Fuge für Fuge, Riss für Riss

Anspruchsvolle Großprofilsanierung in Hagen ausgeführt

Hagen (ABZ). – Eine nicht alltägliche Sanierungsaufgabe bewältigte die Sanierungstechnik Dommel GmbH zwischen Februar und Mai 2020 in der Beethovenstraße in Hagen. Dort galt es, einen in die Jahre gekommenen begehbaren Abwasserkanal aus Mauerwerk zu sanieren. Die Maßnahme umfasste sowohl das Verpressen von Rissen im Injektionsverfahren mittels PU-Harz als auch das Neuverfugen ausgewaschener Fugen mit kunststoffvergütetem Mörtel.
Sanierungstechnik Dommel Rohr- und Leitungsbau
Einstieg für die Sanierungskolonne: Die Abwasserschächte in der Beethovenstraße in Hagen befinden sich mitten auf der Straße. Dieser Umstand erforderte eine durchdachte Verkehrssicherung. Fotos: Sanierungstechnik Dommel

Anspruchsvoll war die Maßnahme auch im Hinblick auf die Überleitung des ankommenden Abwassers sowie die oberirdische Verkehrssicherung. In weniger als drei Monaten stellten die Kanalprofis die Betriebssicherheit der Haltungen wieder her.

Im Gegensatz zu Kanälen aus Beton und Stahlbeton oder Steinzeug sind gemauerte Abwasserkanäle in Deutschland vergleichsweise selten. Sie sind meist älteren Baudatums und werden heute aufgrund des Zeit- und Kostenaufwands kaum noch errichtet. Da alte, gemauerte Kanäle jedoch über eine sehr tragfähige und beständige Bausubstanz verfügen, ist ihre umfassende Sanierung eine Chance, die Betriebsdauer um Jahrzehnte zu verlängern. Dies beweist auch ein aktuelles Projekt in der Beethovenstraße in Hagen. Dort verläuft ein Abwasserkanal als gemauertes Ei-Profil mit den Querschnittsabmessungen B/H 850/1350 mm. Der aus dem Jahr 1931 stammende Bestand erstreckt sich auf einer Länge von 330 m und wird als Mischwasserkanal betrieben.

Anhand wiederkehrender Kanaluntersuchungen wurde der Zustand des Kanals regelmäßig seitens der Wirtschaftsbetriebe Hagen (WBH) überprüft. Als die Bausubstanz sich zunehmend verschlechterte, beauftragten die WBH im Jahr 2016 die S & P Consult GmbH aus Bochum mit einer umfassenden Untersuchung des Bestands. Bei der Begehung sowie auf den Videos von Kamerafahrten waren Ablagerungen, Risse im Rohr-Scheitel und den Schachtbauwerken sowie ausgebrochene Klinker und ausgewaschene Mauerwerksfugen erkennbar. Um die Standsicherheit des Kanals nachzuweisen und eine Empfehlung für ein Sanierungskonzept auszusprechen, nahm die S & P Consult neben der optischen Begutachtung weitere Prüfungen vor. Unter anderem erfolgten eine genauere Untersuchung der Kanalgeometrie sowie die Entnahme von fünf Bohrkernen für Festigkeitsuntersuchungen. Bodenuntersuchungen gaben zudem näheren Aufschluss über die Baugrundverhältnisse. Die statischen Berechnungen ergaben schließlich, dass die Tragfähigkeit des Profils noch gegeben war. Daher legte das Gutachten die Sanierung des Mauerwerkskanals mittels Rissverpressungen sowie die Aufarbeitung des Mauerwerks in geschlossener Bauweise nahe, worüber das Ingenieurbüro SM Consult GbR aus Hagen dann ein Sanierungskonzept sowie die erforderlichen Ausschreibungsunterlagen vorbereitete. Die Leistung wurde Ende 2019 im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung an die Sanierungstechnik Dommel GmbH vergeben.

Zu Beginn der Sanierungsmaßnahme erfolgte zunächst eine Grundreinigung des Kanals. Dabei beseitigten die Kanalprofis aus Hamm die starken Ablagerungen, die sich an der Rohrwandung und in der Sohle gebildet hatten. Auch loses Geröll musste entfernt werden. Mit der Beseitigung der Ablagerungen ließ sich der vollständige Rohrquerschnitt des Altkanals wiederherstellen. Im Anschluss an die Reinigung wurden gemeinsam mit dem bauüberwachenden Ingenieurbüro SM Consult die genauen Sanierungsbereiche sowie die Ausführung und der Ablauf der Sanierungsmaßnahme im Detail festgelegt.

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Auf rund 600 m² erneuerten die Kanalprofis – händisch mittels Fugeisen – die herausgelösten Mauerwerksfugen im Bereich der Sohle.

