Feuchtigkeit ausgesperrt

Spezialverfugung für geneigte Klinkerflächen der Trinitatiskirche genutzt

Modernisierung und Sanierung
Der Grundriss der Trinitatiskirche basiert auf der Form eines griechischen Kreuzes, der Hauptraum verfügt über vier gleich lange Seiten.

Hainichen (ABZ). – Die Trinitatiskirche in Hainichen besitzt eine außergewöhnliche Ziegelfassade: Viele verklinkerte Bereiche an den Außenwänden bilden deutliche Schrägen aus. Um die höhere Beanspruchung durch langsamer ablaufendes Wasser oder liegen bleibenden Schnee abzufangen, wurden diese schrägen Flächen mit glasierten Ziegeln ausgeführt. Allerdings erwies sich die Glasur als Schwachstelle, die zu einem allmählich schwindenden Verbund zwischen dem Fugenmörtel und den Ziegeln führte. Nach mehr als 115 Jahren Standzeit erforderte der Zustand von Mauerwerk und Fugen dringend eine umfassende Sanierung. Die Trinitatiskirche ist ein neogotischer Zentralbau im Ortskern von Hainichen. Die sächsische Kleinstadt mit knapp 9000 Einwohnern liegt einige Kilometer westlich von Dresden. Die ursprüngliche Kirche im Ort stammte aus dem 13. Jahrhundert. Doch in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts verschlechterte sich ihr baulicher Zustand derart, dass der Kirchenvorstand keine Möglichkeit mehr sah, das Bauwerk durch eine Sanierung zu erhalten. Die Gemeinde beauftragte einen Neubau nach Entwürfen des Geheimen Baurats Gotthilf Ludwig Möckel (1838-1915). Die neue Trinitatiskirche konnte im Mai 1899 geweiht werden und war von da an, der Mittelpunkt der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde.

Die Trinitatiskirche ist ein Zentralbau aus Backstein, dessen Hauptraum auf einem Grundriss in der Form eines griechischen Kreuzes basiert. Er verfügt über vier gleich lange Seiten, die im rechten Winkel zueinander stehen. In der Nord-Süd-Ausdehnung erstreckt sich der Hauptraum über eine Länge von 33 m und in der Ost-West-Ausdehnung über eine Länge von 34 m. Da das Gewölbe allein durch Spitzbögen stabilisiert wird, finden sich keine Säulen im Innenraum. Von der Mitte des Gewölbes erhebt sich ein 14 m hoher Dachreiter als Wegweiser zum Himmel. Er steht im Schatten des sechsstöckigen Westturms, der eine Höhe von 72 m erreicht. Auffällige Wasserspeier am Übergang vom Turmmauerwerk zum Dach sollen die Herrschaft Gottes über die Dämonen symbolisieren. Rd. 1100 Besucher finden im Inneren der Kirche Platz.

Die Trinitatiskirche wurde als kompletter Backsteinbau ausgeführt. Ihr besonderes Merkmal ist die Klinker- und Formsteinfassade. Sie weist an vielen Stellen der Außenwand geneigte Flächen auf, die ausschließlich mit glasierten Klinkern ausgeführt wurden. Zu finden sind diese vor allem unter den Fenstern, an den Gauben und an den oberen Enden von Pfeilern und Pilastern. An historischen Kirchfassaden sind glasierte, schräge Flächen eine echte Besonderheit.

In genau diesen Bereichen, die die Kirche einzigartig machen, traten allerdings auch schwerwiegende Mängel auf, die letztlich eine Sanierung erforderten. Nach der über 115-jährigen Standzeit waren an diesen Stellen Klinker und Fugen soweit geschädigt, dass Wasser in das Mauerwerk eindringen konnte. Der Schaden war jedoch nicht auf die geneigten Flächen begrenzt. Auch das senkrecht aufsteigende Mauerwerk war durch einen Wassereintritt in Mitleidenschaft gezogen. Diese Schäden umfassten allerdings lediglich das Vormauerwerk. Das Hintermauerwerk aus Normalformatziegeln war dagegen intakt und blieb von einer tiefergehenden Sanierung verschont.

Umfangreiche Sanierungsarbeiten starteten im Juni 2014 unter der Leitung des ortsansässigen Ingenieurs Heiko Roßberg. Mit der Schadensaufnahme und der Ausführung der Sanierungsarbeiten beauftragte die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde als Bauherr die Firma Hollerung. Der Fachbetrieb für Steinmetzarbeiten und Restaurationen hat seinen Firmensitz in Reichenbach/Vogtland.

