Geschichte in Klinker
Fassade von Mediencampus als Reminiszenz an Druckhistorie
Im Osten der Stadt, zwischen Autobahn und Bahnstrecke, befindet sich im Industriegebiet Rotter Bruch der Mediencampus Aachen. Täglich werden dort Nachrichten produziert und hunderttausende Zeitungen gedruckt. Doch der Platz wurde in den vergangenen Jahren immer knapper. Längst hatte sich der Zeitungsverlag zu einem breit aufgestellten Medienhaus entwickelt. Um den geänderten Anforderungen gerecht zu werden, entschied sich die Aachener Verlagsgesellschaft für einen Umbau und zog als Planungsbüro die SSP AG hinzu.
Das Team um Architekt Tilo Pfeiffer entwickelte unterschiedliche Varianten, die Bestandsgebäude zu restrukturieren – und schlug zusätzlich einen Neubau vor. Die Argumente überzeugten und so entwickelten die Planer Gestaltungsansätze für das zukünftige Bürogebäude mit 240 Arbeitsplätzen.
Inspirieren ließ sich Pfeiffer eigenen Angaben zufolge für die Fassadengestaltung von der Historie des Standorts. Seit Jahrzehnten entsteht dort die Aachener Zeitung – das sollte sich auch in der Hülle des neuen Bürogebäudes widerspiegeln. Kilometerlange Papierbahnen, die in hoher Geschwindigkeit über die rotierenden Walzen der Druckmaschine laufen. Redakteurinnen und Redakteure, die Nachrichten "am laufenden Band" produzieren. Diese Dynamik finde ihren Ausdruck in den langgezogenen Fensterbändern, die sich wie endlose Papierbahnen über die Fassade ziehen. Sogar so weit, dass sie über die Gebäudeecken hinaus reichen und aus bestimmten Perspektiven heraus tatsächlich endlos scheinen.
Im Kleinen soll sich dieser Ansatz auch in der Materialität der Fassade wiederfinden: Klinker an Klinker, im versetzten Läuferverband angeordnet, mit linearer Grundstruktur im schmalen Dünnformat von 240 x 115 x 52 mm. "Der zeitlose Werkstoff Klinker überzeugt in der Nah- und Fernwirkung. Aus der Ferne wirkt er ruhig und homogen, aus der Nähe wiederum sind Struktur und Textur erkennbar", erklärt Pfeiffer.
Für Besucher, die nah herantreten, hält der charakterstarke Fassadenklinker Weimar HS vom Klinkerwerk Hagemeister einige Besonderheiten parat: beige brennender Ton mit weißer Patinierung, dazwischen rötliche Akzent-Klinker sowie Steine mit Kohlestaub-Anhaftungen. Aus der Entfernung sollen diese Merkmale eine lebendige Fassadenoptik ergeben.
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"Klinker haben etwas handwerkliches, robustes, bodenständiges. Das passt nicht nur zum Zeitungswesen, sondern auch zum Unternehmen, der Aachener Verlagsgesellschaft", erklärt Pfeiffer seine Wahl des Rohstoffes. Für ein homogenes Erscheinungsbild fertigte Hagemeister die unterschiedlichen Klinker alle aus einem Brand. An der Fassade kamen Klinker mit klassischer Lochung zum Einsatz, am jeweils oberen und unteren Ende der Fassadenbänder jedoch Vollsteine. Damit soll Feuchtigkeitsproblemen vorgebeugt werden. Hagemeister Ansprechpartner Lorenz Lübbers ergänzt: "Die Entscheidung für Klinker zeigt sich nicht nur in der Ästhetik, sondern auch in der praktischen Langlebigkeit des Materials. Sie sind darauf ausgelegt, den Herausforderungen des Wetters und der Zeit nachhaltig standzuhalten."
Dass es ein heller Farbton werden sollte, stand laut Pfeiffer von Beginn an fest. Ein klassisches Rot entsprach nicht den Vorstellungen des Architektenteams, auch ein dunkler Farbton würde nicht die gewünschte Wirkung erzeugen. Der helle Ton jedoch stehe bewusst in spannendem Kontrast zu den Fensterbändern, die je nach Perspektive und Lichtverhältnissen häufig dunkel wirken. Dieser Gegensatz verstärkt die moderne Ästhetik der Fassade und lässt das Gebäude aus unterschiedlichen Blickwinkeln immer wieder neu erscheinen. Zudem soll der helle Farbton zur Aufhellung des Gesamtbildes beitragen, hebe die strukturellen Details und Feinheiten des Mauerwerks besonders hervor und bringe ein positives Rückstrahlverhalten (Albedo-Effekt) im Sinne des SSP-Nachhaltigkeitslabels GreytoGreen mit sich.
Der Klinker prägt das Erscheinungsbild des Medienhaus auch im Innenraum. Dort setzte Pfeiffer eigenen Angaben zufolge die unverwechselbare Sortierung Weimar HS im Foyer ein, dem ersten Kontaktpunkt für Mitarbeitende und Gäste. Der verklinkerte Empfangstresen transportiere die Fassadengestaltung konsistent ins Innere und verleihe dem Raum mit seinen weitreichenden Betonelementen spürbar Wärme. Angeordnet im stehenden Grenadier-Verband, harmonieren die Steine außerdem mit dem am Boden verlegten Stäbchenparkett.
Mit seiner Gestaltung überzeugte das Architekturbüro SSP schließlich nicht nur den Bauherrn, sondern auch diverse Fachjurys. Seit dem Jahr 2022 gewann der Mediencampus Aachen zahlreiche Auszeichnungen und Architekturpreise – zuletzt 2024 den "German Design Award", "Best Workspaces" sowie den "Architekturpreis NRW".
Es schließe sich mit der Klinker-Gestaltung außerdem ein Kreis, resümiert Pfeiffer: "Vor vielen Jahrzehnten befand sich auf dem Grundstück eine Ziegelei." Für die Produktion sei unter anderem auch der tonige Boden vor Ort genutzt worden – ebenfalls im hellen, cremefarbenen Farbton.