Fassaden- und Dachsanierung der Rindermarkthalle

Charakter der Entstehungszeit wieder hergestellt

Fassaden
Das gesamte Tragwerk wurde vollständig gestrahlt und neu beschichtet. Aufgrund der vorhandenen Lastannahme aus dem Umbau mit Kunststoff-Trapezverglasung wurde die neue Sheddach-Verglasung als 2,6 m hohe Doppelsteg-KU-Fenster-Konstruktion umgesetzt.

HAMBURG (ABZ). - Wo früher einmal 2500 Rinder und 3000 Schafe zum Verkauf angeboten wurden, schlendern heute zwischen Marktständen unzählige Besucher umher. Die Rindermarkthalle: Mittelpunkt, Anziehungspunkt, Lebensraum. Nach der denkmalschutzgerechten Sanierung mehr denn je, heißt es vonseiten der pbr Planungsbüro Rohling AG, die für die Architekturleistung zuständig war. Durch die Dach- und Fassadensanierung ist es gelungen, den ursprünglichen Charakter der ehemals größten freitragenden Stahlbauhalle Europas wieder in die Gegenwart zu überführen.Luftangriffe zerstörten in den Kriegsjahren ganze Stadtteile Hamburgs. So fiel auch der auf dem Heiligengeistfeld gelegene Zentralviehmarkt, zu dem die Rindermarkthalle gehörte, den Bomben zum Opfer. Der norddeutsche Viehhandel, der hier seit 1889 seine Hauptmarktstätte besaß, verlor seine wichtigste Grundlage. Mit der Normalisierung der Wirtschaftsverhältnisse in den Folgejahren sollte seine Wirkungsstätte allerdings wieder hergestellt werden. Während Hochstall, Viehverladerampe und kleinere Betriebsgebäude zügig wieder instand gesetzt werden konnten, erforderte der Wiederaufbau der 14 200 m² großen Rindermarkthalle aus dem Jahr 1889 eine vollständige Neuplanung. Der Architekt und Ingenieur Heinrich Konrad Havemann errichtete das Gebäude 1950 auf den gut erhaltenen Fundamenten und mit gleichem Grundriss neu. Das Besondere an der neuen Konstruktion war die einheitlich hohe und lichte Markthalle. Die Dachkonstruktion wurde nur durch vier Stahlstützen abgestützt, so dass die Grundfläche bis zu den äußeren Umfassungswänden als eine einzige Marktfläche ausgebildet war. Aufgrund dessen bot sie vielseitige Nutzungsmöglichkeiten, wodurch sie für die Stadt Hamburg als Mittelpunkt von Großveranstaltungen sowohl in wirtschaftlicher als auch in ideeller Hinsicht an enormer Bedeutung gewann.Die Bestandsfassade der Rindermarkthalle setzte sich aus Kalksandstein-Hintermauerwerk, einer Schalenfuge und einem 10,5 cm starken orange-roten Hartbrandziegel im Oldenburger Format als Verblendung zusammen. Nach Aufgabe der Viehhandelsnutzung und Nachnutzung des Bauwerks durch Einzelhandelsunternehmen, wurden weitreichende Umbauten durchgeführt. Nicht nur der Einbau eines Zwischengeschosses als Parkdeck, sondern auch Anbauten im Eingangs- und Anlieferungsbereich, großflächige Trapezblechverkleidungen sowie der Einbau von Kunststofffenstern veränderten das Erscheinungsbild enorm. Um den besonderen Charakter aus der Entstehungszeit wieder herzustellen, wurden die nachträglich vorgehängte Blechfassade im Norden, Osten und Westen inklusive der Unterkonstruktion ebenso wie der Vorbau zum Haupteingang und die Anbauten im Süden vollständig rückgebaut. Da das vorhandene Bestandsmauerwerk sehr in Mitleidenschaft gezogen war, war eine aufwendige Mauerwerkssanierung mit vollflächiger Fugen- und Risssanierung sowie neuer Vernadelung durch Spiralanker notwendig. Ganze Wandbereiche wurden sogar vollständig neu aufgebaut. In Anlehnung an den Originalzustand wurde die Nordfassade als Schauseite mit der bauzeitlichen Fassadenaufteilung wieder hergestellt. Hierfür mussten im Bereich der Eingangssituation große Teilflächen vollständig zurückgebaut und neu errichtet werden. Nach Möglichkeit kamen alte Verblendsteine zum Einsatz, die durch neue, gleichartige Steine ergänzt wurden.Die Rindermarkthalle war bekannt für ihren lichtdurchfluteten Raum: Lichtbänder in Erdgeschoss- und Obergeschosshöhe unterstrichen die Breitenwirkung des Bauwerks. Das Fassadenbild war gegliedert und belebt durch zahlreiche Stahltore und die aus der Front leicht vorspringenden Treppenhäuser mit großen Glasflächen. Merkmale, die unbedingt in die Gegenwart übertragen werden sollten. So wurden sowohl die ehemals vorhandenen Fensterbänder im Zwischengeschoss als auch die Stahltore zwar durch neue, historisch anmutende Fenster und Tore ausgetauscht, diese aber in der bauzeitlichen Ursprungslage und Aufteilung z. T. an den noch bestehenden Stahlunterkonstruktionen eingesetzt. Bei wesentlichen Fensterflächen der Nordfassade, wie z. B. den großzügigen Treppenhausverglasungen, wurden die im Originalzustand noch erhaltenen, bauzeitlichen Stahlfenster als exemplarischer Denkmalschutz vollständig saniert und neu verglast. Historische Türdetails wie horizontale Holzgriff- und Metallstangen ergänzen die neue Ausstattung der Türen. Zur Vermeidung von Wärmebrücken erhielten die neuen thermisch getrennten Türen und Fenster im Anschlussbereich des Bestandsmauerwerks eine umseitige Kerndämmung und in Teilflächen eine Innendämmung aus Kalzium-Silikat-Platten.Auch wenn die 1972 eingebaute und für die Einzelhandelsnutzung erforderliche Parkdeckebene die ursprüngliche räumliche Weite des Raums entscheidend reduziert hatte, beeindruckt die Rindermarkthalle noch heute mit ihrer wegweisenden und Tageslicht spendenden Dachkonstruktion.

