Fassadentag Berlin

Planen und Gestalten zwischen EnEV und Teilhabe

Fassaden
Ließen den Fassadentag Berlin 2016 zu einer interessanten Plattform für Fachleute werden (v. l. n. r.): Gastgeber Jürgen Lindner, Referent Prof. Dr.-Ing. Frank Vogdt, Moderator Christian Brensing und die Referenten Prof. Dr.-Ing. Ulrich Möller, Dr. Volker Hassemer, Reiner Nagel, Patrick Ziegler-Herboldt, Dionys Ottl, Michael Schneider, Prof. Andreas Fuchs, Dr.-Ing. Thomas Schrepfer, Carsten Schmidt (Sto SE & Co. KGaA), Jonas Schmidt-Thomsen. Foto: Sto SE & Co. KGaA/Thomas Düsterhöft

Berlin (ABZ). – Identitätsstiftende Baukultur ist wesentlich für die Gestaltung sozialräumlicher Strukturen in all ihrer Diversität. Darin waren sich die 150 Teilnehmer des Fassadentages Berlin "Stadt (mit-)bestimmen – Fassadenlösungen für die Zukunft" einig. Initiiert von Sto SE & Co. KGaA, internationaler Hersteller von Produkten und Systemen für Gebäudebeschichtungen, Akustik- und vorgehängte Fassadensysteme sowie Putze und Farben und ideell unterstützt von der Bundesstiftung Baukultur sowie dem Fachverband Baustoffe und Bauteile für vorgehängte hinterlüftete Fassaden e. V. (FVHF), tauschten sich Architekten, Ingenieure, Planer und Verarbeiter am Ende Mai in Berlin aus.

Zehn namhafte Referenten aus Baukultur, Forschung, Architektur, Industrie und Handwerk spannten einen Bogen von der Entwicklung des Städtebaus in Deutschland über bürgerschaftliche Teilhabe bis zu Anforderungen der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) an vorgehängte hinterlüftete Fassadenkonstruktionen (VHF). Berichte aus der Praxis dokumentierten Erfahrungen zur Umsetzung.

Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, eröffnete mit seinem Vortrag "Baukultur in Deutschland". Besondere Bedeutung habe die Projektvorbereitung im Vorfeld der Planung, die sogenannte "Leistungsphase Null". Die breite Teilhabe bei der Ermittlung von Bedarfen sichere einen raschen Planungsprozess. Ebenso wichtig sei das Monitoring von der Bewirtschaftung, die er als "Phase Zehn" bezeichnete. "Stadtplanung sollte nicht Investoren überlassen werden", so Nagel, und forderte einen strategischen Masterplan, der auf zehn Jahre ausgerichtet ist. So könne Baukultur Identität stiften und Bürgerstolz schaffen. Bürger stärker als bisher einzubeziehen und deren Sachverstand zu nutzen, dafür plädierte auch der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Zukunft, Berlin, und ehemalige Berliner Senator für Stadtentwicklung, Dr. Volker Hassemer. Für ihn seien Bürger "nicht störend, sondern kompetent". Alle Planungsverfahren müssten transparent und öffentlich sein, und Bürger im Sinne von Mitverantwortung vor einer Entscheidung einbezogen werden. Wie sich die Anforderungen an Fassaden und deren Gestaltung vom 20. Jahrhundert bis heute veränderten, führte Jonas Schmidt-Thomsen, stellvertretender Leiter StoDesign Deutschland, aus. Sein Blick in die Zukunft: Intelligente Fassaden mit integrierten Photovoltaik-Paneelen und das Dachs als "fünfte" Fassade gewinnen an Bedeutung.

Dionys Ottl, Hild und K Architekten, berichtete von der Revitalisierung des Einzeldenkmals "Bikini Berlin". Clou des Projekts: Als Reminiszenz an die alte Fassade wurden Partikel des geschredderten Originalglases in den Putz eingeblasen. Herausforderungen bei der Umsetzung von Architektenentwürfen schilderte der Fassadenbauer Michael Schneider, Dach Schneider Weimar GmbH. Als kostenbeeinflussende Faktoren bei VHF benannte er Material, Format, Verschnitt, Ausrichtung und die Logistik auf der Baustelle. Dass es nicht nur darum geht Kosten zu sparen, sondern vor allem Architektur zu entwerfen und zu leben, zeigte Prof. Andreas Fuchs, FAT LAB Stuttgart, mit seiner Werkschau. Parametrisches Planen eröffne enorme Möglichkeiten. So seien geometrische Formen sauber darstellbar und die Grenzen der Gestaltung aufgehoben. Rundungen, Wölbungen und Sonderformen ließen sich ohne horrende Mehrkosten realisieren. Nach dem Ausflug in amorphe Formen holte Prof. Dr.-Ing. Ulrich Möller, HWTK Leipzig, die Zuhörer mit seinen Ausführungen zur EnEV 2016 auf den Boden der Tatsachen zurück. Nach Möller können die Anforderungen der EnEV 2016 bei VHF nur erfüllt werden, wenn eine energetisch optimierte Unterkonstruktion verwendet wird. Patrick Ziegler-Herboldt, Verotec GmbH, stellte dar, wie sich durch die Verwendung von Edelstahlprofilen und passivhauszertifizierten Wandhaltern eine wärmebrückenfreie Unterkonstruktion realisieren lässt. Dr.-Ing. Thomas Schrepfer, CRP Bauingenieure GmbH, lenkte die Aufmerksamkeit der Architekten auf Längenänderungen des Fassadenmaterials infolge hygrothermischer Einflüsse und forderte auf, dieses bei der Planung zu beachten.

Abschließend präsentierte Prof. Dr.-Ing. Frank Vogdt, TU Berlin, das Ergebnis seiner Studie zum sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz (Optimierung des U-Wertes). Um den sommerlichen Wärmeeintrag durch die Fassade zu reduzieren, empfahl er die Verwendung der Farben Schwarz (außen) und Silber/Blank (innen) auf dem Fassadenmaterial. Gegenüber der Farbkombination Schwarz/Schwarz kann der sommerliche Wärmeeintrag um 63 % reduziert werden. Der von Architektur-Journalist Christian Brensing moderierte Fassadentag zeigte deutlich, dass die VHF ein geeignetes System ist, um die Anforderungen an Wärmeschutz, Schallschutz und Feuchteschutz zu erfüllen und das kontinuierlich an ihrer Weiterentwicklung gearbeitet wird. Besondere Vorteile bietet die VHF auch in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

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