Galerie de Kons

Altes Gebäude wurde nochmal neu gedacht

Montage der Stahlträger. Fotos: Christoph Rademacher

Luxemburg (ABZ). – Das alte Gebäude der "Galerie de Kons" wurde in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erbaut. In den 90er-Jahren wurde das Gebäude grundlegend umgebaut. Neben Büroflächen und einer Tiefgarage wurde im Stil einer Galerie ein Einkaufszentrum integriert. Jedoch entsprach das Galerie-Konzept nicht mehr den heutigen, modernen Anforderungen. Daher begann im Jahr 2013 die Planung, das Areal neu zu entwickeln und fast 60 % der vorhandenen Bebauung neu zu errichten. Das Projekt zielt wieder auf eine gemischte Nutzung der rd. 4400 m² Grundfläche ab und umfasst im Ganzen ca. 14 600 m² Bürofläche, ca. 2400 m² für den Einzelhandel im Erdgeschoss, 8300 m² Parkbereich im Untergeschoss und im rückwärtigen Bereich 3500 m² zur Wohnnutzung. Der zukünftige Langzeit-Mieter sowie der Investor stellten Anforderungen, z. B. an die Akustik, den Brandschutz und die Energieeffizienz. Ferner ergeben sich aufgrund der aus dem städtischen Baurecht und der bereits bestehenden Nachbarbebauung festgelegten Bezugshöhen Auflagen an das äußerliche Erscheinungsbild der Natursteinfassade und insbesondere an die max. Bauhöhe der Fassadenfront.

Zu den Standards des Hauptmieters wie auch zu den Anforderungen der Immobilienentwickler gehört ebenfalls eine BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method, britisches Nachhaltigkeitszertifikat) "excellent" Gebäude-Zertifizierung. In den aufgehenden Geschossen beinhaltet der Neubau des zum Bahnhof ausgerichteten Blocks neben dem Erdgeschoss fünf weitere Vollgeschosse und ein zusätzliches oberes, teilweise eingerücktes Staffelgeschoss. Abschnitte B und C umfassen Erdgeschoss und vier Vollgeschosse mit der vorgesehenen Nutzung als Bürofläche sowie einem von der Hauptfront abgesetzten Mansarden-Niveau. Die Fassade 1.0. der Bürogebäude zum Place de la Gare und Rue Joseph Junck wird durch eine äußerst hochwertige, vorgehängte und hinterlüftete Fassade mit Natursteinverkleidung ausgeführt und entspricht somit den vorgegebenen Material- und den Schallschutzanforderungen gegenüber der stark befahrenen Straße.

Bei der Festlegung des Stützenrasters muss zum Einen der erhaltene Altbestand mit seinen in nur wenigen Punkten und gering belastbarem Grundriss beachtet werden. Zum Anderen soll ein möglichst großer Stützabstand eine sehr flexible Nutzung mit einem hohen Nutzungskomfort gewährleisten. Außerdem erwartete der Bauherr schlanke Decken, um die lichte Höhe von 2,7 m zu erreichen. Zur Realisierung der Tragstruktur der Büroabschnitte wurden drei Ausführungsvarianten analysiert. Der Vorentwurf war mit einer massiven Betonflachdecke bemessen, die in traditioneller Bauweise geschalt werden sollte. Zur Diskussion stand auch eine Alternative mit Deckenfertigteilen in Form von Spannbetonhohldielen, die eine beschleunigte Bauzeit aufweisen sollte.

Aus diesen Randbedingungen heraus hat der "Service d'Etudes" (technische Abteilung) des federführenden Generalunternehmers CLE S.A. eine weitere, alternative Lösung in Stahlverbundbauweise, mit in die Decke integrierten Stahlverbundträgern vorgeschlagen, welche vom Ingenieurbüro Schroeder & Associës, unterstützt durch die entsprechenden Fachabteilungen von ArcelorMittal, ausgearbeitet und abschließend in die statische Bemessung überführt wurde. Dabei überspannen diese sogenannten Slim-Floor-Träger jeweils den größeren Stützenabstand. Quer dazu werden tiefgewalzte Profiltafeln mit einer Höhe von 220 mm und einem Rippenabstand von 750 mm über eine Spannweite von 5,4 m, ergänzt durch einen zusätzlichen Aufbeton von 10 cm Dicke, vorgesehen. Alle statischen, brandschutz- und schallschutztechnischen Vorgaben werden mit diesem System erfüllt. Vorteile dieser Bauweise sind vor allem:

    1. eine Reduktion des Eigengewichts der Decke
    2. eine deutliche Reduktion des Baustellenverkehrs
    3. eine Entlastung der Baukrane
    4. eine Entlastung der Baustelle sowie eine höhere Qualität durch Auslagerung von Produktionsprozessen in die Stahlbauwerkstatt
    5. eine Reduktion der erforderlichen Lager- und Entladezonen
    6. eine Reduktion der Deckenhöhe.

