Hohes ökologisches Potential

Holzbetonverbundbrücken setzen neue Akzente

Betonfertigteile
Mit der noch jungen Kombination beider Materialien lassen sich neue Akzente im Brückenbau setzen, wie hier bei einer Brücke in Schwäbisch-Gmünd. Foto: Miebach

LOHMAR (ABZ). - Hybride sind Techniken, bei denen die Vorzüge zweier Technologien oder Materialien optimal miteinander kombiniert werden. Holzbetonverbundbrücken sind solche Hybride. Sie kombinieren die Vorzüge des Holzbaus mit den Vorteilen des Verbundbaus. "Durch den Naturwerkstoff Holz fügen sich Brücken sehr harmonisch in Landschaften ein. Die Kombination mit Beton verleiht ihnen jedoch zudem eine besonders große Belastbarkeit und Langlebigkeit", erklärt Frank Miebach, Inhaber des auf Holz und Holzbrückenbau spezialisierten Ingenieurbüros Miebach in Lohmar.

Die bewehrte Betonplatte wird in der Regel in der Druckzone angeordnet und dient als Fahrbahn. Das Holz wird dagegen etwa als Hauptträger in der Zugzone eingesetzt. Dadurch wird vom Holz ein beachtlicher Teil der auftretenden Zugspannungen abgetragen, womit Bewehrungszulagen in der Betonplatte reduziert werden können.

"Diese Mischung hat das Potenzial, den Brückenbau in Deutschland nachhaltig zu verändern", glaubt Miebach.

Eine Renaissance des Holzbrückenbaus ist in Deutschland aufgrund des gesteigerten Umweltbewusstseins bereits seit einiger Zeit zu beobachten. Der Einsatz des Naturmaterials ist ein großer Schritt auf dem Weg zum ökologisch nachhaltigen Brückenbau. Die Verbindung mit Beton macht Holzbrücken darüber hinaus jedoch selbst im Schwerlastverkehr zu einer echten Alternative von herkömmlichen Massivbrücken. "Mit dem Lösungsansatz Holz-Beton-Verbund kann die ganze Bandbreite an Brückenbauwerken abgedeckt werden. Von Fußgängerbrücken über Radwegbrücken bis hin zu Wildbrücken und Schwerlastbrücken", bestätigt Dr. Leander Bathon, Professor für Holzbau und Baukonstruktion an der Hochschule Rhein/Main. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte zudem gezeigt werden, dass bei guter Planung mit ausreichendem Holz und Korrosionsschutz keine signifikanten Unterschiede zwischen Brücken aus Holz, Stahl oder Stahlbeton bestehen – sowohl, was die Lebensdauer als auch die Wirtschaftlichkeit angeht.

Planern und Bauherren bringt die Holzbetonverbundbauweise gleich mehrere Vorteile. So sind Verbundbrücken im Vergleich zu reinen Betonbrücken deutlich leichter und damit effizienter in ihrer Gesamttragfähigkeit. Zudem bietet die Betonplatte dem darunter liegenden Holz einen idealen konstruktiven Schutz, wodurch sich die Lebensdauer solcher Brückenbauwerke verdoppelt bis verdreifacht. Nach den aktuellen Planungsrichtlinien des Bundesministeriums für Verkehr besitzen Geh-, Radweg- und Straßenverkehrsbrücken mit einem geschützten hölzernen Haupttragwerk eine theoretische Nutzungsdauer von 60 Jahren sowie einen Prozentsatz der jährlichen Unterhaltungskosten von 2 %. "Diese Einordnungen sind bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass 1980 für Konstruktionen aus Holz Nutzungsdauern von nur 25 Jahren sowie Unterhaltungskosten von 5 % angesetzt wurden", kommentiert Bathon.

Gute Marktchancen bestätigen darüber hinaus verschiedene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Aufgrund der extremen Preissteigerungen auf dem Stahlmarkt ist die Substitution von Stahl und Beton durch Holz ein wesentlicher ökonomischer Vorteil. Und als nachwachsender Rohstoff erfüllt Holz von vornherein alle Ansprüche an nachhaltiges Bauen.

Weil Holzbetonverbundbrücken schließlich zu einem großen Teil vorgefertigt werden können, müssen die Bauherren vergleichsweise kurze Montagezeiten von maximal vier bis sechs Wochen einkalkulieren. In der Regel lassen sich nicht nur die Einzelträger in Werkshallen bauen, sondern auch die Vormontage der Schalung einschließlich der Geländerhüllrohre für die spätere Ortbetonarbeit können die Brückenbauer im Voraus erledigen. Lediglich die Vorfertigung der Betonplatte scheidet bisher aus Gewichtsgründen aus.

In der Schweiz, in Skandinavien und in den Niederlanden hat die Holzverbundbauweise bereits eine längere Tradition. Hier gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Holzbetonverbundbrücken sogar mit Längen von über 40 m auch als Autobahn- und Schwerlastverkehrbrücken eingesetzt werden. Konkrete Beispiele sind etwa die 1998 gebaute Straßenbrücke "Pùnt la Resgia" im Schweizerischen Innerferrera (Spannweite: 45,70 m (Bogen) 60,50 m (Belag)), die "Ronatobelbrücke" in Furna Tobel (Baujahr 1991, Spannweite 50 m) oder die "Brücke J Blauwestad" im niederländischen Winschoten (Baujahr 2012, Spannweite 40 m).

In Deutschland entstand das erste Pilotprojekt 2008 mit der Birkbergbrücke Wippra im Harz. Inzwischen wurden bundesweit bereits zehn weitere Projekte umgesetzt. An den meisten dieser Projekte war das Ingenieurbüro Miebach in der Ausführung planend oder baubegleitend mit beteiligt. Dazu zählen eine Stadionbrücke in Ruhpolding, zwei Brücken, die im Rahmen der Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd entstanden sind, und zwei Brücken in Seesen (Harz).

Noch im Bau sind zudem drei Holzbetonverbundbauwerke direkt vor der Haustür des Ingenieurbüros in Lohmar. Sowohl bei den Brücken "Lohmar Höngesberg" als auch bei der Brücke "Lohmar Schiffahrt" hat Frank Miebach mit seinem Team die Planung und die Bauüberwachung übernommen.

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