Inklusive umfassender Schadstoffsanierung

Altes Rathaus in Ratingen teilweise abgebrochen

Abbrucharbeiten
Abbrucharbeiten

RATINGEN (ABZ). - Die Firma Prangenberg und Zaum GmbH wurde beauftragt, das alte Rathaus der Stadt Ratingen teilweise abzubrechen. Ein Unterfangen das wie sich herausstellte, einige Herausforderungen für die Abbruchspezialisten aus Viersen bereit hielt.

Zum einen galt es den Ostflügel des Gebäudes zu erhalten, da dieser später Teil des Neubaus sein soll. Auch das gesamte Kellergeschoss unter dem Hauptgebäude sollte intakt bleiben. Zum anderen wurden die Arbeiten durch statische Besonderheiten am Gebäude im Bereich des Atriums erschwert. Darüber hinaus musste eine umfangreiche Schadstoffsanierung mit den Gefahrstoffen Asbest, PCB, Künstliche Mineralfasern (K2) durchgeführt werden. Die Gesamtkubatur des Abbruches betrug ca. 26 500 m³.

Das Baugrundstück des zukünftigen neuen Rathauses liegt in der Innenstadt von Ratingen und wird von Denkmalgeschützten Gebäuden (Kloster und Stadtmauer) an zwei Seiten eingrenzt. In der direkten Nachbarschaft befinden sich Wohnhäuser, Ladenlokale und Gastronomie-Betriebe sowie eine Fußgängerzone.

Um die Maßnahme durchführen zu können, wurden mit den zuständigen Behörden und Bezirksvertretern der Stadt Ratingen im Vorfeld intensive Gespräche zur Verkehrsführung geführt und entsprechende Anträge zur Sondernutzung der öffentlichen Verkehrsflächen gestellt. Gemeinsam wurde ein Verkehrskonzept zur Schonung der Anlieger vereinbart und während der Baumaßnahmen immer wieder, den sich ergebenden Erfordernissen angepasst, u. a. wird hier Ampelanlage aufgestellt. Die Andienung der Baustelle erfolgte über die Minoritenstrasse.

Die von Prangenberg und Zaum (P&Z) durchzuführenden Abbrucharbeiten hatten ein Gesamtvolumen von 26 500 m³ umbauten Raumes. Die ältesten Gebäudeteile wurden in den 1970er-Jahren errichtet, und wiesen eine, für diese Baujahre, typische Schadstoffbelastung auf. Die größten Schadstoffbelastungen wurden an oder in folgenden Bauteilen vorgefunden:

Asbest-Fundstellen:

  • ? asbesthaltige Bodenbeläge (Floor-Flexplatten),
  • ? asbesthaltige Dichtungen an Luftkanälen,
  • ? asbesthaltiger Putz auf Balkonbrüstungen,
  • ? asbesthaltiger Putz auf Wandflächen,
  • ? asbesthaltiger Kieselputz an Betonwänden und Aufzugschächten.
  • ? Gesamtfläche 3.000 m².

PCB-Fundstellen:

  • ? PCB-belastete Gebäudedehnungsfugen,
  • ? PCB-belastete Fensteranschlussfugen,
  • ? PCB-belastete Fassadenanschlussfugen zwischen Betonelementen.

Künstliche Mineralfaser Fundstellen, Kategorie 2:

  • ? KMF-haltige Rohrdämmung,
  • ? KMF-haltige Dämmplatten in Systemwänden,
  • ? KMF-haltige angeklebte Dämmplatten unter Betondecken,
  • ? KMF-haltige Deckenplatten als Rasterdecke.

Sämtliche Gebäudeteile wurden zunächst von Hand entkernt. Alle unbelasteten Baustoffe, wie Bodenbeläge, Holzwände, Türen, Kabel, zurückgelassene Büroausstattungen etc. wurden quertransportiert in Container verladen, abtransportiert und gemäß Abfallverwertungskonzept entsorgt bzw. einer Wiederverwertung zugeführt. Die Stoffströme wurden in einem Abfalltagebuch erfasst, welches nach Abschluss der Arbeiten den Behörden vorgelegt wird, um nachzuweisen, dass alle Materialien gemäß geltendem Gesetz behandelt wurden.

