Industrieverband Steine und Erden hat Bundestagsmitglied Thorsten Frei zu Gast
Politiker wettert gegen Risikoscheu
Der frühere Oberbürgermeister von Donaueschingen fühlte der Leistungsgesellschaft deutlich den Puls, zum Beispiel, warum das Land mittlerweile seit zwei Jahren mit einem negativen Wachstum in der Rezession stecke und in EU, OECD oder G7 überall das Schlusslicht bilde: Sei die Republik 1990 noch mit 5000 Bauvorschriften klargekommen, habe sich deren Zahl mittlerweile auf 20.000 vervierfacht. Dabei habe es schon damals Vorgaben gegen Flächenversiegelung und für Landschaftsschutz gegeben.
Gepaart sei diese "Regelungswut" mit Unternehmenssteuern von im Schnitt 30 Prozent, die damit im internationalen Vergleich fast ein Drittel höher lägen. Hinzu komme eine Jahresarbeitszeit von im Schnitt nur noch 1345 Stunden – beispielsweise 200 Stunden weniger als in der benachbarten Schweiz – "weil nur noch Vier-Tage-Woche, Live-Balance und Anspruch auf Homeoffice diskutiert" würden.
Frei, der seit 2013 dem Bundestag angehört, stellte in Aussicht, dass eine CDU-geführte Bundesregierung Überstunden nicht mehr besteuern würde, um Leistungsanreize zu schaffen. Um von den bundesdeutschen Energiekosten herunterzukommen, die beispielsweise zehnmal so teuer seien wie in Texas, werde seine Partei die Stromsteuer und die Netzentgelte abschaffen, was zusammen fünf Cent je Kilowattstunde (kWh) ausmache.
Auch werde die CDU das Verbandsklagerecht prüfen, um Genehmigungsverfahren zu erleichtern. Frei: "Es kann nicht sein, dass jeder Verein gegen alles klagt und damit Maßnahmen über Jahre verhindert und um ein Vielfaches verteuert." Die Deindustrialisierung Deutschlands laufe seit Jahren, weil täglich Investitionsentscheidungen gegen die noch drittgrößte Volkswirtschaft der Welt fielen. In der Vergangenheit habe man das nicht bemerkt, weil die Arbeitslosigkeit demographiebedingt nicht stieg und die öffentliche Verwaltung immer mehr Jobs geschaffen habe. Doch 300.000 Industriearbeitsplätze seien bereits ins Ausland verlagert und nun werde die Arbeitslosigkeit spürbar.
Die Abscheidung und Speicherung von CO2 aus der Zementgewinnung unter der Erde (CCS = Carbon Capture and Storage) sei ein gutes Beispiel dafür, wie die rot-grünen Koalitionspartner den technologischen Wandel in Deutschland verschlafen hätten. Das geplante Kohlendioxidspeicherungs- und Transportgesetz (KSpTG), das in diesem Frühjahr im Bundestag hätte verabschiedet werden sollen, um die Zementproduktion über 2040 hinaus in Deutschland klimaneutral zu sichern, sei an Abgeordneten der SPD und der Grünen gescheitert, weil diese ideologisch getrieben, primär die C02-Vermeidung forcierten statt der Bauindustrie am Standort die Zukunft zu sichern.
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