Grenzbahnhof Bayerisch Eisenstein

Europäische Nahtstelle wird zur Museumsherberge

Dämmstoffe
In alter Pracht zeigt sich der Grenzbahnhof Bayerisch Eisenstein nach seiner Generalsanierung. Durch eine Dämmung der Außenwände von innen konnte die denkmalgeschützte Fassade erhalten bleiben. Fotos: Schlagmann Poroton

BAYERISCH EISENSTEIN/ŽELEZNÁ RUDA/ TSCHECHIEN (ABZ). - Der denkmalgeschützte Grenzbahnhof Bayerisch Eisenstein zwischen Deutschland und Tschechien ist gebaute Geschichte und Gegenwart, sichtbar in Architektur und (Um-)Nutzung: Erbaut zunächst als beeindruckendes Zeichen europäischer Völkerverständigung 1877, dann Zeugnis für die europäische Teilung im Kalten Krieg, gegenwärtig ein exemplarischer Ort für Frieden und freundschaftlich gelebte Nachbarschaft mitten in Europa.

Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Gebäudekonzepts ist die beispielhafte Sanierung. Sie bietet höchstmögliche Qualität hinsichtlich Funktion und Wirtschaftlichkeit, Ästhetik, Energieeffizienz und Bauökologie. Der Grenzbahnhof markiert die gemeinsame Grenze zwischen Bayern und Böhmen sowie die Verbindung der zwei Gleisstrecken, die als die kürzeste Bahnverbindung zwischen Prag und München konzipiert wurde – bis der "Eiserne Vorhang" den Grenzbahnhof und ganz Europa teilte. Mitten durch die damalige Empfangshalle verlief eine Mauer. Vier Jahrzehnte lang war der Bahnhof trauriges Exempel für das geteilte Europa. Erst seit 2006 gibt es wieder einen grenzüberschreitenden Zugverkehr bis nach Pilsen und Prag. Heute ist der Bahnhof im Stundentakt an die Achse München – Prag angebunden. Bereits 2000 wurde ein "Bayerisch-Böhmisches Naturpark-Infozentrum Grenzbahnhof", das über den Natur-, aber auch Kulturraum zwischen Donau und Moldau berichtet, eröffnet. Damals war das Gebäude nur gepachtet, eine sinnvolle Sanierung des desolaten Bestandes nicht möglich. Erst nachdem der Naturpark Bayerischer Wald e. V. im Jahr 2006 den deutschen Gebäudeteil als nationales Baudenkmal erwarb, wurden erste Überlegungen zur Sanierung und Umnutzung des Bahnhofsareals über seinen Zweck hinaus gemacht.

Ohne Fördergelder war die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens nicht umsetzbar. Ein durchdachtes, detailliertes Nutzungskonzept musste erarbeitet werden – das war dem Verein unter Geschäftsführer und Bildungsreferenten Hartwig Löfflmann klar. Als das Gesamtkonzept vorlag, konnten regionale und nationale Förderer überzeugt und die Finanzierung gemeinsam geschultert werden. Rund 7 Mio. Euro investierte der Naturpark Bayerischer Wald als neuer Besitzer in den letzten Jahren in den Umbau. Der historische Grenzbahnhof Bayerisch Eisenstein umfasst auf deutscher Seite etwa 2500 m² Nutzfläche. Das Bahnhofsareal, nach Möglichkeit die ganze Bahnhofstraße, soll nach Sanierung und Umbau zu einer richtigen Museumsstraße umgestaltet sein: Auf vier Geschosse verteilt, werden die neuen Räumlichkeiten als Ausstellungs- und Museumsräume genutzt. Im Erdgeschoss ziehen neben dem bereits bestehenden Infozentrum eine interaktive Ausstellung über den Arber und ein Film- und Seminarraum ein. Im ersten Obergeschoss sind Möglichkeiten für Wechselausstellungen mit Depot und Sammlung sowie zusätzliche museumspädagogische Räume gegeben.

Als Hauptattraktion entsteht dort das Skimuseum, das die (über-)regionale Entwicklung des Skilaufs abbilden soll. Im zweiten Obergeschoss befindet sich dann nach dem Einzug alles rund um die Themen "Eisenbahn, Mobilität und Kulturlandschaft". Hier wird im Speziellen auch auf die besondere geschichtliche Lage dieser Immobilie hingewiesen und interessante Einblicke in die Vergangenheit der Region gewährt. Die Modelleisenbahn im Dachgeschoss, die den Landschaftsraum von der Donau zur Moldau grob abbildet, soll den Besuchern einen zusätzlichen Eindruck des Themas ermöglichen. In den wunderschönen Kellergewölben – bisher nur als Lagerräume genutzt – soll das Europäische Fledermauszentrum mit einer interaktiven Ausstellung einziehen. Den historischen Warteraum "Erster Klasse" im Erdgeschoss soll ein Restaurant beherbergen. Neben den Verkehrsflächen gibt es aber auch immer noch einen Warteraum für Bahnreisende.

Das anspruchsvolle Umbau- und Nutzungskonzept wird modellhaft von einem zeitgemäßen Sanierungs- und Energiekonzept begleitet. Zielvorgabe war es, das Gebäude mit regenerativen Energien zu versorgen und die Gebäudesanierung unter neuesten Erkenntnissen der Baubiologie und des Einsatzes ökologischer Baustoffe durchzuführen. So übernimmt nach der Sanierung eine Hackschnitzelanlage mit separatem Heizwerk neben dem Bahnhof die Beheizung der Räumlichkeiten. Der Brennstoff kommt direkt aus der unmittelbaren Umgebung.

