Gütesicherung Kanalbau

Zwischen technischen Erfordernissen und wirtschaftlichen Chancen

Gütebestimmungen und Gütezeichen
Unterwegs in Sachen Qualität: Die vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft Kanalbau beauftragten Prüfingenieure führen derzeit etwa 4000 Baustellenbesuche pro Jahr durch. Foto: Güteschutz Kanalbau

BAD HONNEF (ABZ). - Zu den kommunalen Herausforderungen der nächstenJahrzehnte gehört ganz sicher die Instandhaltung der unterirdischen Infrastruktur: Rohrleitungen für die Fernwärme, die Gasversorgung, die Trink- und Löschwasserbereitstellungsowie für den Regen- und Schmutzwassertransport.

Jährlich produzieren private Haushalte, Gewerbebetriebe und die Industrie viele Millionen Kubikmeter Abwasser, die geordnet abgeführt und behandelt werden müssen. Auch das anfallende Regenwasser wird in der Regel über die Kanalisation abgeleitet. Das öffentliche Kanalnetz umfasst 561 581 km (Stand: 2010) und stellt mit den zugehörigen Kläranlagen, Abwasserpumpwerken und anderen abwassertechnischen Anlagen ein enormes Anlagevermögen dar, heißt es in einer Mitteilung der RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau. Laut einer Untersuchung der TU Dresden (2002) übertreffen die Wiederbeschaffungskosten der Einrichtungen der Abwasserentsorgung (576 Mrd. Euro) den Wiederbeschaffungswert aller Verkehrsanlagen (489 Mrd. Euro) um fast 90 Mrd. Euro. Das alleine macht den hohen Stellenwert deutlich, heißt es weiter, den die Instandhaltung dieser Vermögenswerte einnehmen müsste.

Erkenntnisse des Statistischen Bundesamtes zeigen folgende Altersstruktur des Kanalnetzes in Deutschland 2010: 14 % des Kanalnetzes waren nicht älter als zehn Jahre, 19 % zwischen zehn und 20 Jahre alt.11 % waren zwischen 20 und 30 Jahre alt, 13 % 30 bis 40 Jahre alt. Zwischen 40 und 50 Jahre alt waren 12 %, weitere 13 % waren älter als 50 Jahre. 18 % des Kanalnetzes konnten altersmäßig nicht bestimmt werden.

Laut der DWA-Umfrage aus dem Jahr 2009 zum Zustand der Kanalisation in Deutschland sind rund 20 % des Netzes schadhaft und müssen kurz- bis mittelfristig saniert werden. Diese Zahl macht klar, dass künftige Anstrengungen und Aufwendungen der Netzbetreiber vorausschauend geplant sein müssen, um den bestehenden Sanierungsbedarf signifikant abbauen zu können und somit einen Beitrag zum Erhalt der baulichen Substanz zu leisten. Laut Statistischem Bundesamt kümmern sich darum 6618 Betreiber unterschiedlicher Größe (Stand: 2010), angefangen bei kleinen Gemeinden und Kommunen bis hin zu Abwasserzweckverbänden und großen Stadtwerken. Können diese der gewaltigen Aufgabe unter den gegebenen Umständen überhaupt gerecht werden?

Insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten wurden einerseits der Zustand der Infrastruktur umfassend dokumentiert und bewertet und andererseits technische Lösungen entwickelt und verfeinert, um erkannte Schäden zu beheben. Heute existieren für die allermeisten Problemstellungen passende Verfahren und Materialien. Anders gesagt: Es ist grundsätzlich klar, was getan werden müsste und welche Möglichkeiten im konkreten Einzelfall zur Verfügung stehen, um unsere Netze fitzumachen. Gerade weil die finanziellen Mittel begrenzt sind, so die Gütegemeinschaft, muss jetzt ein nächster Entwicklungsschritt folgen, der sich aus der Zustandserfassung sowie der Entwicklung von Sanierungstechniken und -materialien logisch ableitet: eine langfristig ausgerichtete Netzbewirtschaftung, die zwischen technischen Erfordernissen einerseits und wirtschaftlichen Möglichkeiten andererseits abwägt.

