrücke bei Leverkusen ist bereits seit Jahren marode und wurde für schwere Lkw gesperrt. Was ihren miserablen Zustand betrifft, stehen hier die Autobahnbrücke Bergshausen, die Brücke Thalaubach der A 7 und zahlreiche weitere Brücken auf der A45 in nichts nach. Viel zu spät, wurden Sanierungsmaßnahmen eingeläutet und das rächt sich nun bitter, weil etwa Lkw zum Nachteil der Umwelt kilometerweite Umwege fahren müssen.

Deshalb brauchen wir in Deutschland eine schnellere Planung, soll sich hier wirklich was ändern und die Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft gelingen. Alleine der Bau neuer Stromtrassen muss zwingend Fahrt aufnehmen, soll unsere Energiewende nicht scheitern. Obwohl es bereits seit zehn Jahren beschlossene Sache war und längst fertig sein sollte, lässt der Bau der dazu notwendigen großen Stromleitung vom Norden in den Süden noch immer auf sich warten. Unsere Leitungsnetze müssen dringend schneller ausgebaut werden, soll Deutschland mit einem leistungsfähigen Internet wettbewerbsfähig sein. Was unsere flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet betrifft, belegen wir im Vergleich mit anderen Industrienationen einen der letzten Plätze.

Auch Prozesse müssen entbürokratisiert werden. Unsere Bürokratie ufert immer mehr aus – bestes Beispiel für eine aufgeblähte Verwaltung ist der neue Bundestag. Er ist mit 736 Abgeordneten so groß wie nie. Warum das nochmal nötig war, erschließt sich mir nicht. Denn was unsere Strukturen, Abläufe, Gesetze und Regelungen betrifft, braucht es zwingend eine Reform. Da müssen wir schlanker und in erster Linie effizienter werden – und eben nicht noch schwerfälliger. Wir müssen nun wirklich Gas geben.

Deutschland ist in den letzten Jahren in vielen Bereichen zu träge geworden. Dabei gibt es für den Bau längst immer bessere Werkzeuge etwa in Form von BIM (Building Information Modeling). Um die Bauausführung zu beschleunigen, müssen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung vollständig ausschöpfen.

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