Herz-Jesu-Kirche in Münster

100 Meter hoher Turm eingerüstet

Münster (ABZ). - Die Herz-Jesu-Kirche fällt schon von Weitem ins Auge, denn der mit 96,5 Metern höchste Kirchturm Münsters der im neogotischen Stil erbauten Kirche ist derzeit bis zur Spitze eingerüstet.
Teupe Gerüstbau
Aufgrund der beengten Baustelleneinrichtung musste das benötigte Material "just in time" angeliefert und verarbeitet werden. Foto: Teupe

Bei einem Sturm im März 2020 hatten sich Teile der Dachabdeckung gelöst. Nachdem das Dach zunächst provisorisch mit Dachlatten gesichert wurde, wird der wegen seiner Höhe auch "Fingerzeig Gottes" genannte Kirchturm jetzt umfassend instandgesetzt und das Turmdach erhält eine neue Kupferabdeckung. Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH wurde von der Katholischen Kirchengemeinde St. Mauritz, Münster mit der Ausführung sämtlicher Gerüstbauarbeiten für die Instandsetzung des Kirchturms beauftragt. Der Auftrag umfasst alle Leistungen einschließlich der Planung, Konstruktion, Montage und Demontage der Gerüstkonstruktionen inklusive der kompletten technischen Bearbeitung sowie die Erstellung der statischen Berechnungen und Ausführungszeichnungen im technischen Büro Teupe.

Da von dem Bauwerk nur wenige ungenaue Zeichnungen existierten, erfasste das Technische Büro Teupe die Abmessungen des Turms zunächst mit einer speziellen Drohne. Da diese Drohne eine maximale Flughöhe von 100 m hat, musste die komplexe Dimension des Turmhelms und der jeweiligen Querscheiben zur Lasteinleitung von innen vermessen werden. Anschließend wurden die Daten im Technischen Büro Teupe mit einem speziellen Computerprogramm in eine Bauwerkszeichnung übertragen und mit Hilfe dieser Technologie eine maßstäbliche Vermessung des Bauwerks realisiert.

Die Bauwerksproportion des Kirchturms beziehungsweise die Verteilung von Turmschaft und Turmhelm stellt eine Besonderheit dar: Der Turmschaft hat einen quadratischen Grundriss von etwa 12 m x 12 m und ist 46,5 m hoch. Der darauf aufgesetzte Turmhelm weist mit einer Höhe von 50 m eine sehr schlanke Struktur auf. Die Deckung des Turmhelms besteht aus 1000 m² Kupferblech. Daher ist eine Verankerung der Gerüstkonstruktion am Turmhelm nur mittels Druckanker möglich.

Im ersten Schritt wurde der Turmschaft eingerüstet. Die Gerüstgründung erfolgte an drei Seiten des Schaftes, in den die Seitenschiffe der Kirche mit jeweils etwa 1,2 m hineinragen. Auf der Südseite des Turms errichtete Teupe einen Fußgängertunnel, der in das Gerüst eingebunden werden musste, um den Seiteneingang barrierefrei zugänglich zu machen. Aufgrund der beengten Baustelleneinrichtung musste das benötigte Material hierfür "just in time" angeliefert und verarbeitet werden. Die Überbrückung der Seitenschiffe erfolgte mittels Gitterträgerauslegern, da die Last aus der späteren Überbrückung des Hauptschiffes anderweitig abgetragen wurde. Hierfür wurden sechs in der Teupe-Stahlbauwerkstatt gefertigte Konsolen als Stahl-Sonderkonstruktion verwendet. Die Stahlbaukonsolen haben zum direkten Eintrag der vertikalen Lasten einen Einschubdorn mit einem Durchmesser von 180 mm und einer Länge von 300 mm. Für die Montage der Konsolen waren Kernbohrungen erforderlich, die mit einem speziellen Kernbohrer von den Teupe-Monteuren vor Ort ausgeführt wurden. Die entnommenen Kerne werden beim Rückbau der Gerüstkonstruktion später wieder eingesetzt.

Auf die Konsolen konnte nun mit einem System-Fachwerkträger gegründet und die Überbrückung des Hauptschiffes ausgeführt werden. Aufgrund der hohen Stiellasten in diesem Bereich mussten die Knicklängen der Gerüststiele auf einen Meter verkürzt werden. Die Montage des Gerüstes am Turmschaft erfolgte nun bis zum Übergang auf den Turmhelm. Da es sich bei dem Turmhelm um einen achteckigen Grundriss handelt, musste die Gerüstkonstruktion von quadratisch auf achteckig gewechselt werden. Hierfür kamen Stahlgitterträger zum Einsatz, welche in zwei Gerüstebenen montiert wurden.

Nach der Fertigstellung des Turmschaftgerüstes kam die Drohne ein zweites Mal zum Einsatz, um den Turmhelm im Ganzen zu erfassen und die in der Planung enthaltenen Massen zu überprüfen. Aufgrund der detaillierten Vorarbeit war jedoch keine Anpassung der Planung mehr notwendig. In einer Höhe von etwa 60 m verschlankt sich das Gerüst nochmals. Die statischen Berechnungen ergaben eine hohe Beanspruchung der Gerüststiele in diesem Bereich, was eine Verkürzung der Knicklängen auf einen Meter über vier Gerüstlagen erforderte. Teupe baute in allen Feldern sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Ausrichtung Diagonalen ein, um ein Verdrehen der nun sehr schlanken Gerüstkonstruktion zu verhindern. Zusätzlich wurden auch Lehrgerüste zur Aussteifung bis zur Spitze des Turmhelmes geführt.

Für den Personen- und Materialtransport beziehungsweise der Kupferbleche setzt Teupe einen Zweimastaufzug mit 1500 kg Traglast ein. Durch die beiden Masten kann der Aufzug bis in 80 m Höhe geführt werden.

Die Aufzugsmontage stellte aufgrund der enormen Höhe eine große Herausforderung dar. Für den Anschluss des Aufzugs an das Gerüst und die erforderlichen Übergänge je Gerüstlage wurde ein vorgesetzter Aufzugsturm geplant und statisch nachgewiesen, der bis zu 3,5 m vom Turmhelmgerüst entfernt steht und daher in allen Anschlussebenen des Aufzugs massiv mit weitreichenden horizontalen Aussteifungen versehen werden musste. Teupe realisierte die Aussteifung dieses Gerüstturms als Raumtragwerk durch horizontale Abspannungen mit einer aufwendigen Stahlrohrgerüstkonstruktion.

Eine weitere Herausforderung waren die schwierigen Witterungsverhältnisse während der Montage, insbesondere der Wind. In Abstimmung und im engen Kontakt mit der Bauwerksprüfung sorgte Teupe für eine fachgerechte und jederzeit sichere Ausführung aller Gerüstbau- und Montagearbeiten.

Der Baustart der Maßnahme erfolgte im Januar 2021. Die Instandsetzungsarbeiten werden voraussichtlich im Spätherbst des Jahres 2021 abgeschlossen.

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