Ganz schön schräg

Futuristischen Industriebau umgesetzt

Schöck Architektur
Die Westfassade ermöglicht Einblicke in die Produktion. Foto: Thomas Bauer

Baden-Baden (ABZ). – Ein weiterer Industriebau mit gewöhnlichen Sandwichelementen – langweilig, nicht weiter erwähnenswert? Das Gegenteil beweist der Architekt Dominik Wukowojac mit dem Neubau der Fräserei für die Weihrauch & Weihrauch Sport GmbH in Mellrichstadt. Das Büro Wukowojac architekten hatte bereits zwei Projekte für den traditionsreichen Hersteller von Sportartikeln realisiert – so gab es für den Erweiterungsbau der Fräserei keine Einschränkungen bei der Planungsfreiheit seitens des Bauherren. "Weihrauch ist ein alteingesessenes Unternehmen mit hoher Fertigungstiefe. Als metallverarbeitendes Unternehmen haben sie einen besonderen Blick für Details und Qualität – ich wollte daher keine weitere beliebige, alltägliche Produktionshalle bauen", beschreibt Wukowojac seinen Ansatz.

Das Grundstück gab den Grundriss vor. Der Architekt hatte den Auftrag an das nicht rechtwinklige Grundstück des Nachbarbetriebs anzuschließen. Damit war klar, dass sich der Grundriss nach hinten verjüngen wird. Zudem gab es auf dem Grundstück noch ein Bestandsgebäude im typischen 70er-Jahre Klinkerbau – "dem wollten wir einen selbstbewussten Entwurf entgegensetzen und uns gleichzeitig an den Bestand anlehnen", so Wukowojac.

Das "Anlehnen" nahm der Architekt wörtlich. Die nördliche Außenwand, also die dem Bestand zugewandte Seite wurde um 5° gekippt. Mit herkömmlichen Sandwichelementen und einer darunterliegenden Stahlbaukonstruktion klassischer Bauart ließ sich das kostengünstig realisieren. Aus gestalterischen Gründen verbaut Wukowojac diese Elemente häufig liegend – so auch in diesem Fall. Zusätzlich sorgt die verdeckte Befestigung der silbernen Fassadenelemente für Struktur und wertet die Optik im Vergleich zur stehenden Montage mit sichtbarer Verschraubung stark auf. "In der Konsequenz schmiegt sich so der Neubau an den Altbau an. Zum Nachbarbetrieb haben wir optisch einen Abschluss – mir war wichtig, dass das neue Gebäude sinnvoll im Bestand eingebunden wird", erläutert der Architekt sein Konzept.

So einfach die Mittel, so anspruchsvoll war die technische Ausführung. Durch die geneigte Wand entstanden viele Herausforderungen, die im Detail gelöst wurden. Die geringe Wandneigung führt z.B. bei den Fenstern dazu, dass die Falzentwässerung neu überdacht werden musste, Öffnungshöhe und Anschlagstyp mussten an die Wand angepasst werden. Letztlich wurden Kippfenster verbaut die oben angeschlagen nach außen öffnen und so eine Querlüftung ermöglichen. "Vom Ergebnis war es das jedoch wert. Es hat alles funktioniert und es gab keine zeitliche Verzögerung", schwärmt der Architekt. Die anfängliche Schrägstellung der Fassade wird konsequent weitergeführt – die Außenhülle geht ohne Bruch und Übergänge von innen nach außen über die westliche Glasfassade hinaus – so entstehen neue Perspektiven. Die Lichtbänder, die wie Bahnschienen im Innenraum entlanglaufen, spiegeln sich in der Glasfassade wider und verdeutlichen je nach Blick die Schrägstellung der Fassade. Die Westfassade öffnet sich zum öffentlichen Raum hin und ermöglicht durch die vertikalen Lamellen je nach Sonnenstand gewisse Einblicke in die technologisch anspruchsvolle Produktion. Unterstützt wird das Sonnenschutzkonzept durch stehende Lamellen die elektrisch nachgeführt werden – bis mittags 12.00 Uhr stehen die Lamellen senkrecht vor der Fassade und bieten einen maximalen Aus- und Einblick.

Durch die große Glasfassade entsteht eine Offenheit und der Innenraum wird außen erlebbar – die überstehenden Dach- und Wandelemente dienen hier als natürlicher Sonnenschutz.

Während für die Außenwand die wärmetechnische Entkopplung über eine herkömmlich gedämmte Stahlstütze erfolgte, musste für die überstehenden Dachelemente eine besondere Lösung gefunden werden. Wukowojac: "Wenn das Dach frei auskragend ist und oben aus der Dachscheibe herausschaut, dann muss ich eine Möglichkeit finden um den Anschluss von innen nach außen zu realisieren. Um Wärmebrücken und damit auch Kondensatbildung zu vermeiden muss die Konstruktion thermisch entkoppelt sein – das ließ sich nur über den Isokorb der Schöck Bauteile GmbH aus Baden-Baden lösen".

In diesem Fall wurde der Isokorb vom Typ KST genutzt – er ist ein tragendes Wärmedämmelement für den Anschluss von frei auskragenden Stahlträgern an Stahlkonstruktionen. Er besteht aus den Modulen KSTZ für die Zugkraft und KSTQ für die Übertragung der Quer- und Druckkräfte. Als einzige zugelassene thermische Trennung für den Stahlbau erfüllt der Schöck Isokorb Typ KST alle Richtlinien. Die Anzahl und Anordnung in der Konstruktion ist von der Profilgröße und den Schnittgrößen abhängig. Pro Stahlträger wurden hier jeweils vier Module verbaut.

Die Halle verfügt über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und zusätzlicher Luftfilteranlage, die den Öldunst der CNC-Fräsmaschinen filtert. Die Abwärme der Maschinen ist so groß, das kaum Heizenergie zugeführt werden muss. Lediglich Montag nach dem produktionsfreien Wochenende ist eine zusätzliche Heizung notwendig – schon Montagmittags steht genug Heizenergie für den Rest der Woche zur Verfügung. Die gut gedämmten Sandwichelemente mit einem U-Wert von 0,117 W/m²K sorgen dafür, dass die Wärme in der Halle bleibt. Das nachhaltige Konzept setzt sich außen fort: Anstatt eines einfachen Foliendaches wurde die Dachfläche begrünt. Das Regenwasser fließt nicht direkt in die Kanalisation sondern wird über ein Dränsystem mit Regenrückhaltung in den naheliegenden Bach eingeleitet.

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