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    Deckenuntersicht auf die Profilblechtafeln.

    Basierend auf der gesamtheitlichen Projektanalyse unter Einbeziehung der Baustellenorganisation und -logistik resultierte die Ausführung der gesamten Büroflächen in den Gebäudeteilen A, B, C und D mit ca. 12 600 m² Deckenfläche in der vorgestellten Slim-Floor-Bauweise. Der Parkbereich in den Untergeschossen wurde in Ortbetonbauweise realisiert. Zur Aufnahme der hier anfallenden hohen Einzellasten und Einwirkungen aus Sicherheitsfahrzeugen wurden Unterzüge als Verbundträger vom Typ HEB 650-S460 angeordnet.

    Statisch gesehen agieren die Slim-Floor-Träger im Grenzzustand der Tragfähigkeit als Einfeldträger. Die Träger werden vorwiegend auf Basis handelsüblicher HE220B-, HE200B-, HE200M- bzw. HE180B- und HE180M-Profile gefertigt, indem eine zusätzliche Stahlplatte 420 mm x 18 mm bzw. 400 mm x 15 mm untergeschweißt wird. Für den Baustahl wird überwiegend Stahl der Güten S355 und S460 verwendet. Die Verbundtragwirkung wird durch aufgeschweißte zweireihig angeordnete Kopfbolzendübel Ø 19 mm erzielt. Durch eine in die Kammern der Slim-Floor-Träger eingelegte Längsbewehrung wird die Tragfähigkeit der Träger für den Lastfall Brand erhöht und so die Anforderungen an die Feuerwiderstandsklasse R90 erfüllt.

    Bei den quer zu den Träger verlaufenden Deckenfeldern werden Trapezblechprofile vom Typ Cofraplus 220 (Bauaufsichtliche Zulassung Z-26.1-55) mit 1,25 mm Blechdicke verwendet, die im Bauzustand, d. h. während der Betonnage, ohne weitere Unterstützung als Einfeldträger agieren. Zusätzlich werden in die Rippen der Bleche zwei weitere Bewehrungslagen eingebaut, die obere ist für die Sicherstellung der Feuerwiderstandsdauer R90 erforderlich.

    Die runden Innenstützen werden im Grenzzustand der Tragfähigkeit als Stahlstützen dimensioniert. Zur Sicherstellung der Feuerwiderstandsdauer und zur Erfüllung der architektonischen Anforderungen runder Stützen erhalten die Stahlprofile eine Betonummantelung. Der Anschluss des Deckenträgers wird durch wirtschaftliche gelenkige Verbindungen realisiert und liegt genau in der Deckenebene, so dass dieser im Rahmen der Deckenbetonnage vollkommen ausbetoniert wird und somit brandgeschützt ist. Das obere Staffelgeschoss im Abschnitt A wird durch eine reine Stahlkonstruktion in Kombination mit einem zweischaligen Dach mit tragenden Trapezblechprofilen realisiert. Für die Rand- und Aussteifungsverbände des Daches kommen Rohrprofile zum Einsatz.

    Alle Stahl- und Stahlverbundquerschnitte wurden in Abhängigkeit der Einwirkungen und der zu verwendenden Stahlgüte sowie den Anforderungen aus dem Brandschutz optimiert. Nahezu die gesamte Stahlstruktur ist ohne weitere Brandschutzmaßnahmen ausgeführt. Allein die wenigen Abfang- und Wechselträger in den Untergeschossen (HEB 650,) erhalten eine Verkleidung mit Brandschutz-Platten oder werden mit Kammerbeton versehen. Global wird das Tragwerk mittels Treppenhauskernen gegen horizontale Einwirkungen ausgesteift, die in Beton erstellt werden.

    Für die betriebsinterne Werkplanung des Stahlbauers wurde eine detaillierte Anschlussstatik in fortlaufender Abstimmung mit dem Tragwerksplaner erstellt. Durch die Verwendung von Stahlprofilen der Materialgüten S355 und S460 stellten sich angesichts ehrgeiziger Liefertermine die Aufgabe, Material aus jeweils kurzfristig bevorstehenden Walzterminen zu beziehen. Für die Erzeugung der genauen Materiallisten wurde zunächst ein 3D-Stabmodell erstellt. Die Verarbeitung der Profile und Bleche erfolgte zeitnah über CAD/CAM-gestützte Maschinen. Um den Montageablauf auf der Baustelle zügiger zu gestalten, wurde die Bewehrung bereits in der Stahlbauwerkstatt in die Kammern der Slim-Floor-Träger eingebracht. Alle Teile erhielten als Korrosionsschutz eine Grundbeschichtung sowie alle sichtbaren Flächen zudem eine Deckbeschichtung auf 2K-EP-Basis. Die Deckenträger wurden gemäß ihrer statischen Bemessung mit individueller Überhöhung ausgeführt. Durch die Anordnung der Montagestöße der Geschoßstützen jeweils oberhalb der Deckenebene war es möglich, eine problemlose und schnelle Montage, Ausrichtung und Abstrebung im Bauzustand und auch die Maßhaltigkeit der Geschoßhöhen sicherzustellen. Ein Bauabschnitt zu je etwa 30 t Stahl konnte somit in ca. drei Tagen fertig montiert werden, in weiteren je ca. zwei Tagen wurden etwa 500 m² Verbundbleche verlegt.