Gefährliche Baustoffe wurden entsprechend dem vorliegenden Gutachten sowie den gesetzlichen Vorschriften saniert und entsorgt. Die Sanierungsarbeiten begannen im Februar 2014 mit der Errichtung von sogenannten Schwarzbereichen, bei dem Gebäudeteile mit Folientrennwänden voneinander getrennt werden. Die Schwarzbereiche wurden an Unterdruckhaltegeräte angeschlossen, die über Absolutfilter verfügen. Die Schwarz-/Weiß-Kammern für Personal und Material wurden aufgebaut und inklusive Wassermanagement in Betrieb genommen. Alle Sanierungsbereiche wurden durch den von der Stadt Ratingen bestellten Gutachter geprüft, abgenommen und zur Schadstoffsanierung freigegeben. Die Sanierungsarbeiten wurden sieben Tage vor Beginn der Arbeiten gemäß TRGS 519, BGR 128 und TRGS 521 bei der Bezirksregierung und der für uns zuständigen Bau BG angezeigt. Die entsprechenden Betriebsanweisungen und Arbeitspläne wurden erstellt und weitergeleitet.

Zusätzlich zum Gutachter hatte die Stadt Ratingen noch einen externen SiGeKo beauftragt, der die Baustelle und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften überwachte. Die Eigenüberwachung bei P&Z erbfolgte über den TÜV.

Die umfangreichen Sanierungsarbeiten führten dazu, dass das Gebäude über einen längeren Zeitraum von außen unberührt dastand. Lediglich die regelmäßigen Containerwechsel wiesen auf eine Bautätigkeit hin. Die Anwohner konnten dies nicht immer einordnen und hatten hier zahlreiche Nachfragen.

Für Außenstehende, so das Unternehmen, sei es nicht immer nachvollziehbar, welch ein Aufwand betrieben werden muss, um die Bevölkerung und die Umwelt vor schädlichen Auswirkungen von Gebäudeschadstoffen zu schützen.

Das Minoritenkloster, erbaut um das Jahr 1650, grenzt direkt an den Westflügel und weist eine Baufuge von nur 2 cm auf. Aus diesem Grund wurde es notwendig, die Bruchsteinfassade mit einer Holzkonstruktion zu schützen, die nicht in die Bruchsteinfassade eingedübelt werden konnte. Nach fast dreimonatiger Sanierung, mit entsprechender Vorplanung und Schutzmaßnahmen konnte dann am 4. April 2014 mit dem Abbruch des Ostflügels begonnen werden.

Die vorgehängten Fassadenplatten wurden abgehoben, auf Lkw verladen und abgefahren. Beim Abbruch des Westflügels wurde die darunterliegende Tiefgarage sofort mit abgebrochen, um einen sicheren Fahrweg für den Bagger einen Hitachi ZX 350 einrichten zu können. Zu diesem Zweck wurde der aus dem Abbruch anfallende Bauschutt vorzerkleinert und in die Kellerräume verfüllt.

Der Abbruchbeginn mit Großgerät führte zu einem regen Interesse bei Presse, Funk und Fernsehen. Bei Abbruchbeginn standen ca. 100 Zuschauer vor Ort, die die erste abgehobene Fassadenplatte mit einem lauten Klatschen feierten.

Die Außenwände der Tiefgarage in Richtung Denkmalgeschütztes Kloster und Minoritenstrasse sollen in den geplanten Neubau integriert werden. Die Stadt Ratingen hat hierzu in der Ausschreibung eine Abbruchstatik vorgestellt, die vorsieht, die Außenwand mit A-Böcken gegen den auftretenden Erddruck zu sichern.