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Sowohl die ehemals vorhandenen Fensterbänder im Zwischengeschoss als auch die Stahltore wurden zwar durch neue, historisch anmutende Fenster und Tore ausgetauscht, diese aber in der bauzeitlichen Ursprungslage und Aufteilung z. T. an den noch bestehenden Stahlunterkonstruktionen eingesetzt. Fotos: Ulrich Hoppe

Die 30 m weit spannenden und 3,80 m hohen Stahl-Vierendeelträger ruhen auf vier Mittelstützen sowie den Randbauwerken und bilden ein großflächiges, bogenförmig segmentiertes Nordlicht-Sheddach. Die Dacheindeckung erfolgte bauzeitlich mit etwa 8 cm starken Bimsbetondielen und Sheds in Stahlkonstruktion. Das denkmalgeschützte Stahltragwerk war zwar im Wesentlichen unverändert erhalten, allerdings stellte sich heraus, dass die Bimsbetondielen altersbedingt und tragwerkstechnisch abgängig waren, so dass eine vollständige Sanierung des Dachs notwendig war.Da die Betondieleneindeckung im Bauablauf nicht vollständig aufgegeben werden konnte und erst nach fertiger Eindeckung mit neuen Betondielen inklusive Verguss wieder statisch wirksam war, erfolgten der Rückbau und die Sanierung abschnittweise an jedem zweiten Sheddach. Aufgrund fehlender Altstatik wurden die Lasten des vorgefundenen Dachaufbaus als maximale Dachlast festgelegt, so dass die Betondielen als Leichtbetonfertigteile in LC25/28 mit nur 80 mm Stärke ausgeführt werden mussten.Aufgrund des vorgefundenen Stahluntergrunds stellte die beschichtungs- und korrosionstechnische Sanierung des Stahlfach-werks eine weitere Besonderheit dar. Bauzeitlich wurde das Tragwerk mit einer Walzhaut versehen, die zwar einen guten Korrosionsschutz bot, allerdings durch ihre Härte die Bearbeitung des Stahls erschwerte und nach heutigen Vorgaben keinen einwandfreien Beschichtungsuntergrund bietet. Das gesamte Tragwerk wurde daher vollständig gestrahlt und neu beschichtet. Aufgrund der vorhandenen Lastannahme aus dem Umbau mit Kunststoff-Trapezverglasung wurde die neue Sheddach-Verglasung als 2,6 m hohe Doppelsteg-KU-Fenster-Konstruktion umgesetzt. Dass es sich auszahlt, ein Bauwerk mit derartiger Historie zu erhalten, verdeutlicht die Rindermarkthalle in Hamburg seinen Besuchern jeden Tag. Als bundesweit wegweisendes Nahversorgungszentrum wurde ihr am 3. Februar 2015 unter anderem auch deshalb der Europäische Innovationspreis in der Kategorie "Stadt" verliehen. Ausrichter des renommierten Preises ist das German Council of Shopping Centers (GCSC).

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