    Infolge der begrenzten Fläche für die Baustelleneinrichtung, die nur die Errichtung von zwei Turmdrehkranen zuließ, gestaltete sich die Baustellenorganisation sehr komplex. Da fast alle Arbeitsprozesse im Rohbau kranabhängig sind, mussten die Betonarbeiten und der Stahlbau in verschiedenen Zeitfenstern geplant werden. Am Vormittag erfolgten klassische Schalungs- und Betonbauarbeiten. Am Nachmittag stand zur Stahlmontage ein Hochbaukran zur Verfügung. In dieser Zeit wurde parallel mit dem händischen Verlegen der Pro?ltafeln zwischen den Stahlträgern begonnen, so dass trotz einer sehr hohen Auslastung der Krankapazität ein schneller Baufortschritt erzielt werden konnte.

    Im Rahmen der Stahlbaumontage wurden die Träger und Stützen möglichst direkt vom Lkw eingehoben und montiert. Zunächst wurden die Stützen aus einfachen Stahlwalzpro?len als übliche Stahlstruktur geschossweise montiert und mit den Deckenträgern verbunden. Der Anschluss Stütze-Slim-Floor-Träger erfolgte über gelenkige Schraubverbindungen mit Kopfplatten. Der Kopfplattenstoß der aufgehenden Stützen wurde ca. 30 cm oberhalb jeder fertigen Deckenoberkante angeordnet, so dass die Stützen ausgerichtet und für die Betonnage der Decke mittels einer Hilfskonstruktion stabilisiert werden konnten. Nach ausreichendem Erhärten der Decke konnte die stahlbaumäßige Hilfskonstruktion ausgebaut und im nächsten Geschoss wieder eingesetzt werden.

    Aus dem städtischen Baurecht und der bereits bestehenden Nachbarbebauung festgelegten Bezugshöhen existierten Auflagen an das äußerliche Erscheinungsbild der Natursteinfassade und insbesondere an die max. Bauhöhe der Fassadenfront.

    Nach der Montage der Stahlträger erfolgte das Verlegen der Pro?lblechtafeln. Dazu wurden Schotte als Dreifach-Element entsprechend dem Verlegeplan mit Hilfe der Direktbefestigung auf dem Trägeruntergurt befestigt. Die Schotte dichten das Blechprofil am Ende ab und steifen die Profiltafeln am Au?ager aus. Dadurch wird die Querkrafttragfähigkeit des Deckensystems am Auflager erhöht. Anschließend wurden die Profiltafeln verlegt und mit dem Schott am Obergurt bzw. in der Sicke mit dem Träger durch selbstbohrende Schrauben verbunden. Zum Abschluss musste nur noch die Längsstoßverschraubung der Profiltafeln untereinander vorgenommen werden. Nach dem Verlegen und Verschrauben dienten die Profiltafeln in der Regel ohne weitere Unterstützung direkt als Arbeitsbühne und Schalung, so dass umgehend mit dem Verlegen der Bewehrung begonnen werden konnte. Nur in einzelnen Bereichen, wie z. B. konisch zulaufenden Randfeldern, in denen die Trägerabstände über 6,3 rn betragen, wurden die Stahlbleche temporär im Bauzustand unterstützt. Für die gesamte Baustelle wurde im Vorfeld eine Rotation festgelegt, so dass sich in den verschiedenen Bauabschnitten die Gewerke nicht gegenseitig behinderten.

    Insgesamt sind die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Bauweisen durch eine kompetente integrale Planung im Vorfeld abgeklärt und in der Ausführung entsprechend berücksichtigt worden. Dies liegt vor allem an dem guten Miteinander zwischen Bauherr, Architekt, Ingenieurbüro, Fachplanern und dem Generalunternehmer, aber auch in der sehr guten Kommunikation zwischen GU und dem Stahlbauer als Nachunternehmer. Der Stahlverbundbau hat sich auch in der Ausführung als sehr gute Lösung für die Randbedingungen dieser Baustelle bewiesen. Neben der guten Planung im Detail ist die fachkundige Ausführung letztlich der Garant für einen reibungslosen Bauablauf.

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