Dass Investitionen in die Kanalinfrastruktur erforderlich sind, ist unstrittig. Doch welcher Mitteleinsatz ist darstellbar und mit Blick auf die Gebühren vermittelbar – und wie lassen sich die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effizient einsetzen? "Mangelhafte Investition in die Leitungssysteme ist fachlich abwegig, politisch verantwortungslos und eine arglistige Form der Kreditaufnahme zu Lasten unserer Kinder", so Prof. Joachim Lenz, Gründer und langjähriger Geschäftsführer des Instituts für Rohrleitungsbau Oldenburg (IRO)

Anlagen der Abwasserentsorgung stellen langlebige Wirtschaftsgüter dar, deren Anschaffungs- und Herstellungskosten über die gesamte Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Lange Zeit war das Bewusstsein für den Wert dieses Teils der Infrastruktur nicht sonderlich ausgeprägt, doch hier ist zum Glück ein Wandel zu verzeichnen, heißt es weiter. Der Themenkomplex "Wertermittlung und Werterhalt von Entwässerungssystemen" gewinnt zunehmend an Bedeutung. In der zugehörigen Diskussion um die erforderliche Höhe der einzusetzenden Mittel und die Bedeutung des Investitionszeitpunktes wird allerdings auch deutlich, dass es oft genug noch an Erfahrung und geeigneten Werkzeugen fehlt, um langfristige Szenarien und Visionen für die Bewirtschaftung der Netze zu erarbeiten und abzustimmen. Allzu häufig empfinden Techniker und Kaufleute die Ziele ihrer jeweiligen Arbeit noch als diametral entgegengesetzt, zumindest aber als schwer vereinbar. Doch lassen sich technisches Sachverständnis und wirtschaftliche Belange überhaupt voneinander trennen? Erfordert die Frage nach dem erforderlichen Aufwand für die langfristige Bewahrung der Netzstruktur nicht gerade gemeinsames Handeln? Und vor allem: Auf welcher Grundlage und mit welchen Werkzeugen wäre eine solche Abstimmung möglich und erfolgversprechend?

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Gütebestimmungen und Gütezeichen
Kanalisation in Deutschland nach Baujahr (Stand 2010). Quelle: Umwelt, Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 2013

Mit Blick auf die nachfolgenden Generationen arbeiten Politik, Wirtschaft, Institutionen und Fachverbände an Konzepten für einen effizienten und nachhaltigen Umgang mit Energie und Rohstoffen ebenso, wie mit vorhandenem Anlagevermögen wie etwa den infrastrukturellen Einrichtungen. Große deutsche Kommunen ziehen nach. Sie verstehen sich als Teil der Gesellschaft und sehen sich in der Verantwortung für ihre Beschäftigten und die Umwelt. Konsequent beschreiten sie den Weg zu einer zukunftsorientierten Nachhaltigkeitsstrategie, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Gesichtspunkte umfasst, und welche Techniker und Kaufleute im Schulterschluss entwickeln. Konkrete Umsetzungsbeispiele in Bezug auf die Bewirtschaftung von Abwassernetzen – vorgestellt von den Beteiligten – und verfügbare Werkzeuge werden bspw. beim Fachkongress "Kanalgipfel" vorgestellt (www.kanalgipfel.de). Bei der diesjährigen Veranstaltung am 30. September und 1. Oktober auf Schloss Berge in Gelsenkirchen werden Strategien für die detaillierte und konsistente Wertermittlung von Entwässerungssystemen sowie deren Werterhalt im Fokus stehen.

Für eine nachhaltige Gestaltung der Abwasserentsorgungssysteme ist komplexes Fachwissen erforderlich, das sowohl wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt als auch materialtechnische oder auch bautechnische Aspekte. Bereits die Planung ist entscheidend dafür verantwortlich, dass eine Maßnahme bei möglichst geringem Mitteleinsatz den optimalen Nutzen bringt. Darüber hinaus führen Investitionen nur dann zu den gewünschten Resultaten, wenn bei der Umsetzung die notwendige Quali-tät erreicht wird. Denn schließlich ist der größte Prozentsatz der in der DWA-Umfrage zum Zustand der Kanalisation ermittelten Schadensquote auf Ausführungsfehler zurückzuführen. Voraussetzung für eine hohe Ausführungsqualität ist die Vergabe von Aufträgen zur Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen an fachlich geeignete Unternehmen. Hier bietet sich den Auftraggebern mit der Gütesicherung Kanalbau RAL-GZ 961 eine unabhängige Eignungsprüfung von Bietern. Diese weisen mit Erfüllung der Anforderungen der Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 ihre fachtechnische Qualifikation (Fachkunde, technische Leistungsfähigkeit und vertragliche Zuverlässigkeit) im Sinne § 6 (3) der VOB/A nach. Durch die Vergabe von Aufträgen ausschließlich an geeignete Firmen werden Kommunen bzw. Abwasserbeseitigungsunternehmen ihrer haushaltsrechtlichen Verantwortung gerecht, entsprechend dem Slogan: Qualität fordern – Werte schaffen.

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