Eine Außendämmung kam für die polygonale Granitsteinfassade aus Denkmalschutzgründen nicht infrage. Auch sollte das historische Gebäude seinen ursprünglichen Charakter möglichst weitgehend behalten. Vor allem auch hinsichtlich des Brandschutzes und der Klimaregulierung galt es, das ideale Bauprodukt für eine Innendämmung zu finden. Unzählige Diskussionen über verschiedene Arten der Innendämmung brachten keine Entscheidung, erst bei einem Messebesuch entdeckten die mit den Baumaßnahmen betrauten Architekten Georg Dasch und Gunnar Hoffmann das optimale Material zur thermischen Sanierung: Die keramische Wärmedämmfassade Poroton-WDF von Schlagmann. Dies ist ein kapillaraktiver, diffusionsoffener Dämmstoff, mit dem eine funktionstüchtige Innendämmung der Außenwand möglich ist. Bereits zahlreiche historische Bestandsgebäude wurden nachträglich, ökologisch und vor allem wirtschaftlich mit dem Ziegel gedämmt. Poroton-WDF besteht aus massivem Ziegel mit natürlicher Perlitfüllung und ist sowohl zur Innen- als auch zur Außendämmung einsetzbar. Vor der Sanierung war der Wärmebedarf des Gebäudekomplexes enorm, obwohl nicht alle Räume beheizt wurden – und auch zukünftig einige nur zeitweise genutzt werden. Gerade hier ist eine Innendämmung empfehlenswert: Die perlitgefüllte Wärmedämmfassade ermöglicht nämlich bei Räumen, die nur zeitweise genutzt werden, ein schnelleres Aufheizen.

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Dämmstoffe
Das erste OG nach Anbringung der Innendämmung: Sie wurde im Abstand von einigen Zentimetern vor der Bestandswand aufgemauert, der Zwischenraum wurde mit Trasskalkmörtel aufgefüllt.

Aufgrund des äußerst niedrigen Wärmeleitwerts des Dämmbaustoffes ließen sich die Bestandswände energetisch auf Neubauniveau anheben. Teilweise ergab sich daraus sogar eine Verbesserung der Wärmedämmeigenschaften um das Fünffache, was die Energiekosten in Zukunft deutlich senken wird. Auch aus Sicht des Brandschutzes verhalten sich die Materialien Ziegel und Perlit ebenso optimal. Vor allem die Sanierung der feuchten Kellerräume war im Hinblick auf die Energiebilanz wichtig; zudem eine schwierige Angelegenheit. Hier ermöglichen die diffusionsoffenen Eigenschaften der kapillaraktiven Innendämmung durch den Erhalt des Trocknungspotentials eine längerfristige Trocknung bereits vorgeschädigter Bauteile. Die hygroskopische Speicherfähigkeit einer diffusionsoffenen, kapillaraktiven Innendämmung – wie die der WDF – puffert Feuchtespitzen der Innenraumluft und trägt zur Regulierung des Innenklimas bei. Die Kapillaraktivität sorgt für eine schnelle und großflächige Verteilung der Feuchte in der Dämmung während der Winterperiode. Dadurch wird die Trocknung beschleunigt und die Dämmwirkung verbessert. Insgesamt verhindert die hohe Kapillaraktivität die Ansammlung von Feuchtigkeit in der Konstruktion. Kondenswasser wird vom Baustoff aufgenommen und an die Oberfläche transportiert. Von dort wird es an die Raumluft abgegeben. Im Abstand von einigen Zentimetern wurde die Wärmedämmfassade im Dünnbettmörtelverfahren in einer Stärke von 120 mm vor der Bestandswand aufgemauert, der verbleibende Zwischenraum wurde mit Trasskalkmörtel aufgefüllt. Als Endbeschichtung wurde ein Trasskalkputz in einer Stärke von 15 mm angebracht. Denkmalschutz ist kein Hindernis bei der Umrüstung von Altbauten auf Effizienzhausstandard, wie die erfolgreich abgeschlossene Sanierung des historischen Grenzbahnhofes Bayerisch Eisenstein zeigt. Dank der Kombination aus Ziegel und Perlit verfügt die Poroton-WDF über eine hohe Dämmleistung, somit konnten die Wände auf Neubauniveau angehoben werden. Die Besonderheit des Systems liegt in der äußerst stabilen und beschädigungsresistenten Ziegelschale, die sich durch eine hohe Lebensdauer und geringe Instandhaltungskosten auszeichnet. Nach strengen Richtlinien auf gesundheitliche Auswirkungen geprüft (eco-Institut, Köln, und Institut für Baubiologie, Rosenheim), ist der Naturbaustoff zudem wohngesund.

Umfangreiche Entkernungs- und Entrümpelungsarbeiten, die Entfernung nicht historischer Elemente sowie die Außen- und Innensanierung sind mittlerweile abgeschlossen. Die Einrichtung der fertig gestellten Räumlichkeiten ist bis Ende dieses Jahres geplant. Der "neue" Grenzbahnhof soll voraussichtlich im Frühjahr 2014 seine Tore für Besucher öffnen.

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