Hohe Schlagenergie in den Untergrund

Flächendeckende Kontrolle auf der größten Erdbaustelle Europas eingesetzt

Caterpillar Straßenbautechnik
Insgesamt hat Daimler mehr als 200 Mio. Euro in das Prüfgelände investiert, das rd. 130 km südlich von Stuttgart liegt. Im ersten Schritt entstehen hier rd. 300 Arbeitsplätze, vornehmlich in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Transport und Logistik, Werkstatt und Infrastruktur. Foto: Daimler

Althengstett (ABZ). – Lange konnte die Verdichtungsqualität von Asphalt nur stichprobenartig durch Bohrkernentnahmen überprüft werden. Dabei waren Schwankungen hinsichtlich der Gleichmäßigkeit nicht ausreichend zu erkennen. Inzwischen sind Systeme auf dem Markt, die den Einbau- und Verdichtungsprozess besser miteinander vernetzen, die Digitalisierung im Straßenbau vorantreiben und eine homogene Verdichtung erzielen – die Rede ist von der flächendeckenden Verdichtungskontrolle (FDVK). Auf sie setzt inzwischen das Unternehmen Otto Morof Tief- und Straßenbau aus Althengstett. Erdbewegungen und Asphaltarbeiten für das neue Daimler Prüf- und Technologiezentrum in Immendingen inklusive des Baus einer Teststrecke waren der Antrieb, erstmals eine Cat Walze mit Glattmantelbandage vom Typ CS 76B in Betrieb zu nehmen und FDVK zu nutzen. Um künftig Assistenzsysteme und autonome Fahrfunktionen in den Einsatz zu bringen, investiert der Automobil- und Nutzfahrzeughersteller rd. 200 Mio. Euro. Auf einer Fläche von 520 ha soll nordwestlich des Bodensees der neue Daimler Standort entstehen und bis Jahresende in Betrieb gehen. Dort sollen dann statt auf öffentlichen Straßen Testfahrten erfolgen und Hybride und Elektrofahrzeuge mit Batterie oder Brennstoffzelle weiterentwickelt sowie Verbrennungsmotoren verbessert werden.

Über eine Bauzeit von rund drei Jahren sind insgesamt 3,4 Mio. m³ Boden bewegt worden – alleine das Volumen unterstreicht die Dimension des Vorhabens, das sich mit dem Superlativ "größte Erdbaustelle Europas" schmücken durfte. Die Erdmassen wurden nicht abgefahren, sondern dienten zur Modellierung von 56 Straßenkilometern. Darüber hinaus wurden 12 km Schotterwege und rd. 30 ha Asphaltfläche angelegt. Das Testgelände wurde zu einem beachtlichen Straßenbauprojekt, an dem das Otto Morof Tief- und Straßenbauunternehmen zusammen als Arge mit der Firma Stumpp mitwirkte. Ihr Erdbauvolumen betrug, 1,1 Mio. m³. Sie mussten für Bodenverbesserungen sorgen – "von der Bodenklasse zwei bis sieben war alles vor Ort anzutreffen", so der technische Leiter, Martin Isola. Eine weitere Aufgabe: 350.000 t Frostschutzmaterial einzubringen. Auch da half die neue Walze mit. Eine FDVK war Teil der Ausschreibung gewesen, um die geforderten Qualitäten und den Verdichtungsgrad nachzuweisen und in Form einer grafischen Auswertung die FDVK zu dokumentieren.

"Die Schlagleistung ist gut und das Gerät mit 18 t hat sich so bewährt, dass wir gleich ein zweites mit 13 t nachgeordert haben bei Wilfried Gries von Zeppelin in Böblingen. Denn im Gegensatz zu früher, als die geforderten Verdichtungswerte klassisch mit Plattendruckversuch überprüft worden sind, was zeitintensiv und nur punktuell war, haben wir nun dank FDVK die volle Kontrolle auf die gesamte Fläche", meint Martin Isola. Insbesondere seien die Anforderungen an eine Teststrecke um ein Vielfaches höher einzustufen als im konventionellen Straßen- und Wegebau.