Die Mitarbeiter von Hollerung kartierten als Basis für die Instandsetzung insgesamt 4715 m² der Klinker- und Formsteinfassade. Auf Grundlage von Salz- und Schadstoffanalysen tauschten die Restauratoren fast 13.000 Stück Klinker und Formsteine aus, ergänzten mehr als 4000 Stück und retuschierten fast 5000 Glasurbereiche. Die Ersatz-Klinker und Formsteine stammen aus der Produktion der Märkischen Keramikmanufaktur. Das Hauptaugenmerk der Manufaktur liegt darauf, historische Materialien durch neue zu ersetzen oder zu ergänzen, ohne dass ein Bruch entsteht. Dazu greift es auf historische Herstellungsweisen zurück oder entwickelt neue gleichwertige Methoden.

Das Mauerwerk erforderte zusätzlich eine ganze Reihe an Risssanierungen und Vernadelungen. Schließlich spielte noch die Neuverfugung der geschädigten Stellen eine wichtige Rolle, um in Zukunft einen Wassereintritt ins Mauerwerk verhindern zu können.

Die Oberflächen aller sanierungsbedürftigen Bereiche reinigten die Fachhandwerker zunächst mit einem besonders schonenden Verfahren, um sie anschließend unter Hochdruck mit Wasser abzuspülen. Das für die Reinigung eingesetzte Niederdruck-Partikelstrahl-Verfahren (JOS-Verfahren) wirkt sehr schonend auf die zu reinigende Fläche ein. Im Idealfall erfolgt die Reinigung ohne Substanzverlust oder eine andere nachteilige Beeinflussung der Oberfläche. Dazu wird ein Gemisch aus Wasser, Strahlgut und Luft erzeugt, in Rotation versetzt und auf die Wand gestrahlt. Ein großer Teil der Strahlgutpartikel prallt dadurch nicht mehr senkrecht auf die Oberfläche, sondern er gleitet durch die Rotation an dieser entlang und kann sie so besonders gründlich aber mit geringem Druck reinigen.

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Modernisierung und Sanierung
Für sämtliche geneigte Flächen wurde der tubag TWM-s Trass-Werksteinmörtel spezial als Fugenmörtel verwendet. Fotos: tubag

Die für eine Sanierung vorgesehenen Fugen öffneten die Fachhandwerker im Anschluss mit einem Trennschleifer bis zu den intakten Bereichen, mindestens aber 3 cm tief. Danach wurden diese ausgearbeitet und ebenfalls gereinigt.

Für die darauf anstehende Neuverfugung der Flächen gab es einige wichtige Vorgaben durch Bauherrn und Bauleitung: Der Fugenmörtel musste eine gute Frost-Tauwechselbeständigkeit mitbringen. Zudem musste er den thermischen Anforderungen der Ziegelwand gewachsen sein und das Ausdehnen und Zusammenziehen der Klinker als Folge von Temperaturänderungen abfangen können. Weiterhin durfte auch auf den geneigten Flächen keinerlei Feuchtigkeit mehr eindringen. Hier musste unbedingt dem langsamer ablaufenden Wasser oder liegenbleibenden Schnee Rechnung getragen werden. Die Fugen sollten schließlich komplett geschlossen und Flankenabrisse des Mörtels ausgeschlossen werden.

Als Grundlage für die Auswahl eines passenden Mörtels wurde die Wasseraufnahme der Klinker bestimmt. Sie lag bei 2,9 %. Dementsprechend war hier ein Mörtel für nicht saugende Steine erforderlich mit einem zu diesem Wert passenden Wasserrückhaltevermögen. Auch die Festigkeit des Mörtels, musste zu den Klinkern passen, entsprechend wurde auch die Druckfestigkeit der Ziegel ermittelt. Sie belief sich auf 25,9 N/mm², so dass hier ein Mörtel der Klasse M10 für hochfestes Mauerwerk gefragt war.

Anhand von Musterflächen prüften Bauherr und Bauleitung unterschiedliche Fugenmörtel für diese Aufgaben. Den Zuschlag erhielten zwei Produkte von tubag, einer Marke der Osnabrücker quick-mix Gruppe. Die Sonderverfugungen an den geneigten Flächen wurden mit dem tubag TWM-s Trass-Werksteinmörtel spezial ausgeführt, einem wasserabweisenden Mörtel mit hoher Dichtigkeit und der zu den Klinkern passenden Mörtelgruppe. Der TWM-s ist ein verhältnismäßig fester Mörtel, doch immer noch etwas weicher als die Klinker. So kann er gut auf Ausdehnungen des Mauerwerks reagieren.