So anspruchsvoll wie die Errichtung des Kanals vor vielen Jahren war, so komplex gestaltete sich auch die aktuelle Sanierung. Auf rund 600 m² erneuerten die Experten von Dommel die wahrscheinlich durch jahrzehntelangen Kanalbetrieb ausgewaschenen Mauerwerksfugen im Bereich der Sohle. Diese Maßnahme startete mit dem Reinigen sowie dem Ausfräsen des beschädigten und losen Fugenmaterials. "Ein zentrales Problem war, dass der alte Fugenmörtel unterschiedliche Festigkeiten aufwies. Denn die weichen Fugen ließen sich sehr schnell ausräumen, der harte Mörtel hingegen war nicht so leicht zu lösen. Daher mussten wir entsprechendes Spezialwerkzeug wählen", erklärt Matthias Wyczykowski, Bauleiter der Sanierungstechnik Dommel GmbH. Im Anschluss an das Ausfräsen fand noch einmal eine Reinigung statt, bevor sie mit einem abwasserbeständigen, kunststoffvergüteten Mörtel neu verfugt wurden. Diese Arbeiten erfolgten seitens der Sanierungstechnik Dommel GmbH – Fuge für Fuge – letztendlich händisch mittels Fugeisen. Das anfangs favorisierte maschinelle Verfugen mittels Injektionspistole wurde nach der Entnahme erster Bohrkerne aus den Sanierungsbereichen wieder verworfen, da hier bei probesanierten Fugen Hohlräume erkennbar waren. Bei der händischen Ausführung zeigte sich hingegen eine hohlraumfreie Verfüllung bis in den Fugengrund. Im unteren Bereich des Kanals setzten die Kanalprofis – wo es erforderlich war – neue Sohlschalen aus Steinzeug.

Parallel zu den Arbeiten rund um die Fugensanierung widmete sich eine andere Kolonne den Rissen im Rohrscheitel. Um die Sichtbarkeit im Kanal hervorzuheben, wurden diese zunächst markiert. Die Risssanierung erfolgte mittels Injektionsverfahren. Hierbei kamen rund 600 Injektionspacker zum Einsatz. Als Verpressmaterial wurde zwei-komponentiges Polyurethanharz verwendet. Um eine kraftschlüssige Verfüllung der Risse zu gewährleisten, wurden die Injektionspacker in einem Winkel von 45° wechselseitig in den jeweiligen Riss eingebracht. Über eine Hochdruckpumpe wurde anschließend das Verpressharz durch die Hohlpacker in den Rohrscheitel injiziert. "Durch das Aufschäumen des Harzes wird die Rohrumgebung stabilisiert und der Riss verschlossen", erklärt Wyczykowski. Nach der Aushärtungsphase lassen sich die Packer bündig abtrennen und die Eintrittsstellen nachbearbeiten.

Eine spannende Herausforderung war die Sanierungsmaßnahme gleich in mehrfacher Hinsicht. So ist der Abwasserkanal in Bezug auf seinen Querschnitt zwar als begehbar eingestuft; dennoch erfolgten die Arbeiten auf sehr beengtem Raum innerhalb des Kanals. Dabei musste die Überleitung von mehreren 100 l ankommenden Abwassers pro Sekunde gewährleistet werden, um auch bei Regen im Trockenen arbeiten zu können. Zu diesem Zweck waren mehrere Pumpen im Einsatz. Oberirdisch war die Verkehrssicherung beziehungsweise -lenkung sicherzustellen. Gleich mehrere Buslinien passieren die Beethovenstraße, deren getakteter Verkehr während der Baumaßnahme aufrechterhalten werden musste. Dies war eine besondere Herausforderung, da sich die Abwasserschächte teils mitten auf der Straße befinden und der verbliebene Platz für den Busverkehr sehr eng bemessen war. Dies ist jedoch in enger Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde sowie den Verkehrsbetrieben gelungen. "Um den Bauprozess zu beschleunigen und die Verkehrseinschränkungen und Kosten für die Überleitungsmaßnahmen zu reduzieren, haben wir in den zusammenhängenden Haltungen parallel mit drei Sanierungskolonnen gearbeitet", erklärt Wyczykowski. Die Vorgehensweise war dabei minimalinvasiv – durch die grabenlose Bauweise waren keine aufwändigen Straßenaufbrüche notwendig.

Für die WBH stellte die Sanierungsmaßnahme in der Beethovenstraße ein Pilotprojekt dar. "Wir sanieren zwar systematisch unsere Abwasserkanäle – die Baumaßnahme unter der Beethovenstraße war jedoch das erste Projekt, bei dem eine derart umfangreiche Fugensanierung im begehbaren Bereich und so zentrumsnah durchgeführt wurde", erklärt Vera Rabe von den Wirtschaftsbetrieben Hagen. Umso wichtiger war es, die hohe Qualität der Ausführung und der verwendeten Materialien zu gewährleisten. "Wir werden durch den Güteschutz Kanalbau bereits in zwölf verschiedenen Kanalunterhaltungs- und Sanierungsverfahren fremdüberwacht. Für das Sanierungsprojekt in der Beethovenstraße haben wir zusätzlich die Gütezeichen für 'Beschichtung'' 'Fugensanierung' und 'Verpressarbeiten' beantragt", erklärt Dommel-Geschäftsführer Benedikt Stentrup. "Diese wurden vor Ort auf der Baustelle durch einen Prüfingenieur des Güteschutz Kanalbau auditiert." Zudem wurden nach fertiggestellter Leistung eine Kamerabefahrung durchgeführt und mehrere Bohrkerne aus dem sanierten Mauerwerk entnommen. Das Endresultat konnte sich sehen lassen: Die Proben aus den Sanierungsbereichen zeigten ein homogenes Fugenbild ohne Hohlräume oder Lunkerstellen und belegen die Festigkeit und Tragfähigkeit des Mauerwerks – und damit die Betriebssicherheit des Kanals. Die sichere Nutzungsdauer des aufwendig gemauerten und nun auch wieder dichten Kanals ist somit für die nächsten Jahre wieder gegeben.

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