"Toleriert werden nur minimale Abweichungen. Wenn die Verdichtung der Tragschichten im Erdbau schon stark schwankt, zieht sich das dann weiter durch auf die abschließende Binder- und Deckschicht", erklärt der technische Leiter. Der Asphalt für das Testgelände stammt auch vom eigenen Asphaltmischwerk, das Material für 150.000 m² Schwarzdecke lieferte.

Auf der Teststrecke erstmals FDVK einzusetzen, war für den Straßen- und Tiefbauer Otto Morof zwar Neuland, "aber als Unternehmen muss man immer wieder Neues anpacken, um sich weiterzuentwickeln", ist Martin Isola überzeugt. So spielt im mittelständischen Betrieb mit 210 Mitarbeitern die vernetzte Baustelle eine immer größere Rolle – Baumaschinen wie Kettenbagger und Raupen samt Anbaugeräte kommunizieren untereinander, nutzen die gleichen Geländedatenmodelle und greifen alle auf Steuerungssysteme von Trimble zurück. Daher lag es nahe, die Walze von Cat einzusetzen, die Verdichtungsmesstechnik ebenfalls von Trimble nutzt und den Fahrer unterstützt, kontraproduktive Verdichtungsfahrten zu vermeiden. Sensoren sind an der Bandage und GPS-Empfänger auf der Kabine installiert, welche die Verdichtungswerte sowie die Position der Walze aufzeichnen und in die Kabine übertragen. Um dem Fahrer die Arbeit zu erleichtern, werden die Fahrwege der Walze samt den bereits verdichteten Abschnitten sowie den noch nicht bearbeiteten Flächen farbig auf dem Monitor in der Kabine angezeigt. So kann er erkennen, wie viele Übergänge und welchen Verdichtungswert die Baumaschine erreicht hat. Die ermittelten Daten werden dokumentiert und können per Übertragung am PC jederzeit abgerufen werden. Sie stehen somit nicht nur dem Fahrer, sondern auch der Bauleitung und gegebenenfalls auch dem Auftraggeber wie Daimler als anerkannter Verdichtungsnachweis zur Verfügung.

"Ich bin mir aber sicher, routinierte Walzenfahrer haben es im Gefühl, wenn sie eine flächendeckend gleichmäßige Verdichtung erzielt haben. Denn das macht sich in der Vibration und Schlagenergie bemerkbar, ob eine Fläche zu stark oder noch nicht ausreichend verdichtet wurde", ist der technische Leiter überzeugt. Bevor die Walze losfahren kann, muss sie kalibriert werden. Das übernimmt im Unternehmen der Geologe Norbert Seitz, denn es muss sichergestellt werden, dass die Baumaschine die geforderte Mindesttragfähigkeit erzielt. Dazu werden mehrfach Plattendruckversuche gemacht. In Immendingen war ein Kalibrierwert von EV2 von 70 gefordert. "Das Kalibieren ist eine komplexe Thematik, da die Bodenverhältnisse stark variieren. Sobald sich der Boden ändert, muss neu kalibriert werden", meint der Geologe.

Mit dem Einsatz von Steuerungstechnik auf den Baumaschinen alleine ist es aber nicht getan – "wir mussten in kurzer Zeit ein Back-Office aufbauen und Rechnerkapazitäten erweitern, da Unmengen an Daten verarbeitet werden müssen", so Isola. Schließlich sind über tausend Geräte zu erfassen. Die Firma von Otto Morof hat sich entschieden, alle Kapazitäten mit eigenen Mitarbeitern aufzubauen und greift nur auf externe Ingenieurbüros zurück, um Spitzen bei Engpässen abzudecken. "Die Baubranche hat ein großes Problem: Alle Firmen suchen Vermessungsingenieure. Wir brauchen aber auch Fahrer, welche die modernen Maschinen bedienen können. Man muss schließlich verstehen, wie Steuerungssysteme funktionieren", so der Leiter Technik.

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