Die größte technische Herausforderung ergab sich aus der Glasierung der Klinker an den geneigten Flächen. Der Schaden am Mauerwerk war paradoxerweise eine Folge dieser Glasierung, die ursprünglich zu einem verstärkten Schutz beitragen sollte. Sie wirkte zwar an der Oberfläche als Sperre für die auftretende Feuchtigkeit, doch die glasierten Flächen ziehen sich bis in die Fugen hinein. Und dort führten sie zu einem schlechteren Haftverbund zwischen Ziegeln und Fugenmörtel. Im Laufe der Standzeit entstanden so Risse und Öffnungen, die schließlich die Ursache für einen Wassereintritt ins Mauerwerk bildeten. Als Lösung erwies sich hier der Einsatz einer Haftschlämme. Die geöffneten und gereinigten Fugen mit den glasierten Übergängen wurden zunächst mit dieser Haftschlämme, der tubag TNH-flex eingepinselt, um den Haftverbund mit dem Mörtel zusätzlich zu stärken. Erst danach wurde der TWM-s Fugenmörtel eingebracht, der zusätzlich mit einer FTD Flexo-Trass Dispersion vom selben Hersteller vergütet wurde. Diese hochkonzentrierte Kunststoffvergütung erhöht die Verbundhaftung zwischen Trass-Mörtel und Mauerwerk noch einmal. Der so vergütete Mörtel weist eine gesteigerte Flexibilität auf und damit auch eine verbesserte Reaktionsfähigkeit auf eine thermische Aufheizung des Mauerwerks.

Modernisierung und Sanierung
Außergewöhnliche Ziegelfassade: An den Außenwänden finden sich deutliche Schrägen mit glasierten Klinkerflächen.

Für die relativ schmalen Fugen mit Breiten zwischen 3 und 10 mm wurde ein Mörtel mit einer feinen Körnung von 0 bis 1 mm verwendet. Er wurde als Schlämmverfugung aufgebracht und Klinker und Fugen anschließend von Hand gereinigt.

Die Fugen des aufsteigenden Mauerwerks an den geschädigten senkrechten Fassadenbereichen wurden ebenfalls mit einem tubag-Produkt neu verfugt. Hier wurde allerdings der NHL-F Historische Fugenmörtel mit natürlich hydraulischem Kalk als Bindemittel verwendet. Diesen stellte der Hersteller schon werksseitig in seiner Farbigkeit auf den TWM-s ein. So ist das Erscheinungsbild der Fugen an den geneigten und den senkrechten Flächen nicht voneinander zu unterscheiden. Der historische Fugenmörtel wurde gleichermaßen per Hand als Schlämmverfugung aufgebracht und die Steinoberflächen anschließend gründlich gesäubert.

Der NHL Fugenmörtel ist speziell auf die Bedürfnisse historischer Bausubstanz abgestimmt, seine Rezeptur mit natürlich hydraulischem Kalk erfordert es allerdings, die Witterung im Auge zu behalten. Für die Erhärtung sind ca. 80 Tage erforderlich, und in dieser Zeit darf die Temperatur nicht unter 10 °C fallen, da darunter keine Aushärtung durch eine Carbonatisierung mehr stattfindet. Die Arbeiten müssen also entsprechend zeitig im Jahr starten, damit der Mörtel noch vor den fallenden Temperaturen im Herbst vollständig aushärtet.

Die Restauratoren der Firma Hollerung bringen viel Know-how für die Instandsetzung historischer Bauten mit. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass auch eine sehr gut ausgeführte Handwerkskunst nur dann ein optimales Ergebnis liefert, wenn die verwendeten Baustoffe zur Bausubstanz passen. Hier sind Hersteller gefordert, die die technischen Möglichkeiten haben, die Rezeptur der Mörtel und die Kombination der Materialien auf die jeweiligen Erfordernisse des Mauerwerks anzupassen. Bei der Trinitatiskirche in Hainichen haben sie mit tubag einen Partner gefunden, der seine Produkte genauso optimal auf die erhöhten Anforderungen der geneigten und glasierten Flächen einstellen konnte wie auf das Mauerwerk der senkrecht aufsteigenden Wände. Seit dem Abschluss der Arbeiten im Sommer 2016 steht das Gotteshaus der kleinen Kirchgemeinde nun wieder uneingeschränkt zur Verfügung.

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