Während der Abbrucharbeiten am Westflügel wurde im Hauptgebäude die Schadstoffsanierung weiter fortgeführt. Das Atrium wurde im Gebäudeinneren eingerüstet und weitere Schwarzbereiche wurden eingerichtet und die zuvor beschriebenen Arbeiten wurden bis zur endgültigen Abnahme des Gutachters fortgeführt.

Die Anlieferung des Superlongfrontbaggers von P&Z mit insgesamt vier Tiefladern war der besondere Höhepunkt der gesamten Abbruchmaßnahme. Hier wurde bereits im Vorfeld eine ausführliche Berichterstattung seitens des Auftraggebers in der Tagespresse veranlasst, was während des nächtlichen Transportes vor Ort zu zahlreichen Zaungästen führte. Das angelieferte Großgerät, ein Hitachi ZX 870/3 LFXXL ist mit einem Gewicht von ca. 160 t und einer max. Arbeitshöhe von ca. 52 m, derzeit eines der größten Abbruchgeräte innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufrüstung des Gerätes benötigte einen kompletten Arbeitstag.

Gemäß einer vom Bauherren erstellten Abbruchstatik, die von Dieter Paul, Projektleiter bei P&Z, angepasst wurde, und Abbruchanweisungen für das ausführende Personal wurde dann mit dem Abbruch der im Bereich Minoritenkloster angrenzenden hohen Gebäudeteile, von oben nach unten, begonnen.

Im Vorfeld des Gebäudeabbruches Hauptgebäude wurde der gesamte, zu erhaltende Keller mit Stahlrohrstützen abgestützt. Im Erdgeschoss wurde ein ca. 1 m hohes Bett aus RCL-Material 0/45 aufgeschüttet um die heruntergekniffenen Betonteile aufzufangen und direkte Einwirkungen auf die Kellerdecke zu vermeiden. Festzuhalten bleibt, dass die Schutzmaßnahmen an der Kellerdecke und im Bereich Minoritenkloster tatsächlich verhinderten, dass Schäden entstanden.

Zur Staubbekämpfung kamen sowohl C-Schläuche als auch ein Zerstäuber "Dust Control", der einen Wassernebel bildet, zum Einsatz. Der "Superlongfront" ist mit einer weiteren Hochdruckwasserpumpe ausgerüstet, die den Staub direkt im Bereich der Zange bindet.

Folgende Abbruchgeräte mit verschiedenen Anbauteilen kamen, bzw. kommen zum Einsatz:

  • ? Hitachi ZX 870/3 LFXXL, (ca. 160 t),
  • ? Hitachi ZX 470 (ca. 50 t),
  • ? Hitachi ZX 350 (ca. 38 t),
  • ? Hitachi ZX 255 (ca. 27 t),
  • ? Hitachi ZX 280 (ca. 30 t),
  • ? Kompaktlader,
  • ? Radlader bis 6 t,
  • ? Mobilkräne,
  • ? Teleskoparbeitsbühnen,
  • ? Minibagger.

Folgende Abbruchmassen wurden zu diesem Zeitpunkt abgefahren:

  • ? 160 t Baumischabfälle,
  • ? 70 t A II-Holz,
  • ? 8,32 t A IV-Holz,
  • ? 130 t Gipsabfälle,
  • ? 45 t künstliche Mineralfaser,
  • ? 90 t Asbesthaltige Abfälle,
  • ? 10 t Kohlenteer und teerhaltige Produkte,
  • ? 25 t Bitumengemische.

Noch zu entsorgen sind ca. 13.000 t Bauschutt aus dem Hochabbruch. Der Abtransport der anfallenden Materialien wird mit verschiedenen Sattel-Lkw, Vierachser-Lkw und Dreiachser Container-Lkw durchgeführt. Die umgebenden Straßen werden mit Kehrmaschinen abgefahren und gereinigt.

Die kalkulierte Bauzeit von 15 Monaten wird durch die Umstellung von bauseitig vorgegebenen Abläufen, welche mit den Bauleitern der Stadt Ratingen abgesprochen werden, auf ca. 11 Monate verkürzt.

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